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.Ein zweiter Kuß besiegelte den Freundschaftsbund der beiden Mädchen, die im Alter wenig von einander verschieden waren, nur war Luise etwas größer und kräftiger wie Eleonore, und ihr Gesicht hatte nicht so weiche Züge. Mit aufrichtiger Freude sah Martin, mit welchem Vertrauen die Beiden einander begegneten, und diese Thatsache, sowie die Ueberzcugung, daß Bardolf die zu übernehmende Pflicht nicht gering anschlagen würde, war ihm eine große Beruhigung. „Jetzt," nahm Biktor wieder das Wort, „zögert indessen nicht mehr, die Vorbereitungen zur Reise zu machen. Wilsdorf wird Euch bereits auseinander gesetzt haben, daß es nicht gerathen ist, wenn Eure alte Dienerin, deren Gesicht so bekannt ist, wie das Eures guten Paters war, Euch begleitet. Ich bin sogar erstaunt, daß die Spione sie gestern Nacht nicht erkannt haben. Sobald die Sachen sich anders ge staltet haben wie jetzt, sollt Ihr ihre Hülfe nicht lange entbehren." „Edler Ritter, ich weiß, daß Ihr ein Freund meines Vaters wäret, und folge Eurem Rath willig und gern." „Nun denn, so nehmt jenen Anzug, den meine Nichte für Euch mitbrachte; ich hoffe, daß er für Euch passend sein wird. Luise ist bereits geübt in der Handirung männlicher Kleidungsstücke und wird Euch Anweisung darin gebe». Sobald Ihr fertig seid, bitten wir Euch uns verstellen zu »vollen, damit wir sehen, wo cs fehlt. Sodann gehet in mein Haus mit einander und wir werden Euch bald folgen." Die beiden Mädchen entfernten sich und Biktor wankte sich an Bardolf mit der Frage: „Wisset Ihr, wo Eppingen liegt?" „Die Stadt ist mir wohl bekannt," entgegnete jener. „Im Thalc, kaum eine halbe Stunde jenseits von Eppingen, liegt das Gut des Bauern Andreas Fron bach. Dorthin sollt Ihr die Mädchen führen, denn er ist ein zuverlässiger Mann." Bardolf zweifelte nicht daran, den Weg zu finden, und entsann sich aus früherer Zeit, bei Gelegenheit einer Reise nach Ulin in dem Thale gerastet zu habe». „Weit» wir noch diesen Vormittag fort könne», wird es möglich sein, bis zum Abend Eppingen zu erreichen, denn wenn ich nicht irre, sind es nur zehn Stunden dahin." „Es sind deren nur neun," entgegnete Martin, „der Weg wird gut sein, und Ihr seid nicht schlecht beritten. Machet deshalb Anstalt, die Pferde in Stand zu setzen." „Ich nehme für die Jungfer den Rappen, wctchen Ihr kürzlich kauftet, cs ist ein ruhiges Thier, und läßt sich leicht von Frauenhand führen," bemerkte der Knappe. „Recht so, Bardolf, ich habe kaum nöthig, Euch zu sagen, welchen gefährlichen Weg Ihr betretet, nud Ihr wisset, wie ich selbst großes Interesse an den Verlauf —" „Ich kenne die Verantwortlichkeit, welche ich übernehme, und weiß Euer Vertrauen zu ehren, Ritter Martin. Seid versichert, daß ich mit meinem Leben für das Mädchen cinstehe und es bedarf der Warnung nicht." Die alte Kalypso war sehr enttäuscht, als sic in- deß überzeugt wurde, daß Eleonorens Sicherheit dies verlange, beruhigte sic sich und war Willens, bei Katharina zu bleiben. Nach kurzer Zeit trat Eleonore in ihrer Ver kleidung ein und der knappe Anzug stand ihr wohl, daß die Ritter ihre Freude darüber nicht verbergen tonnten. Selbst ihre Bewegungen waren durch Luisens Anweisnngcn weniger zaghaft, als die beiden Männer anfangs befürchteten nnd eine Entdeckung ihres Geschlechts schien nicht leicht zu sein. Der Augenblick der Trennung nahte heran. Mit feuchten Augen und klopfendem Herzen trat die Jüdin zu ihrem Beschützer und reichte ihm die Hand. „So lebt denn wohl, Ritter Martin, und möge Gott Euch lohnen, was Ihr an mir gethan." „Nicht so, Eleonore," entgegnete Wilsdorf, „wir werde» einander Wiedersehen. Keine Thränen, sie würden verrathcn. Seid standhaft, denn Ihr seid jetzt ein Mann — zeigt Muth, wenn die Noth cs erfordert, und Gott wird Euch nicht verlassen, wenn treue Freunde über Euer — geliebtes Haupt wachen." Er selbst wandte sich ab, um die eigcue Beweg ung zu verbergen; in diesem Augenblick war es ihm, als müsse er an Bardolfs Statt niit ihr gehen. Die Mädchen verließen das Haus und gingen in Viktors Wohnung, uni dort später mit dem treuen Knappen zusammenzutrcffcn. Eine Stunde vor Mittag war Bardolf mit ihnen auf den Weg. Das Wetter war günstig und unangefochten ritten sic durch das Thor. Bardolf hatte die Tracht eines reisigen Knechtes angelegt, und sah eher aus wie ein fahren der Ritter, denn sein Anzug war schwäbisch und zer lumpt und sein Barett ließ Manches zu wünschen übrig. Aber an der Seite trug er ein gutes Schwert, dessen Scheide zwar nur von rothem Leder, dessen Damaszencrklinge aber bewährt war. Bardolf hatte die Vorsicht gebraucht, den zarten Gesichtern der Mädchen mit etwas brauner Erde die weibliche Frische zu nehmen und die zarten Hände mit derben Reiterhandschuhen versehen. Luisens Halt ung ließ auch durchaus keine Entdeckung befürchten, sie lenkte ihr Pferd mit Geschick und ihre Heiterkeit blieb nicht ohne Wirkung auf die niedergedrückte Eleonore, die sich im höchsten Grade »»behaglich fühlte; doch that sie ihr Bestes, sich nicht zu verrathcn. Des Knappen Verhaltungsmaßregeln waren einfach genug. Es war nicht unwahrscheinlich, daß Spione die Landstraßen bewachten, und diesen zu entgehen, mußte er sich auf seinen Mutterwitz und erforder lichenfalls auf seine Klinge verlassen. Die Haupt sache blieb, ohuc Aufcuthall vorwärts zu kommen, soweit es die Kräfte der Mädchen zuließen. Eine Zeit lang ging Alles gut, das Wetter war herrlich nnd der gute Weg erlaubte den Reisenden ihre Pferde in stetem Trab zu erhalten. Sie hatten bereits die Limbach jeüseits von Schwetzingen überschritten und die Regionen des Schwarzwaldeö betteten, als Bar dolf bemerkte, daß hinter den Bergen sich schwere Wolken zusammenzogen nnd der Wind hohe Staub wolken vor ihnen aufwarf. „Das sieht wie ein Gewitter aus," bemerkte Bar dolf, „der Wind wird heftiger nnd die Sonne ver steckt sich, lasset die Pferde ausgreifen, damit wir unter Schutz kommen nnd womöglich noch Eppingen erreichen." Immer dichter zog sich das Gewölk zusammen nnd schon sielen einzelne Regentropfen, als die gleisen den den vor ihnen liegenden Buchenwald erreichten." „Beim Himmel," sagte Bardolf, „ich fürchte, daß wir die Ladung unterwegs bekommen, und ist der Weg einmal weich geworden, erreichen wir die Stadt nicht vor Mitternacht." „Seid meinetwegen ohne Sorgen, der Regen wird uns im Walde nicht viel anhaben." „Ihr kennt unfern Schwarzwald zu wenig, Jungfer; indessen eine halbe Stunde Wegs von hier steht ein Wirthshaus am Weg, wo wir ein Unter kommen finden werden." „Horch!" rief Luise plötzlich, „ich meine, hinter uns den Hufschlag von Pferden zu hören." Bardolf hielt sein Pferd an und horchte. „Beim Himmel," sagte Bardolf, sich umwendcnd, „zwei Reiter folgen uns." Ehe die Mädchen auch nur den Gedanken, vom Weg ab ins Dickicht zu reiten, Raum geben konnten, hatten die beiden Berittenen sie fast erreicht; das Heulen des Windes und das Rauschen der Bäume hatte unsere Reisenden die Gefahr zu spät erkennen lassen und Bardolf hatte kaum so viel Zeit, den Mädchen zuzuflüstern, sich ruhig zu verhalten und ihren Muth zusammen zn nehmen. Eleonore war durch dieses plötzliche Ercigniß so außer Fassung gekommen, daß sie eines über die Straße hängenden Baumastes nicht ansichtig wurde. Die Feder ihres Sammtbarctts fing sich in den Zweigen und ehe sie es hindern konnte, ward ihr dasselbe vom Kopf gerissen und ihre langen Locken fielen ans die Schulter herab in dem Augenblicke, als die Reiter an ihr vorbei galloppirtcn. „Gütiger Gott!" rief Luise, welcher der Unfall nicht entgangen war. „Bei Gott, Bruder!" rief der vordere der Reiter, sein Thier anhaltend, gegen seinen Kameraden ge wendet aus, „ich meine, das Haar sei reichlich lang für einen Knaben. So wahr ich lebe, der Sturm hat uns auf die rechte Fährte gebracht!" Im nächsten Augenblick warf aber auch Bardolf sein Pferd herum und lenkte cs zwischen die Feinde und den ihm anvcrtrauten Schatz, indem er seinen Schöpfer bat, ibm Kraft zu leihen, die Gefahr zu überwinden. Ueber ihm grollte der Donner und Blitze zuckten durch die Luft, aber dem Muthigen ge hört die Welt und Bardolf bot Allem Trotz. (Fortsetzung folgt.) Der Mann mit der eisernen Maske. Wer war der Mann mit der eisernen Maske? Diese Frage ist nicht nur eine von Geschichtsforschern vielfach berührte, sondern auch von allen Roman lesern und Theaterfreunden sehr eifrig besprochene. Alexander Dumas hat sie in einem Roman behandelt, die Herren Fournier und Arnould haben sie zum Gegenstand eines durch Lebruu auf der deutschen Bühne eingebürgerten Schauspiels gemacht. Der Dumas'sche Roman gehört zu den besseren des Ver fassers; das letztgenannte Schauspiel ist eine ziemlich oberflächliche Arbeit, gleichwohl hat cs, des interessan ten Stoffes halber, glänzenden Erfolg gehabt und sich bis auf dcu heutigen Tag als ein beliebtes Kassen stück erwiesen. Roman und Schauspiel gehen von der Annahme aus, daß der Mann mit der eisernen Maske ein Bru der Ludwigs XIV. war, dessen man sich ans grausame Weise zu entledigen suchte, indem man ihn zeitlebens in einen einsamen Kerker sperrte nnd znm Ueberfluß noch sein Gesicht stets mit einer eisernen Maske be deckte. So romantisch auch diese Annahme sein mag, so treffliche Wirkung sie im Roman wie auf der Bühne thnt: vor dem Forum der Geschichte hält sie nicht Stand. Die Geschichtsforscher machten gleichfalls den Gegenstand zu einem LieblingSstudium, ohne jedoch hinsichtlich der wirklichen Aufklärung des Geheimnisses viel glücklicher zu sein, als die Dichter. Erst ganz neuerdings haben die Nachforschungen eines englischen Schriftstellers, des George Agen Ellis, mit fast unumstößlicher Gewißheit dargethan, daß der unter dem Namen: „der Mann mit der eisernen Maske" bekannte französische Staatsgefangene unter der Regierung Ludwigs Xi). ein italienischer Staats mann war, nämlich der Staatssekretär des Herzogs Ferdinand Karl IV. von Mantua, Herkules Anton Matthioli mit 'Namen. Matthioli, aus einer alten bolognischen Familie stammend, hatte sich erst als Advokat und Professor an der Universität Bologna ausgezeichnet, trat aber bald in vie Dienste des genannten Fürsten, von dem er bis zur Würde eines Staatssekretärs erhoben wurde. Um das Jahr 1676, zu einer Zeit, wo Matthioli, um den Jntriguen einer Gegenpartei auszuweichen, das Staatssekretariat niedcrgelegt hatte, lernte er den französischen Gesandten bei der 'Republik Venedig, den Abbe von Estradcs kennen. Dieser diplomatische Agent, ein äußerst schlauer und unternehmender Mann, kam auf die Idee, seinem Herrn, dem König Ludwig XIV., die Festung Casal, die Hauptstadt von Montserrat und in damaliger Zeit der Schlüssel zur Lombardei, in die Hände zu spiele». Dies konnte nur geschehen, »venu der Herzog Ferdinand Karl damit einverstan den war, und um diesen für bic Idee zu gewinnen, knüpfte Estradcs Unterhandlungen mit dem ehema ligen Staatssekretär Matthioli an. Ferdinand Karl war ein lebenslustiger Mensch, der fortwährend Geld für seine Liebschaften brauchte und obencin die österreichisch-spanische Partei an seinem Hofe fürchtete. Er ging deshalb ohne Schwierigkei ten auf das Anerbieten, in seine Festung Casal fran zösische Truppen einzunehmen, ein und beauftragte Matthioli mit den Verhandlungen. Diese zogen sich etwas in die Länge. Der Herzog wollte für die Ueber- lassnng der Festung wenigstens IM,000 Pistolen und die Minister Ludwigs XIV. wollten nur 100,600 Thaler geben. Matthioli reiste nach Versailles, ver kehrte selbst mit dem König, erhielt von demselben einen prachtvollen Ring und kehrte, ganz zufrieden mit den Resultaten seiner Reise, nach Italien zurück. Indessen mochten die Spanier und Venetiancr doch Kunde von diesen geheimen Umtrieben erhalten haben; vielleicht bestachen sic den Grafen 'Matthioli — kurz, als die französischen Diplomaten endlich auf die Aus führung des geheimen Vertrags drangen und die fran zösischen Truppen schon hart an der Grenze standen, machte Matthioli so viele Ausflüchte und Umstände, daß die Franzosen sich von ihm für verrathcn nnd verkauft hielten. Das französische Ministerium war wüthend und beschloß, Matthioli uni jeden Preis in seine Gewalt zu bekommen. Der Abbe von Esttades bestellte ihn zu einer Zusammenkunft an der Grenze in der Gegend von Pigncrol. Matthioli war arglos genug, sich einzustellc», und wurde hier von dem Marschall Cantinat, zwei Ofn zieren und vier Soldaten verhaftet. Trotzdem, daß er immer Degen und Pistolen bei sich führte, ergab er sich sofort ohne Widerstand. Er wurde zuerst nach Pigncrol gebracht nnd kam hier am 2. Akai 1670 an. Seine Gefangennahme wurde äußerst geheim gehalten, aus leicht erklärlichen Gründen. Wäre diese Gewaltthat bekannt geworden, so würde kein Minister nnd Gesandter es gewagt haben, ferner mit Ludwig XIV. oder seinen Bevollmächtigten zu unterhandeln, aus Furcht, bei einer mißglückten Unter handlung demselben Schicksale zu verfallen. In Pigncrol war Saint-Mars Gouvcrnenr. Er würbe der Hüter des Gefangenen, der von Pigncrol nach Exiles, von da auf die Insel St. Marguerite und von hier endlich in die Bastille zu Paris gc bracht wurde. In der Bastille lebte er nur fünf Jahre; er starb daselbst am 10. 'November 1703. Heidenstosse (schwarze, weiße u. farbiges v. Kn Vsge. bis 18.85 p. Met. — glatt, gestreift u. gemustert (ca. 380 versch. Qual. u. 2500 versch. 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