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4f> Mängel fehlerhaften Partien zu erkennen, und überaus schön kommen etwa vorhandene Schweissnäthe oder durch den Walzprocess zu Stande gekommene lagenweise Absonderungen, Spaltungen etc. zum Vorschein. Eigentümlich mag es erscheinen, dass durch die Aetzung Schweissnähte selbst bei gut verschweisstem Eisen oder Stahl zum Vorschein kommen. Die Erklärung hierfür scheint uns in folgenden Thatsachen zu liegen. Die zur Herstellung der Packete verwendeten Eisen- oder Stahlstäbe sind durchwegs mit einer mehr oder weniger dicken Schicht von Eisenoxydoxydul bedeckt, die bei anhaltender Erhitzung im Schweissofen eine Entkohlung der der Ober fläche zunächst gelegenen Eisenpartien veranlassen; dass dabei auch Silicium zu Kieselsäure oxydirt, die mit Eisenoxydul die zum Schutze des Eisens gegen weitere Oxydation nöthige dünne Schlackendecke auf der Oberfläche der Stäbe bildet, versteht sich von selbst. Die so entkohlten, weicheren Partien unterliegen dann der Einwirkung der Säure in höherem Grade als die zunächst gelegenen, kohlenstoffreicheren, und erscheinen somit in Form vertiefter Linien oder Figuren. Markirter tritt diese Erscheinung eigentlich nur hei kohlenstoffreicheren Eisensorten, besonders bei Stahl, und namentlich dann in auffallender Weise hervor, wenn harte Eisensorten mit weichen zusammengeschweisst werden. Bei ohnehin weichem Eisen ist der Grad der an der Oberfläche der Stäbe stattgehabten Entkohlung nicht immer hinreichend, um noch Unterschiede in der Aetzung hervortreten zu lassen; andererseits ist es schwer, die Schweissfugen des sehr weichen Eisens bei dessen in hohem Grade geschichteten Gefüge genau zu erkennen oder überhaupt zu unterscheiden. Behufs Durchführung der Aetzung wird zunächst die Profilfläche der Eisenbahnschiene — oder eines beliebigen Eisen- oder Stahlstahes — gerade gehobelt und möglichst glatt geschlichtet. Die Fläche scheuert man dann mit Hilfe einer harten Bürste mit Ammoniak, spült mit reinem Wasser ab und bringt das Probestück derart in die Aetzflüssigkeit, dass die zu ätzende Seite 3—4 mm. tief in dieselbe hineinragt. Als Aetzflüssigkeit eignet sich am besten Königswasser, d. i. ein Gemisch von drei Volumen roher Salzsäure von käuflicher Concentration mit einem Volumen rauchender Salpetersäure. 1 ) Verdünnte Salzsäure, die neuestens von anderer Seite empfohlen wird, wirkt viel zu langsam; selbst ganz weiche Eisensorten bedürfen mindestens 24 Stunden, um mit verdünnter Salzsäure, die selbst nur auf */ s verdünnt wurde, deutliche, gut entwickelte Aetzfiguren zu liefern. Will man aber die Aetzung nicht auf Papier übertragen, überhaupt nicht vervielfältigen, so kann man die Aetz flüssigkeit für ganz weiches Eisen auch aus zwei Volumen Salzsäure und einem Volumen Wasser hersteilen; besonders wenn man von den Dämpfen, die sich bei der Benützung von Königswasser entwickeln, nicht belästigt werden will. Dieser Umstand kann aber in gut ventilirten Laboratorien nicht in Betracht kommen. Mit Salzsäure erhaltene Aetz- stücke sind aber auch weniger geeignet, aufbewahrt zu werden, da sie bei einer Behandlung, bei welcher mit Königs wasser erhaltene Aetzungen wochenlang blank bleiben, in den tieferen Partien sehr bald rosten. Die drei Winkel eisen Nr. 30—32, auf Taf. 18 sind mit verdünnter Salzsäure behandelt worden. Für härteres und für gemischtes Eisen ist Königswasser unbedingt vorzuziehen. Man stellt dann das die Aetzflüssigkeit enthaltende Gefäss ausserhalb des Zimmer- oder Laboratoriumfensters, das man blos behufs Vornahme der zeitweilig nothwendig werdenden Operationen zu öffnen braucht. Grössere Schienenstücke befestigte ich in einen mit Schrauben ausgestatteten, auf drei Füssen ruhenden Eisenring in der Art, dass das untere Ende der Schiene entsprechend in die Flüssigkeit eintauchte; ganz kurze Stücke wurden über 3—4 Glasperlen gelegt oder je nach ihrer Dimension und Form auf die Wände der Schale aufruhen gelassen. 1) Diesbezügliche werthvolle Mittheilungen hat Herr Louis Maderspach, Generalprobirer der österr. Staatseisenbahn-Gesell- schaft in .Orawitza (Ungarn), bei Gelegenheit der Wiener Weltausstellung 1873 geinacht. Siehe des \erfassers „Das Eisen aut der Wiener Weltausstellung“ S, .201.