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Band XXI. Nv. 17 Chemnitz, den 25. Mai 1911. Der Insertionspreis beträgt pro Viergespanne Petiizeiie oder deren Raum 30 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. ^ Deutsche Beilagen, von denen der Geschäftsstelle ein Probeexemplar einznscnden ist, werden unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sitz Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 6.— Mk. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 1.50 Mk. vierteljährlich entgegen (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 101.) Me Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Chemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redakt. Berichte an die Redaklion: Bruno Goldammer, Bad-Elster, zu richten. Schluß der Redaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. Alle Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Max Kramer, Lhemnitz, Rurzestraße r? zu adressieren. Jnhalts-VerzeichniS: 1. Sommerurlaub. 2. Zur Frage der Schmierung von Kugellagern. 3. Die chemischen Wirkungen der Elektrizität. 4. Praktische Winke für die Montage, Bedienung und Instandhaltung von Sauggas-Anlagen. 5. Verschiedene Mitteilungen. 6. Gewerblich- Soziales. 7. Rechts- und Gesetzeskunde. 8. Juristischer Briefkasten. 9. Technischer Fragekasten. 10. Bücherschau. 11. Kassenbericht für das 1. Quartal 1911. 12. Sterbeliste. 13. Bundes- und Vereinsnachrichten. 14. Vereinsberichte. Sommerurlaub. Kaum daß die Natur ihren Winterschlaf aus den Augen gerieben hat, erwacht jahrein, jahraus in dem Menschen das Sehnen nach einem Ausspannen von den Strapazen seiner be ruflichen Tätigkeit. Er will seine Kräfte in der Natur neu stählen, um danach dankbaren Herzens mit um so größerer In tensität als Güterproduzent der Volkswirtschaft die ihm gewährte Erholungszeit mit Zins und Zinseszins zu vergüten. Immer gewaltiger werden in dem wirtschaftlichen Ringen die Anforderungen, die an den geistig und körperlich Schaffenden gestellt werden. Die bis ins kleinste durchgeführte Arbeitsteilung, von der heute kein Beruf verschont bleibt, erfordert die ständige Beanspruchung einiger weniger Muskeln. Naturgemäß werden sie viel rascher ermüden, als bei einer Tätigkeit, die abwechselnd alle Muskeln des menschlichen Körpers beschäftigt. Gewiß wird durch die Arbeitsteilung die Produktivität der Arbeit bis zur höchsten Potenz gesteigert; für das Individuum bedeutet sie aber zweifellos eine Verkrüppelung seiner geistigen und körperlichen Eigenschaften. Wie jedoch alles beim Menschen seine Grenzen hat, so auch seine Leistungsfähigkeit. Und hat sich nicht auch der Charakter der Arbeit geändert? Die Konkurrenz auf dem Weltmärkte zwingt heute eine jede Nation zur äußersten Anspannung ihrer gesamten Kräfte, will sie sich nicht durch ein anderes Volk von dem Weltmarke aus schalten lassen. Dazu tritt für den geistigen und manuellen Arbeiter noch die Sorge um seine Existenz und das gesunde Streben nach seinem Vorwärtskommen, die ihn von selbst zwingen, seine geistigen und physischen Kräfte bis zum letzten Atom in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Die moderne medizinische Wissenschaft vertritt den Stand punkt, daß die so hoch getriebene Arbeitsintensität ihren Nieder schlag in einem viel rascheren Verbrauch der menschlichen Lebens kraft findet. Wenn auch eine jede Arbeit einen Energieverbrauch des menschlichen Lebens bedeutet, so darf sie doch bestimmte Grenzen nicht überschreiten, soll sie nicht einen vorzeitigen Ver brauch des menschlichen Lebens Vorspanndienste leisten. Eins der besten und billigsten Mittel, diesem vorzeitigen Verbrauch der Lebenskraft zu steuern, erblickt die Wissenschaft in einem periodenweisen längeren Ausspannen aus der beruflichen Arbeit und in reichlich bemessenen Ruhepausen. Kein Einsichtiger wird weiter behaupten wollen, daß die Wohnungsverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung, im besonderen die der Großstädte — und hier hat sich vorwiegend der Handel und die Industrie niedergelassen — danach angetan sind, ihm ein Erholen nach der Tagesarbeit zu ermöglichen. Der Miets kasernentyp gewährt ihm ja kaum Schutz vor dem draußen Tag und Nacht gleichbleibenden Straßenlärm. Der Staat als der größte Arbeitgeber hat die skizzierten Schäden der menschlichen Gesundheit anerkannt. Er gewährt seinen Beamten einen jährlichen, und wie man zugeben muß, auch einen reichlichen Erholungsurlaub. Das gilt auch von den Kommunen. Die staatlichen und städtischen Verwaltungen wissen nur zu gut, daß der Born, aus dem ihre Beamten und Arbeiter bis ins Greisenalter hinein ihre Arbeitskraft und -freudigkeit schöpfen, in den reichlich bemessenen Erholungs- und Ruhepausen zu suchen ist. Und erfreulicherweise auch der Prozentsatz der privaten Unternehmungen, die ihren Angestellten Urlaub gewähren. Nur für den Arbeiter hat die Privatindustrie bis jetzt noch wenig übrig gehabt und vor allen Dingen hält man es für undurchführbar, dem Maschinisten und Heizer einen entsprechen den Urlaub zu gewähren. Und gerade diese Kategorie von Arbeitern, die ein Mittelding zwischen Angestellten und Arbeitern bildet, hätte eine zeitweilige Ausspannung sehr nötig. Der Maschinist und Heizer wacht in vielen Fällen über Werte, in welchen bedeutende Vermögen investiert sind, ihm gerade sollte eine Erhaltung seines größten Vermögens, die notwendige Spannkraft, möglichst lange gesichert werden. Dies geschieht neben einer auskömmlichen Bezahlung auch durch Gewährung von Sommer urlaub. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten allein sind es garnicht, welche man auf diese Weise stärkt und kräftigt, sondern, daß ein solcher Urlaub auch dazu dienen muß, in dem Menschen die Lebensfreude zu wecken, die wir als Kraftspenderin viel zu sehr unterschätzen. Darum ist es nötig, alle Momente, welche zur Steigerung dieser Lebensfreude dienen können, möglichst aus zunutzen. Und es gibt gar nichts, was sie so weckt und hebt, wie wenn wir draußen wandern in der freien Natur, eine schöne Gegend sehen und uns auf diese Weise losreißen von der Plagerei und dem Elend des täglichen Lebens. Für die meisten Menschen bildet eine solche Erholungsreise noch weiter eine Arznei, einen Heiltrank, ein Heilmittel für viele Wochen und Monate. Und man lebt dann noch in der Erinnerung. Und wenn dann die Erinnerung so langsam zu verblassen beginnt, dann kommt schon die Vorfreude, die frohe Hoffnung für den nächsten Er holungsurlaub. Bereits in Nr. 18, Jahrgang 19, unserer Zeitschrift wiesen wir in einem Artikel unter der Ueberschrift: „Auch für uns wäre es nötig!" auf die Notwendigkeit eines Erholungsurlaubs für die Maschinisten und Heizer hin. Auch heute stellen wir diese Forderung in den Vordergrund und machen alle Kollegen darauf aufmerksam, sich bei Antritt einer neuen Stellung einen Urlaub, und wenn es 8 oder 14 Tage sind, unter Weiterzahlung des Lohnes auszubedingen. Diese Forderung hat für die Unternehmer durchaus nichts überraschendes und sonderbares an sich, denn bei allen Angestellten- und Arbeiterkategorien steht dieselbe auf der Tagesordnung und die Notwendigkeit derselben wird auch von einsichtsvollen Unternehmern voll und ganz anerkannt. Aber auch die Vereine sollten diese Angelegenheit in die Hand nehmen und immer und immer wieder bei den Unter nehmern auf eine Gewährung von Urlaub hinwirken. Dies geschieht am besten, wenn das Bedürfnis eines Urlaubs für Maschinisten und Heizer schriftlich klargelegt wird und empfiehlt