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X. Band. Chemnitz, den 15. Juni 1900. Nr. 18. Der JnserttonSpreiS beträgt pro vtergespaltene Peiitzeile oder deren Raum 25 Pf. '7777" ^ .Bei Wiederholungen Rabatt. '' ^ Deutsche ^ Beilagen, von denen der Redaction ^ ein Probeexemplar einzusenden ist, werden ^ unter genauer Angabe der Auflage ^ billigst berechnet. Maschinisten- »ni> Heizer-Zeitschrift der AäDUeit ^ertraicder der gereiste Mrsöhmifte« x«d Heizer. Erstes Fachblatt für alle Maschinisten und Heizer Deutschlands und Oesterreich-Ungarns. Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. seden Monats und kostet jährlich 3,60 Mk. — 2 fl. 28 kr. österr. Währ. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. — 60 Kr. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Reichs-Post-Zeitungs-Liste Nr. 1750 a I. Anhang für 1898.) Alle Zahlungen und Sendungen, welche sich aus den Anzeigentheil beziehen, sind an die persönliche Adresse Ernst Pilz, Chemnitz, Aue Nr. 9 — alle Beilagen, sowie redaktionellen Berichte u. Postsendungen an die Redaktion Ernst Wurr, Leipzig, Querstraße 1, zu richten. Alle Mittheilungen für den Verband sind an den Vorsitzenden des Sächsischen Verbandes, Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressiren. Ausbildung der Heizer. Ein wie wichtiger Factor ein tüchtiger Heizer für die Sicherheit und Oeconomie eines Dampfbetriebes ist, wird von allen Seiten anerkannt, in Büchern und technischen Zeitschriften immer wieder hervorgehoben, und ist diese Angelegenheit wegen der großen Wichtigkeit, welche sie für uns hat, in dieser Zeit schrift schon oft besprochen worden. Der Verlust an Kohlen in Folge unsachgemäßer Bedienung des Feuers wird von be rufenster Seite für Deutschland allein mit einem Werthe von jährlich 50 Millionen Mark angegeben; das Nationalvermögen also um diesen Betrag geschädigt. Zudem lehrt die Statistik der Dampfkesselexplosionen, daß die Ursache des größten Theils der selben auf nachlässige Wartung, also Verschulden des Heizers zurückzuführen ist. Auch die allseitig als großer Uebelstand empfundenen dicken Rauchwolken, welche vielen Fabrikessen ent steigen, haben zum Theil die gleiche Ursache, doch steht anderer seits ebenfalls fest, daß in manchen Anlagen das Rauchen auch bei aufmerksamer, sachgemäßer Wartung nicht ganz zu vermeiden ist, weil entweder die Verbrennung sorcirt werden muß, um den nöthigen Dampf zu schaffen, oder nur ein für die Feuerung ungeeignetes Material zur Verfügung steht. Die Kesselgesetzgebung regelt in eingehendster Weise bis in die kleinsten Details die Construction der Dampfkessel, schreibt Stärke und Haltbarkeit des zu verwendenden Materials vor und durch umfangreiche kostspielige Versuche wird festgestellt, ob es diesen Bedingungen entspricht; diese weise Vorsicht wird Nie mand tadeln, unbegreiflich aber ist, daß die zuständigen Behörden es dann ruhig geschehen lassen, daß ein mit so großer Sorgfalt hergestellter, gefährlicher Apparat dem ersten besten Arbeiter überantwortet wird; ohne jede Vorbildung, ohne genügende Controle wird er ihm anvertraut, denn zwischen den Revisionen der Herren Gewerbeaufsichtsbeamten und der Ingenieure von Ueberwachungsvereinen, welche selbstverständlich nur in gewissen Zeitabschnitten stattfinden, kann viel Unheil durch unsachgemäße Wartung geschehen. Immer complicirter werden die Kesselsysteme, immer größer die Anforderungen, welche durch Erhöhung der Dampfspannung und Ueberhitzung an die Bedienung derselben gestellt werden; das hindert aber nicht, daß gegebenen Falls sie einem durchaus ungeeigneten Mann übertragen wird, vielleicht, weil er ein Prüfungszeugniß von einer theoretischen Heizerschule vorzeigen kann, oder weil er sich zufällig bei den bescheidensten Lohnan sprüchen zur Uebernahme der Stellung bereit findet, und das Vorurtheil tief eingewurzelt ist, daß zu einem solchen Posten keine besonderen Fähigkeiten gehören, zu demselben sich Jeder eigne, der vielleicht in dem von ihm gelernten Handwerk, oder überhaupt in einer anderen Beschäftigung sein Fortkommen nicht finden kann. Wie theuer eine solche billige Arbeitskraft oft schon nach kurzer Zeit wird, hat wohl schon mancher Dampf kesselbesitzer zu seinem Schaden erfahren; das Ansehen des ganzen Standes leidet indessen unter diesen Zuständen, und die Industrie hat die Kosten zu tragen. Bei der gegenwärtigen Arbeitstheilung findet auch ein nur einseitig ausgebildeter Handwerker sein Fortkommen und doch wird von ihm der Nachweis über absolvirte Lehrzeit verlangt. Bei einem Heizer, der Geschicklichkeit, Thatkraft und Umsicht be sitzen muß, keinen Augenblick in seiner Aufmerksamkeit Nachlassen darf, hält man dies nicht für nöthig. Leider geschieht seitens der Gesetzgebung fast nichts, um diesen immer unhaltbarer werdenden Zuständen ein Ende zu machen. Für den Heizer genügen noch heut, wie vor 50 Jahren, die allgemeinen Verhaltungsmaßregeln, und der revidirende Be amte hat keine Handhabe einen Mann zu beanstanden, selbst wenn er die Ueberzeugung hat, daß er für die Stellung nicht geeignet ist, wenn derselbe diese Regeln kennt. Ob er sie auch immer gewissenhaft befolgt, kann der Beamte bei seiner be schränkten Zeit nicht controliren; auch ist es für ihn außer ordentlich peinlich, einen Kesselwärter zu beanstanden, ihn dadurch vielleicht außer Arbeit zu bringen und die Existenz einer Familie zu gefährden. Die Thatsache steht unzweifelhaft fest, daß der Heizer bei weitem nicht das Ansehen genießt, welches er, der Wichtigkeit und Schwierigkeit seines Berufes entsprechend verdient, und in directem Zusammenhang damit sind auch die Lvhnverhältnisse in vielen Fällen durchaus ungenügend. Kommt ein Fabrikbesitzer durch einen ungeeigneten Heizer zu Schaden und Nachtheil, so wird er vielleicht in Zukunft vor sichtiger sein und lieber einen passenden Mann mit höheren Lohnansprüchen anstellen, schwerlich aber seine Erfahrungen Anderen mittheilen, im Allgemeinen bleibt daher Alles beim Alten. Unter diesen Verhältnissen ist es begreiflich, daß die intelligentesten Leute den Heizerposten nur als Provisorium be trachten, als einen Uebergang in eine höher geachtete, besser be zahlte Stellung, zunächst als Maschinenwärter, möglicherweise auch als Maschinenmeister, Werkführer, Monteur oder dergl.; dadurch bleibt aber das Durchschnittsniveau der Heizer zum Schaden der Industrie dauernd ein niedriges. Einsichtsvolle Principale wissen sich allerdings einen tüchtigen Mann durch Lohnzulagen, Gewährung vollen Vertrauens zu halten, wobei sich dann beide Theile Wohlbefinden, doch ist dies eben leider mehr Ausnahme als Regel. Gegenwärtig ist der Lehrgang eines Heizers, soweit von einem solchen die Rede sein kann, sehr mannigfaltig und dadurch auch die Heizer in ihren Kenntnissen und Leistungen sehr ver schieden. Am ungünstigsten ist wohl das Ergebniß, wenn ein Arbeiter, der sonst sein Durchkommen nicht findet, sich um eine zufällig offene Heizerstelle bewirbt und dieselbe in Folge geringer Ansprüche auch erhält. Hat er Glück, ist aufmerksam und an stellig, kann er sich, wenn auch besonders im Anfang, auf Kosten des Kohlencontos halten, vielleicht es sogar zu einer Lohnzulage oder anderen besser bezahlten Stellung bringen; in vielen Fällen