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66 Regler, welche gewöhnlich bei Dampfmaschinen angewendet wird, um leicht parallel schalten zu können, fällt bei den Parsons- Turbinen gänzlich fort. 9. Die gesamten Unterhaltungskosten der Turbine sind schr geringe. Die der Abnutzung unterworfenen Teile der Turbine sind, wie aus den Darlegungen hervorgegangen, gering an Zahl. Die Neubeschaffungskosten etwaiger Ersatz stücke sind sehr niedrig im Vergleich zu den Kosten der bei Kolbendampfmaschinen der Abnutzung unterworfenen Teile. Nach den vorliegenden Erfahrungen dürften die für etwaige Reparaturen notwendigen Beträge im Jahr höchstens l/2 0/0 des Beschaffungs preises der Maschinensätze betragen. Erwägt man hierbei, daß der Beschaffungspreis einer Dampfturbinenanlage mit Dynamo maschine unter Berücksichtigung der Ersparnisse an geringeren Fundamenten, billigerem Maschinenhaus und ermäßigtem Preis für die Kesselanlage und etwaiger Wasser-Reinigungsanlage ein wesentlich geringerer wird, als bei gleich großen Kolbendampf maschinen und zieht bei diesen Zusammenstellungen auch in Betracht den geringen Oelverbrauch und die einfache Wartung der Maschine, so ist es zu verstehen, daß die Gestehungskosten der erzeugten elektrischen Energie minimal werden müssen. 10. Die Bedienung der Dampfturbine ist die äußerst einfachste, die man sich denken kann. Eine längere Anwärmung des Zylinders vor dem Anlassen ist nicht notwendig. Das beim Anlassen im Zylinder sich bildende Kondenswaffer wird mit dem Dampf durch die Turbine geführt. Eine große Anzahl von Schmiergefäßen wie bei Dampf maschinen ist nicht vorhanden, für deren Füllung und Anstellung vor Inbetriebsetzung also auch nicht zu sorgen. Der Wärter hat nur die kleine Zahl von Schmierlöchern am Stellzeug des Regu lators mit einigen Tropfen Oel zu versehen. Die Schmierung aller anderen bewegten Teile erfolgt selbsttätig, sobald die Dampf turbine in Betrieb geht. Die Tätigkeit des Maschinisten beim Anlassen einer Turbine besteht darin, das Dampfventil am Dampfeinlaßapparat langsam zu öffnen, wodurch die Turbine, da sie keinen toten Punkt hat, sofort in Bewegung kommt. Während der ganzen Arbeitszeit der Turbine hat der Maschinist eigentlich nur einen Beobachtungsdienst auszuführen. Keine Dampfmaschine eignet sich gerade so sehr für einen ununterbrochenen Betrieb wie die Dampfturbine Brown-Boveri- Parsons. Ein Schlußartikel wird über die geschichtliche Ent wicklung der Parsons-Turbine, sowie über deren Verwendung als Schiffsmaschine einige Daten bringen. (Fortsetzung folgt.) Die Dampfkessel-Explosionen während des Jahres 1905 in Deutschland. Aus den Vierteljahrsheften zur Statistik des deutschen Reiches, Heft 3. (Fortsetzung.) Die 4. Explosion erfolgte in Zuzenhausen, Bezirksamt Sinsheim, in der Brennerei „Zur Rose" von Georg Risch, am 1. April 1905 abends 103/4 Uhr. Es betraf die eines stehenden, einfachen Walzenkessels zur Dampferzeugung für Brennzwecke. Das Alter des Kessels war nicht zu ermitteln, erbaut angeblich in Bruchsal. Der für 0,9 Atm. bestimmte Kessel weist folgende Konstruktions-Einzelheiten auf. Der Mantel besteht aus 3 Schüssen im Umfang, sämtliche Nähte sind einreihig genietet. Der Kessel körper selbst weist keine Verschraubungen und Ver ankerungen auf. Das Material ist Schweißeisen. Die Unterfeuerung war für Steinkohle eingerichtet. Die Rostsläche betrug 0,2 ^rn, die benetzte Heiz stäche 1,5 giu. Eine Speisevorrichtung war nicht vorhanden, der Kessel wurde jeweils vor Inbetriebnahme aufgefüllt; das Speise wasser war normal. Die Reinigung des Kessels erfolgte 3—4 mal im Jahre, Ausbesserungen hatte der Kessel unter dem jetzigen Besitzer nicht erfahren. Der Kessel war an 100 Arbeitstagen zu 11 Arbeitsstunden in Betrieb, und wurde von dem Besitzer und seinem Sohne bedient und zwar stellte sich die Bedienung als Nebenbeschäftigung dar. Amtliche Untersuchungen haben nicht stattgefunden, weil der Kessel nicht unter amtlicher Kontrolle stand. Der Kessel war tagsüber in normalem Betrieb gewesen, zur Zeit der Explosion war das Feuer gedeckt. / Befund der zerissenen Keffelteile: Der Boden brach heraus, der übrige Kesselteil wurde gegen die Decke geschleudert. Der abgerissene Boden zeigte schieferiges und kurzbrüchiges Aussehen, das Material erwies sich als Schweißeisen. Die Ausrüstungsgegenstände wurden zerstört und zwar das Wasserglas, der Probierhahn, die Stutzen und das Sicher heitsventil; letzteres klemmte sich in der Gabel. Das Mauerwerk wurde auseinander gerissen, Tür und Fenster wurden herausgedrückt, der Verputz der Wände wurde zerstört, an den Nachbargebäuden fanden keine Zerstörungen statt. Ursache der Explosion war Ueberdruck. Die Explosion entstand dadurch, daß das gedeckte Feuer unbeabsichtigterweise wieder auskam, wodurch sich der Dampfdruck in dem allseits geschlossenen Gefäß derartig steigerte, daß die Explosion erfolgen mußte. Gewerblich-Soziales. s. r. Die Arbeitsverhältnisse der deutschen Strasten- bcrhnangestellten. Mit der Umwandlung des Pferdebetriebes bei den Straßenbahnen in den elektrischen, ist der Dienst für die Angestellten, die Verantwortung namentlich der Wagenführer in ganz besonderem Maße gewachsen. Andererseits ist auch die Gefährdung der Sicherheit des Publikums gestiegen und zwar nicht zum wenigsten dadurch, das die Leistungsfähigkeit der Wagenführer durch übermäßig lange Dienstzeit herabgesetzt wird. Bei Verkehrsunfällen hat sich gelegentlich herausgestellt, daß der betreffende Beamte 16—18 Stunden ununterbrochen im Dienste war. Eine Darstellung der Arbeitsverhältnisse der deutschen Straßenbahnen, zum größten Teil auf Grund urkundlichen Materials, Arbeitsverträge, Gesellschaftsverträge rc. wie sie vom Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter soeben herausgegeben worden, ist daher von besonderem Interesse. Besonders zu beachten ist an dieser Darstellung der Unterschied zwischen den Verhältnissen bei Straßenbahnen in städtischer Regie und bei solchen, die in den Händen von Privatgesellschaften liegen, der sehr zu gunsten der kommunalen Bahnen spricht. So hat Frankfurt a. M. und Straßburg, wo die Straßenbahnen städtisch sind, die besten Arbeitsverhältnisse. Die Verträge zwischen An gestellten und Stadt in den genannten Städten stehen durchaus auf moderner Basis, während sich bei Privatgesellschaften häufig noch Verträge finden, die wahre Blüten der „individualistischen Arbeitsvertragsschließung" sind. Die Arbeitszeit ist sogar früher erheblich verkürzt worden, was mit der Einführung des elektrischen Betriebes zusammenhängt, der anstrengender geworden ist und an die Angestellten sehr erhöhte Anforderungen stellt. So ist z. B. in Posen seit dem Jahre 1901 die Arbeitszeit von 17 (!) Stunden auf 10 Stunden herabgesetzt worden. Die kürzesten Arbeitszeiten haben Berlin und Frankfurt a. M. aufzuweisen. Trotzdem kommen hin und wieder noch sehr lange Arbeitszeiten vor, zumal die Pausen, welche zwischen den einzelnen „Touren" liegen, durch Stockungen des Verkehrs, kleinere Unfälle rc. gar häufig völlig absorbiert werden. Die Löhne haben sich gegen früher gebessert, wenngleich sie keineswegs genügend genannt werden können. Es sind als die gewöhnlichen Anfangslöhne ermittelt worden 2,40—2,60 Mk., als Höchstlöhne 3,50—4,50 Mk. Davon sind jedoch noch bedeutende Abzüge abzurechnen: für Versicherung, Kleidung und besonders für Strafgelder, lieber letztere sind häufig heftige und zum Teil gewiß auch berechtigte Klagen erhoben worden, erstens, weil sie verhältnismäßig hoch sind, zweitens, weil bei ihrer Verhängung oft sehr willkürlich verfahren wird. Bezüglich des Gesundheitsschutzes bestehen leider keine gesetzlichen Vorschriften. Allerdings haben teilweise die Kommunen für Wartestellen an den Endstationen, Vorrichtungen für Wärmen des Essens gesorgt, jedoch keineswegs überall. Eine gesetzliche Regelung der Arbeitsverhältnisse der Straßen bahnangestellten muß als dringendes Bedürfnis betrachtet werden, nicht zuletzt auch im Interesse des Schutzes des Publikums. Der gewaltig sich steigernde Verkehr der Großstädte verlangt gut besoldete Beamte, die nicht überanstrengt werden, und sich in allgemein guter Lage befinden, die geeignet ist, tüchtige Kräfte heranzuziehen.