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X. Band. Chemnitz, den 1. December 1899. Nr. 5. Der JnsertionSpreis beträgt deren pro mergespaltene Peritzeile oder Raum 2K Pf. — Stellengesuche 1V Pf. Bei Mederholungen Rabatt. ^ Maschinisten- nn Beilagen von denen der Redaction ^ ein Probeexemplar cinzusenden ist, werden unter genauer Angabe der Auflage ^ billigst berechnet. ^ er-Zeitschrift Lr Msjckmiite» Heizer. Erstes Fachblatt für alle Maschinisten und Heizer Deutschlands und Oesterreich-Ungarns. Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. seden Monats und kostet jährlich 3,60 Mk. — 2 fl. 25 kr. österr. Währ. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. - 60 Kr. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Reichs-Post-Zeitungs-Liste Nr. 1750 a I. Anhang für 1898.) Alle Zahlungen und Sendungen, welche sich aus den Anzeigentheil beziehen, sind an die persönliche Adresse Ernst Pilz, Chemnitz, Aue Nr. 9 —alle Beilagen, sowie redaktionellen Berichte u. Postsendungen an die Redaktion Ernst Wurr, Leipzig, Querstraße 1, zu richten. Alle Mittheilungen für den Verband sind an den Vorsitzenden deS Sächsischen Verbandes, Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressiren. Ueber Dampfkesselspeisung. Das kleinste Versehen schwer sich rächt, Denn ist die Kesselwandung geschwächt Oder sehlt es einmal an Wasser gar, So droht dem ganzen Gebäude Gefahr. Der Dampf mit Riesenkraft sich befreit, Verursacht Zerstörung weit und breit. Bei dem größten Theile der Kesselexplosionen, von welchen uns die Statistik meldet, wird Wassermangel als Ursache an gegeben, und zwar sind es fast ausschließlich Großwasserraum kessel, welche eine Katastrophe herbeiführen, während bei eng- röhrigen, sogenannten Sicherheitskesseln, bei denen doch der Speisung eine ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muß, der Wassermangel nur selten als Grund der Explosion bezeichnet ist. So finden wir auch in der weiter unten folgenden Zusammen stellung der Explosionen aus den Jahren 1897 und 1898, daß von den im ersten Jahre vorgekommenen 21 Explosionen 9 durch Wassermangel verursacht wurden. Von den 17 im Jahre 1898 haben ebenfalls 9 die gleiche Ursache. Dies zeigt, daß immer noch eine Anzahl Heizer bei der wichtigsten ihrer Obliegenheiten, und obgleich sie ihre Gesundheit oder Leben in erster Linie dabei auf's Spiel setzen, unverantwortlich leichtsinnig sind. Im Jahre 1897 ist in 2 Fällen Wassermangel beim An heizen als Ursache bezeichnet. Wir wissen ja Alle, daß das Gesetz auf das Bestimmteste vorschreibt, unter keinen Umständen Feuer unterm Kessel anzuzünden, bevor man sich von der Höhe des Wasserstandes überzeugt hat. Wie es zuweilen in der Praxis zugehen mag, kann man sich denken. Zum Beginn des Betriebes wird Dampf, und zwar in den meisten Fällen die höchste Spannung verlangt, damit es da nicht fehlt, wird vor allen Dingen so schnell als möglich Feuer gemacht. Der Kessel ist Abends vor her vollgespeist worden, hält in allen seinen Theilen dicht, da glaubt man ganz sicher genügend Wasser zu haben, ohne daß man sich davon überzeugt. Wie verhängnißvoll dies werden kann, zeigen die Beispiele. Die geringe Zeit, welche es erfordert, um sich von der Höhe des Wasserstands zu überzeugen, muß sich Jeder nehmen, sobald er früh das Kesselhaus betritt, muß sich so daran gewöhnen, daß es ihm zur zweiten Natur wird, nicht eher etwas Anderes anzufassen, bevor er nicht die Wasser standhähne geöffnet. Der Heizer ist ja früh der Erste in der Fabrik, er hat schon 1—2 Stunden geschwitzt ehe die Anderen kommen und hat in dieser Zeit keine Controle zu erwarten. Es kann aber doch Vorkommen, daß ihn der Chef einmal so zeitig besucht, oder ein Werkmeister, der vielleicht vor Beginn der Arbeitszeit etwas vorzurichten hat, bei ihm eintritt, was würden dieselben für einen Begriff von seiner Zuverlässigkeit bekommen, wenn sie ihn erst darauf aufmerksam machen mügten, daß die Hähne des Wasserstands noch geschlossen sind. Ein Altenburger College, der früher Kessel und Dampfmaschine bediente, jetzt seit einigen Jahren die umfangreiche elektrische Lichtanlage in derselben Fabrik überwacht, erzählte, daß, nachdem ein nicht ganz zuverlässiger Heizer abgegangen, er den neuangetretenen früh einige Male im Kesselhaus ausgesucht, dabei gefunden habe, daß derselbe vor Beginn des Betriebes einen sehr niedrigen Wasserstand hatte. Auf Vorhalt darüber versicherte ihm der Heizer, daß er Abends jedesmal bis zur höchsten Marke speiste. Darauf forschte er der Ursache nach und fand, daß einige Niethnähte am Scheitel der Flammrohre leckten. Er vermuthet, daß dies auch durch Wassermangel hervorgerufen worden ist. Um den Betrieb nicht zu unterbrechen, wurde ein Verstemmen der Niethen von außen versucht, doch gelang dies nicht und mußte der Kessel abgeblasen und auch von innen verstemmt werden. Zu verwundern ist dabei, daß der neuangetretene Heizer den Schaden nicht bemerkt und sofort Anzeige gemacht hat. Ein fast unglaubliches Beispiel von Unkenntniß und Nach lässigkeit hat uns in Nr. L Coll. Rudolf Hänel berichtet, und darf man wohl der amtlichen Darstellung dieses Falles mit berechtigtem Interesse entgegensetzen. Augenscheinlich hat sich der Heizer Groß um seine Wasserstandsanzeiger, die doch in Ordnung gewesen sein sollen, gar nicht gekümmert und ist das im Kessel vorhandene Wasserquantum ein noch geringeres gewesen, als es Coll. Hänel gefunden; das beweist schon die verhältnißmäßig geringe Zerstörung, welche die Kessel erlitten, wurden sie doch weder aus ihrer Lage verrückt, noch vom Oberkessel abgerissen, sondern nur die Flammrohre zusammengedrückt. Vom Belgischen Dampfkessel-Revisions-Verein wird über die Explosion zweier Siederkessel (Ober- und Unterkessel durch zwei Stutzen verbunden) mit Unterseuerung unter dem Oberkessel berichtet, deren Ursache ebenfalls Wassermangel war, und war auch in diesen beiden Fällen der Wasserstand schon so weit herunter, daß keine große Zerstörung angerichtet wurde. Die Kessel find zwar zerstört, die Einmauerung in einen Trümmer haufen verwandelt, auch Wände und Dächer der Kesselhäuser beschädigt, doch wurden die Trümmer nicht so weit fortgeschleudert, wie es der Fall ist, wenn die latente Wärme einer großen Wasser menge plötzlich frei wird. Die Explosionen fanden an verschiedenen Orten und auch nicht zu gleicher Zeit statt, die Ursache des Wassermangels konnte aber festgestellt werden und war in beiden Fällen die gleiche: „Einquillen der Gummidichtungsringe in die Gläser!" Der Herr Berichterstatter kommt zu dem Schluffe: zweifel los ist, daß Wassermangel die Ursache war, in beiden Fällen haben die Heizer auch erklärt, daß sie am Tage der Explosion den Wasserstandsapparat nicht probirt, wohl aber kurz vor der Katastrophe den Wasserstand noch beobachtet haben. Das erste offene Bekenntniß berechtigt dazu, die nachfolgende Behauptung für zutreffend zu erklären. Aber gerade deshalb und weil wir die beiden Heizer für Heizer normalen Schlages halten, kommen wir zn der Ueberzeugung. daß allgemein der Heizer in Folge seiner Jahr für Jahr, Tag aus Tag ein stattfindenden Be schäftigung mit der im Betrieb befindlichen Kesselanlage mit einem solch entwickelten Gefühl der Sicherheit arbeitet, sowohl beim Beobachten des Wasserstandes wie beim Probircn der Wasser standsapparate, daß er jede Störung bei denselben für aus-