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scheint recht zu haben. Ziehet vom Leder und macht Euch fertig, bis wir sehen, wer eS wagen will, uns aufzuhalten." Näher kaincn die Verfolger und deutlich ließen sich ihre Gestalten unterscheiden, welche seither durch einen niedrigen Hügel gedeckt gewesen waren. Des Spions Gesicht verrieth zum crstenmale die Bcsorgniß der Gefahr, als er sechs handfeste Berittene, alle gut bewaffnet, ans sich zusprengen sah, nnd sich vor die Gefangenen postirend, erwartete er mit seinem Gefährten den Anruf, der auch nicht lange auf sich warten ließ. „Holla, Ihr Schwarzritter!" schrie der alte Förster, welcher den Trupp führte, geht man so bei Stacht aus dem Wirthshaus, ohne seine Zeche zu zahlen?" „Kommt Ihr deshalb nur nach, um Euch bezahlt zu machen?" „Zum Theil auch, um die anderen Gäste festzu- halten, die eine größere Zeche bei mir gemacht haben, wie Ihr Lumpengesindel," entgegnete der Wirth. „Nnd dazu habt Ihr soviel Hülfe nöthig?" „Die sind da um zu helfen, falls Ihr die Ge fangenen nicht gutwillig hcrauSgebt. Meiner Treu, Ihr habt ja alle gebunden!" „Hört mich an, Michel Förster, wenn Euch Euer Kopf lieb ist," sagte der Spion mit einer gebieter ischen Stimme, „Ihr kennt den schlüpfrigen Boden nicht, auf den Ihr Euch tragt, wir handeln im Auf trage der höchsten Gewalt im Lande. „So, so! Also im Namen des Kaisers?" „Sticht des Kaisers, sondern im Stauten der heil igen Inquisition!" Er mußte glauben, durch diese Worte eine be deutende Wirkling auf den Alten auszuübcn, irrte sich aber ganz und gar darin. „Diese Gewalt erkennen wir Leute nicht an," entgegnete Förster, „gebt deshalb ohne Umstände die drei Gefangenen heraus." „Starr, der Ihr seid!" rief der Andere mit er hobener Stimme, „wisset Ihr nicht, was es heißt, sich dem heimlichen Gericht zu widersetzen?" „Wir widersetzen uns nur Schurken, wie Ihr seid, wir wollen nicht allein Eure Gefangenen haben, sondern Euch auch dazu!" „Der Erste, der sich nähert, wird niedergehauen!" „Da habt Ihr das Kriegsgeschrei gegeben; vor wärts, Ihr Leute!" befahl jetzt der Alte und drang auf den Spion ein. Die Waffen blitzten beim Früh- roth und die Bauern hieben auf die Steiler ein, daß es eine Lust war. Schon sank der eine derselben mit zerspaltenem Schädel vom Pferd und das wild gewordene Thier schleifte den blutenden Körper nach sich. Daö Gesicht des Spions erblaßte und kurz entschlossen warf er sein Pferd herum, um sein Heil in der Flucht zu suchen. Aber der Alte war wieder ein Jüngling geworden und im nächsten Augenblick an seiner Seite. „Bleibt nur da, Ihr blutiger Schurke, bis wir mit einander rechnen können — Ihr sollt mein Weib nicht umsonst geknebelt haben," rief er ihm zu, und im nächsten Augenblick traf ihn seine gute Klinge nnd mit einem Fluch auf der Zunge, der dem Herrn, welchem er diente, alle Ehre gemacht haben würde, fiel der Spion vom Pferde. Mit dem andern Reiters mann waren die handfesten Bauern bald fertig ge worden. „Hurrah!" schrie der Wirth, „und noch einmal Hurrah. Wir haben, weiß Gott, unserm Lande einen Dienst erwiesen." „Und Gott wird cs Euch lohnen, Michel," ent gegnete Bardolf, dessen Bande einer der Brüder des Alten inzwischen zerschnitten hatte, während er vom Pferde stieg. „Wie leid thut es mir, daß ich nicht helfe» konnte, denn die Schurken waren groß in meiner Schuld." „Die Schuld ist schon bezahlt, Bruder," sagte der Wirth, „und jetzt Gott zum Gruß, Ihr feinen jungen Burschen," setzte er hinzu, den beiden Mädchen herzlich die Hand drückend. Die Bauern machten sich jetzt daran, die Leichen der drei Gefallenen beiseite zu schaffen, um ihren Heimweg antreten zu können. „Potz Velten, Jungfern," begann Förster wieder, „beinahe wären wir zu spät gekommen. Ich war genöthigt, fast zwei Stunden weiter zn gehen, als ich glauhte, denn unsere Brüder waren just vor mir vom Hause weggeritten, um einer Bersammlnng bcizuwohncn. Jetzt ist die Luft aber sanber und das Schlimmste vorbei." Im Uebcrmaß ihrer Freude, der drohenden Ge fahr glücklich entronnen zn sein, konnten die Mädchen kaum Worte finden, ihrem Retter zn danken, und so schrecklich ihnen auch der Anblick der Leiche» war, das Bewußtsein, einem elenden Loose, ja vielleicht der Schande entgangen zu sein, ließ sie das Schauerliche der Lage ertragen. Die leichten Wunden, welche einige der Leute davongctragen hatten, waren bald verbunden und binnen Kurzen« erreichte der Trupp, Michel an der Spitze, in einer besseren Stimmung, als sie es ver lassen, daö WirthshauS. Bardolf ließ natürlich auf tragen, was gut und thcncr war, wollte sich aber nicht überreden lassen, länger zn weilen als nöthig, um seinen Krug zu leeren und den Mädchen ein Früh stück zu gönnen, welches die wackere Wirthin im Be griff war, für sic zn bereiten. Lnstig ließen die biederen Schwarzwälder unterdessen den Becher kreisen, aber auch manches ernste Wort wurde dabei gesprochen. Sie gelobten sich, zur Zeit der Roth, treu ihrem Eid, für die Befreiung aus Schmach und Banden zu kämpfen, und erinnerten sich, daß cS deren schon viele Hunderte waren, welche znm stählernen Kreuz geschworen hatten. „Ich hätte nicht geglaubt, daß unsere Brüderschaft sich soweit ausgedehnt habe, und war seither der Ansicht, sic beschränke sich nur auf die größeren Städte." „Ich weiß nicht, wie viel der Unseren in dieser Gegend sind, bin aber überzeugt, daß die Inquisition bei uns wenig Freunde hat." „Dennoch aber wird sie auch in diesem Land striche ihre Werkzeuge haben," bemerkte Bardolf. „Ganz sicher finden sich anch hier niedere Subjekte, die den Herrendienst dein Gottesdienst vorziehen und niedrig genug sind, ihre Seelen zu verkaufen nm den schnöden Goldes nullen. Ich sage Euch aber, cs ist besser für den Bauern und Bürger, er lebe schlecht und halte den Kopf hoch, als er beuge sich vor solchen Wölfen, wie Konrad von Marburg nnd unser sauberer Markgraf." „Die Agenten der Behmc in unserer Gegend sind nicht zahlreich, aber sie sind thätig nnd ver schlagen," sagte ein anderer der Bauern. (Fortschling folgt.) Vcrmischtc Nachrichten. — München. Im Dorfe Schönberg (Mittel franken) ließ sich ein Bauernsohn immer kurz vor dem MusteruugStermin auf den Rath seines Paters die eine Hand durch Bienenstiche traktiren. In Folge der entstandenen Geschwulst sand er mit seiner Angabe, „er sei rheumatisch leidend", bei der Muster ungskommission dreimal Glauben und blieb so auch vom Militärdienst befreit. Erst durch die Anzeige eines Verwandten wurde der Schwindel kürzlich an s Licht gebracht. — Zum Todtenfestc von Königgrätz. Am 3. Juli wurde bekanntlich ein großes kriegerisches Todtensest ans jenen Hügelknppcn begangen, ans denen vor 25> Jahren die ehernen Würfel fielen. Das „N. Wiener Tagebl." gedenkt aus diesem Anlaß ehrenvoller Waffenthatcn, durch welche an diesem Tage die Truppen Oesterreichs dem Gegner Bc- wundcrnng abrangen. War cs etwa nicht eine Helden- that, als heim Versuche, Chlnm den Preußen wieder zn entreißen, zwei österreichische Armcecorps sich wie ein Mann mit dem Bajonnct ans den überlegenen Gegner werfen und im ersten Anlauf Nozberitz zurück erobern und, trotzdem die preußischen Granaten und Zündnadclgeschosse unbarmherzig in den Reihen der Stürmer wüthcn, diese heldenmüthigen Opfer der unseligen Stoßtaktik Zoll um Zoll dem Feinde Terrain abgewinnen. Bon den 20,000 Mann des ersten Corps deckte mehr als die Hälfte die Wahlstatt; 239 Offiziere, 10,860 Alaun waren die Opfer dieses einzigen aussichtslosen BajonnetsturmeS; jeder zweite Mann also todt oder verwundet. Und unsere Ka vallerie! Sic war es, welche die Preußen verhinderte, ans dem Blachfcld selbst die Früchte des Sieges zu pflücken und eine Verfolgung ü In Waterloo einzu leiten. Immer und immer wieder sprengt, als Alles schon verloren ist, die kaiserliche Kavallerie, den tapfer» Edclshcim an der Spitze, in Front ein nnd mit dem Säbel in der Faust jagen unsere Reiterdivisionen den gegnerischen Massen entgegen. So entspinncn sich bei Sprechitz, Langhof und Problns drei gewaltige Kavalleriegesechte, die man eigentlich Reitcrschlachtcn nennen könnte. Die Divisionen Condenhove nnd Prinz Holstein bedecken sich hier mit unsterblichem Ruhme, ihre todcsfreudige Aufopferung schreckt den Feind vor jeder Verfolgung zurück. Und noch eines Reiterstückleins sei hier gedacht, welches drei Züge eines Husarenregimentö Prinz Friedrich Karl von Preußen mit einer wahren Tollkühnheit vollführten. Diese Kavallcrie-Abtheilnng, welche als Geschützbedcck- nng einer retirirendcn Batterie bcigegcben war, wurde plötzlich in der Flanke von prcnßischen Jägern be schossen, empfing von der anderen Seite feindliches Shrapnelfcner und ward zu guter Letzt noch im Rücken von verfolgender Kavallerie angefallen. Da machen die Husaren Kehrt, werfen die feindlichen Reiter, nehmen die auf sie feuernden Geschütze, deren Kanoniere an den Lasteten nicdcrgesäbelt werden, und nun jagen die tollkühnen Ungarn weiter hinein in die feindlichen Reihen bis zu einem Hügel, auf dessen Kuppe der preußische Kronprinz hält; dieser selbst muß sich auf eine Abtheilnng seiner Garden zurück ziehen. Von den verwegenen Reitern kommt kein einziger Mann zurück. Nennen wir jedoch die Namen der österreichischen Helden von Königgrätz, so können wir den Tapfersten der Tapferen nicht verschweigen. Hauptmann von der Grocben hieß dieser Mann. Als Commandant einer Feldbattcrie sprengte er in dem Augenblick, als es den Preußen gelungen war, sich Chlums zn bemächtigen, trotz des furcht baren feindlichen Schnellfeuer« bis auf zweihundert Schritte vor die Lisiöre Chlums vor. Hinter ihm rasen in wilder Carriöre seine acht Geschütze, sie werden abgeprotzt und nun eröffnet Grocben einen Kartätschenhagcl ans die ans den Dorfgassen debou- chirenden Preußen. Nach dem zehnten Schuß schon ist die Batterie verstummt, der heldenmüthige Führer gefallen, erschossen nnd verwundet liegen die Kano niere bei ihren Stücken. Aber dieses Opfer ist we nigstem kein vergebliches, Grocben, dem für diese That das einzige Maria Theresien-Kreuz, welches für Königgrätz verliehen wurde, auf die Bahre gelegt ward, hatte durch seine heldenhafte Initiative das dritte Corps gerettet. „Die Batterie der Todten" wird in unserer Kriegsgeschichte die tapfere Artillerie truppe Groebens genannt, die sich heute vor 25) Jahren zum Heile der Armee freiwillig dem Tod geweiht hat. Und wer nennt sic noch, die anderen RuhmeSthaten, welche die Besiegten von Königgrätz vollbracht haben! Die Nordarmee war geschlagen nnd zersprengt, aber sie konnte mit Stolz jene Worte von sich sagen, die Franz I. von Frankreich nach der Schlacht bei Pavia rief: „Alles verloren, nur die Ehre nicht." — Zur Geschichte der Harfcnmädchen. Es ist allgemein bekannt, daß weitaus der größle Thcil jener Harfcnmädchen, die auf unseren Märkten nmherziehen, ans dem Städtchen Preßnitz im böhmi scheu Erzgebirge gebürtig ist. Wie wir ans den Zellncr'schen Blättern für die Musik erfahren, reichen die Anfänge dieses wohl schon über die ganze Erde verbreiteten Preßnitzer Harfenspiels nnd die Aus übung desselben als Gewerbe kaum über unser Jahr hundert zurück, und doch legt sich schon daö Halb dunkel der Sage darüber. Man erzählt von einem Ignaz Walter, der in den Jahren 1776-->792 Bürgermeister in Preßnitz gewesen, daß er zuerst dort die Harfe gespielt und deshalb den Beinamen „König David" erhalten habe; durch einen Pathen, den er unterrichtet, sei die Knust des Harfenspielö dann weiter verbreitet werden. Fest steht, daß Theresia Entzmann, Schullehrerstochter ans Dörnsvorf, zuerst mit der Harfe reiste. Da sic eine schöne Summe Geldes mit nach Hanse brachte, fanden sich Andere aufgemuntert, ihr Glück auf gleiche Weise in der Welt zu versuchen, nnd es bildeten sich bald förm liche Gesellschaften, unter denen die von Ley nnd Günzel den meisten »ins erlangte. Ein geschickter Tischler von Preßnitz, Namens Bodcnbergcr, verfer tigte die Harfen. Die Gelder, welche durch die reisenden Harfenmädchen in die Heimath kamen, die zahlreichen Beistenern znm Wiederaufbau der Stadt nnd der Kirche nach dem großen Brande im Jahre l8ll, die Auszeichnung, welche Einer von ihnen zn Theil wurde, indem sie sich mit ihrem Gesänge nnd Spiel vor den drei alliirten Monarchen hören lassen durfte, während diese 1813 bei dem Bürgermeister Doberancr von Trenenfeld in Komotan zu Gaste waren, — alles dies trug wesentlich dazu bei, den neuen Erwerb in Ansehen zn bringen. Als es vollends einigen Mädchen glückte, sich im Auslände gut zn verheirathen, nnd Manche, die ohne ein an deres Eigenthnm als ihre Harfe nnd ihre Kunstfer tigkeit hinausgezogen, nunmehr als vornehme Dame zum Besuche in die Heimath kam, da gab cs keinen Halt mehr. Die Harfe wurde das Ziel, daö schon dein Kinde im Traume, Ivie im Wachen vorschwebtc nnd zu welchem der Zug um so mächtiger wurde, je mehr eö mit dem reisenden Alter die Vortheilc schätzen lernte, die in der Ferne winkten. Um einen Begriff von den Summen zu geben, welche die Preß nitzer Mädchen in der Fremde sich verdienen, er wähnen wir z. B., daß durchschnittlich jeden Monat etwa 5>000 Gulden von ihnen in die Heimath ge sandt werden. Besonders zahlreich sind die Brief sendungen während der Leipziger Blesse. Rechnet man nun, daß daö nach Hause geschickte Geld etwa das Drittel der ganzen Einnahme repräsentirt, so kommt im Jahre eine Gcsammtsunnne von mehreren Hnndertta «senden von Gulden hcranö. — Kiel. Einen eigenthümlichcn Fund machte vor einigen Tagen, der „Kiel. Ztg." zufolge, der in Angethorst znm Besuch anwesende Primaner Lahann. Bei einem Spaziergänge über eine Waide gewahrte derselbe plötzlich ein wirrcö Knäuel von jungen Hasen, welche sich, nach allen Richtungen ziehend, langsam über daö Feld hin bewegten. ES stellte sich bei näherer Betrachtung heraus, daß die Thicrchen sämmtlich mit ihren Schwänzen aneinander gewachsen waren, also einen sogenannten „Hasenkönig" bildeten. Der seltene Fund ist von dem Finder dem hiesigen anatomischen Museum überwiesen worden. — Uebertriebcn. Herr (im CirkuS): „Immer und immer wieder diese dressirtcn Elefanten! Ich sage Dir, lieber Freund, diese Elefanten wachsen mir nachgerade zum Halse 'rauö!" — Scherzfrage. Wie unterscheidet sich ein glücklicher Ehemann von einem unglücklichen? — Der eine hat ein trautes Heim, während der andere sich nicht heim traut. Druck und Verlag von E. Hannebotzn in Eibenstock.