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214 daß andererseits die Ausgaben für Unterhaltung und Repara turen einen verhältnißmäßig hohen Betrag erreichten. Dem steht bei der elektrischen Anlage, die jetzt mit ca. 60 Motoren von insgesammt ca. 1700 ?8 Leistungsfähigkeit arbeitet, das sehr günstige Resultat gegenüber, daß seit der Inbetriebnahme an der ganzen elektrischen Anlage bisher keine Störungen aufgetreten sind. Die auf diesen Zeitraum entfallenden Reparaturkosten sind gleichfalls practisch gleich Null gewesen. Dies weist auf den weiteren, großen Vortheil einer mit Drehstrom ausgeführten Kraftanlage hin, daß sie in einem größeren Zeitraum abge schrieben werden darf, als es bei anderen maschinellen Anlagen der Fall ist. Es ist ja auch nicht zu erkennen, was an einer solchen Drehstromanlage, von kleinen, leicht zu ersetzenden Theilen abgesehen, mit der Zeit entwerthet werden sollte, zumal auch die fortschreitende Elektrotechnik hinsichtlich Betriebssicherheit und Wirkungsgrad kaum noch beträchtliche Fortschritte gegenüber dem hier Erreichten bringen dürfte. Zu dem Vortheil der Vergrößerung der Betriebssicherheit und der Verringerung der Reparaturkosten gesellt sich als zweiter die Verringerung der Ausgaben für die Bedienung. Ganz ab gesehen von den großen Annehmlichkeiten, die sich für die Be triebsleitung aus der Uebersichtlichkeit eines so centralisirten Betriebes, wie ihn die elektrische Kraftübertragung bietet, er geben, kann man mit einem wesentlich geringeren Bedienungs personal auskommen. Gegenüber einer größeren, früher erforder lichen Anzahl von Kessel- und Dampfmaschinenanlagen, befindet sich nur je eine derartige Anlage im Betrieb und die sämmt- lichen, auch die größten Motoren erfordern keine ständige, sondern nur vorübergehende Wartung, d. h. wenige kurze Besichtigungen täglich genügen vollständig. Der dritte und größte Vortheil liegt in der wesentlichen Verringerung der jährlichen Ausgaben für Kohlen, Schmier materialien usw. Der Dampfverbrauch der großen modernen Dampfmaschinen in der Centrale ist ein außerordentlich geringer, und zwar beträgt er im vorliegenden Fall nicht mehr als 5,8 KZ pro L8i und Stunde. Bei einem Nutzeffect der Dampfmaschinen von 0,87 und einem Gesammtnutzeffect der elektrischen Anlage, einschließlich Motoren von ca. 0,82, ergiebt sich pro L8s, ge rechnet an der Motorwelle, ein Dampfverbrauch von 8,2 l^. Diese Zahl gilt allerdings für volle, also günstige Belastung. Während des normalen Betriebes stellt sich die Belastung unge fähr zu s/z des größten Betrages und ergiebt sich alsdann, be sonders für die mit transformirter Spannung arbeitenden und die ganz kleinen Motoren, ein etwas höherer Dampfverbrauch. Da die Nutzeffecte bei sinkender Belastung aber zunächst nur wenig zurückgehen, so ergiebt sich auch für den normalen Betrieb ein außerordentlich geringer Dampfverbrauch, der weit unter dem liegt, der bei einzelnen Dampfmaschinen, auch wenn diese mit Condensation arbeiten würden, erreicht werden könnte. Bei einer Verzinsung der Gesammtanlage mit 5°/„ einer Amortisation der Centrale mit 5 °/,, und der gesummten Außen anlage mit 3,5 °/g, welch letztere Werthe als sehr reichlich ange sehen werden müssen, haben sich die Kosten für eine ?8-Stunde, gemessen an den Sammelschienen der Primärschalttafel, zu ca. 4 Pf. und für eine solche gemessen an den Wellen der Arbeits maschinen, wobei also die gesammte Transmission mit einbe griffen ist, zu ca. 5,5 Pf. ergeben. Die Einführung des elektrischen Betriebes brachte bei der Sächs. Maschinenfabrik noch einen weiteren bemerkenswerthen Vortheil mit sich. Die alten in den einzelnen Werkstätten liegenden Dampfmaschinen nnd die zugehörigen Kesselanlagen hatten sehr viel Platz in Anspruch genommen, während die an ihre Stelle tretenden Drehstrommotoren mit einem verschwindend geringen Platz auskamen. Am bemerkenswerthesten zeigte sich dieser Unterschied bei der Auswechselung einer alten ca. 40Pferd, langsam laufenden Balanciermaschine, die ca. 40 gw Raum ein nahm und außerdem bis in die erste Etage hineinreichte, während der an ihre Stelle tretende Motor einschließlich des um ihn herum gelassenen Bedienungsraumes, nur ca. 4 bean spruchte. Dieser wesentlich geringere Raumbedarf der Motoren gegenüber den früheren Dampfmaschinen- und Kesselanlagen hatte zur Folge, daß in der gesammten Fabrik mit Einführung des elektrischen Betriebes sehr viel Platz gewonnen wurde, der für die gleichzeitig ausgeführte Vergrößerung der Werkstätten v or theilhaft wieder verwendet werden konnte. Im Anschluß an diese interessante Darstellung, welche zeigt, wie ein großer, seit vielen Jahren bestehender Betrieb sich die Errungenschaften der Neuzeit zu Nutze macht, möge eine kurze Uebersicht der Vielseitigkeit dieses Etablissements folgen. Das Werk befaßt sich mit der Herstellung von: Locomotiven und Tendern jeder Bauart und Spurweite; Dampfmaschinen modernster Systeme in horizontaler und verticaler Bauart für Fabrikbetrieb, elektrische Kraftübertragung und Lichterzeugung, sowie für Berg- und Hüttenwerke, Wasserwerkmaschinen, Dampf hämmern und Hämmern mit Riemenantrieb, Eis- und Kühl maschinen nach System Linde; Dampfkesseln jeder Construction und Größe, auch Wasserröhrenkesseln, Dampfüberhitzern und Speisewasser-Vorwärmern, Schweißarbeitcn jeglicher Art, selbst- thätigen Kesselfeuerungs-Apparaten „Patent Leach" und mecha nischen Kohlentransportanlagen; Turbinen verschiedener Bauart, als: Jonval-, Girard-, Francis-Turbinen rc.; Wasserrädern, selbstabschwimmenden Wehraufsätzen, Einrichtungen von Pappen- fabriken, Anlagen zur Herstellung von Holzmasse auf mechanischem und chemischem Wege; Werkzeugmaschinen zur Bearbeitung des Eisens, insbesondere für Eisenbahnwerkstätten, Arsenale, Schiffs werften und Stahlwerke, sämmtlichen Maschinen für Geschütz- und Geschoßfabrikation rc.; Lauf- und Drehkrahnen, Control-Wägc- Apparaten (System Ehrhardt) zum Wiegen von auf den Schienen stehenden Locomotiven, Tendern und Wagen; Maschinen und vollständigen Einrichtungen zur Herstellung von Tuch-, Buckskin-, Flanell-, Tricotagen-, Kunstwoll-, Teppich-, Leisten-, Vigogne-, Baumwoll- und Baumwollabfall- (nach Streichgarnart) und Seidenabfall-Garnen, sowie die Maschinen für Grobkammgarn spinnerei, Zwirnmaschinen für Baumwoll-, Vigogne-, Streich- und Kammgarnspinnereien — Flügel- und Ringsystem —; ferner mechanische Webstühle und Vorbereitungsmaschinen aller Art zur Fabrikation von Buckskins, Tuchen, Flanellen, Teppichen, Möbel stoffen, Filz- und Segel-Tuchen, Damasten, Schlaf- und Wagen- dccken, Drells, Bettzeugen, Kammgarn-, Cheviot-, Damenkleider-. Seiden-, Baumwoll-, Jute- und Leinen-Stoffen, Putzlappen, fertigen Säcken rc.; Kettendrucktrommeln in allen Größen; Appreturmaschinen, als: Maschinen zum Trocknen von Tuchen. Buckskin, Flanellen rc., Garntrockenmaschinen zum Trocknen von Strähnen aus Wolle, Baumwolle, Seide rc. An Betriebs-Dampfmaschinen wurden bis Ende Juni 1899 1875 Stück zur Ablieferung gebracht, daneben 3300 Dampf kessel, 737 Dampf- und Transmissionspumpen, 293 Dampf hämmer, 273 Lauskrahne, 361 Eis- und Kühlmaschinen-Anlagen, 766 Turbinen, viele Tausend Werkzeug- und Spinnmaschinen, sowie 2451 Locomotiven und 629 Tender. Der Gesammtwerth der bis zu diesem Zeitpunkt gelieferten Maschinen ist 280 Millionen Mark. Die erste, große elektrische Centrale für welche Dampf maschinen geliefert wurden, war das städtische Elektricitätswerk zu Düsseldorf. Dort kamen 1891 zwei Ventil-Tandem-Maschinen von je 400 ?8 in Betrieb. Der Bau stehender Maschinen wurde 1894 ausgenommen mit zwei Verbundmaschinen von je 150 L8 für die Straßen bahn-Centrale Chemnitz. Heute zählen die Ausführungen der stehenden Maschinen zu 72 von der 25pferdigen Einfach- bis zur 760pferdigen Zweifach- und lOOOpferdigen Dreifach- Expansionsmaschine. Zusammen sind bisher 36 Centralen mit 100 Dampfmaschinen von insgesammt 31000 ?8 ausgestattet worden. Einen großen Erfolg hat das Werk in letzter Zeit durch den Bau von Schnellzuglocomotiven zu verzeichnen, welche eine Geschwindigkeit von 130 Lm in der Stunde erreichen können. Eine derselben war in Paris ausgestellt und fand wegen zweck mäßiger Construction und sorgfältiger Ausführung allgemeine Anerkennung. Dieselbe hat 4 Cylinder und arbeitet mit einer Spannung von 15 Atm. Ihr Dienstgewicht, also mit gefülltem Kessel be trägt 67 750 LZ und ihre Leistung 1300 ?8. Sie ruht auf 5 Achsen und yat mit dem Tender eine Länge von 19,5 w. Bei den Probefahrten, welche am 30. März und 1. April d. I. auf der Strecke Dresden-Leipzig stattfanden, bewährten sich diese