Anmerkungen. 97 auch im Allgemeinen nickt möglich. Kant äussert sich selbst hierüber in dem Vorwort zu der vorliegenden Schrift wie folgt: »Man erlaube mir schliesslich wegen der Gültigkeit und des angeblichen Werthes derjenigen Sätze, die in der folgenden Theorie Vorkommen werden und wornach ich sie vor billigen Richtern geprüft zu werden wünsche, eine kurze Erklärung zu thun. Man beurtheilt billig den Verfasser nach demjenigen Stempel, den er auf seine Waare drückt; daher hoffe ich, man werde in den verschiedenen Theilen dieser Abhandlung keine strengere Verantwortung meiner Meinungen fordern, als nach Maassgebung des Werths, den ich von ihnen selber ausgebe. Ueberhaupt kann die grösste geometrische Schärfe und mathe matische Unfehlbarkeit niemals von einer Abhandlung dieser Art verlangt werden. Wenn das System auf Analogien und Uebereinstimmungen nach den Regeln der Glaubwürdigkeit und einer richtigen Denkungart gegründet ist, so hat es allen For derungen seines Objects genug getlian.« , Welcher Exactheit seine allgemein gehaltenen Betrachtungen aber dennoch fähig sind, dafür giebt die Berechnung der Rota tionszeit der Saturnringe das glänzendste Beispiel. In der Theorie der Saturnringe findet Kant. dass, wenn seine Ent wickelungen richtig sind, die Ringe des Saturn eine selbständige Rotationsbewegung haben müssen, und zwar schreibt er dem inneren Ringrande eine Umschwungsdauer von »etwa zehn Stunden« zu. 34 Jahre später entdeckte W. Herschel hier helle und dunkle Stellen, aus deren regelmässiger Wiederkehr er auf eine Rotationszeit von 10| Stunden schloss. Durch solche Uebereinstimmungen mit den Beobachtungen hat Kants Theorie des Himmels sich einen wohlberechtigten Platz auch in der Literatur der exacten Wissenschaften erobert. Was ihre Lectiire besonders anziehend macht, ist die grosse Be geisterung des Verfassers für seinen Gegenstand; bewunderungs würdig ist ferner, auf wie geringem Thatsachen-Material Kant seine kühnen Conceptionen aufbaut. Man erinnere sich daran, dass zu der Zeit, als Kant seine Vorstellungen über dieFixstern- systeme entwarf, die Epoche der grossen Entdeckungen W. Her- sclieTs auf dem Gebiete der Stellarastronomie noch nicht ange brochen war; (die Entdeckungen desselben mit den selbstgefer tigten Spiegelteleskopen beginnen erst mit dem Jahre 17 77). 1) Der vorliegenden Neuausgabe ist die vierte 1808 in Zeitz erschienene Auflage zu Grunde gelegt worden, welche den Titel Ostwald’s Klassiker. 12. 7