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14 Immanuel Kant. [21] Zweiter Theil. Erstes Hauptstück Die Betrachtung des Weltbanes zeigt in Ansehung der wech selseitigen Beziehung, die seine Theile unter einander haben, und wodurch sie die Ursache bezeichnen, von der sie her stammen, zwei Seiten, welche beide gleich wahrscheinlich und annehmungswürdig sind. Wenn man einestheils erwägt: dass 7 Planeten mit 14 Begleitern, die um die Sonne, als ihren Mittel punkt, Kreise beschreiben, alle nach einer Seite sich bewegen, und zwar nach [22] derjenigen, nach welcher sich die Sonne selbst dreht, welche ihrer alle Umläufe durch die Kraft der An ziehung regiert, dass ihre Kreise nicht weit von einer gemein schaftlichen Fläche abweichen, nämlich von der verlängerten Aequatorsfläche der Sonne, dass hei den entferntesten der zur Sonnenwelt gehörigen Himmelskörper, wo die gemeine Ursache der Bewegung dem Vermuthen nach nicht so kräftig gewesen, als in der Nähe zum Mittelpunkte Abweichungen von der Ge nauigkeit dieser Bestimmungen stattgefunden, die mit dem Mangel der eingedrückten Bewegung ein genügsames Verhält- niss haben, wenn man, sage ich, diesen ganzen Zusammenhang erwägt: so wird man bewogen, zu glauben, dass eine Ursache, welche es auch sei, einen durchgängigen Einfluss in dem ganzen Baume des Systems gehabt hat, und dass die Eintracht in der Bichtung und Stellung der planetischen Kreise eine Folge der Uebereinstimmung sei, die sie alle mit derjenigen materiellen Ursache gehabt haben müssen, dadurch sie in Bewegung gesetzt worden. Wenn wir anderntheils den Baum erwägen, in dem die Pla neten unseres Systems herum laufen, so ist er vollkommen leer und aller Materie beraubt, die eine Gemeinschaft des Einflusses auf diese Himmelskörper verursachen, und die Uebereinstim mung unter ihren Bewegungen nach sich ziehen könnte. Dieser Umstand ist mit vollkommener Gewissheit ausgemacht, und über trifft noch wo möglich die vorige Wahrscheinlichkeit. Newton, durch diesen Grund bewogen, konnte keine materielle Ur sache verstatten, die durch ihre Erstreckung in dem Baume des Planetengebäudes die Gemeinschaft der Bewegungen unterhal ten sollte. Er behauptete, die unmittelbare Hand Gottes habe diese Anordnung ohne die Anwendung der Kräfte der Natur ausgerichtet.