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— 41 — Mittagspause von den Arbeiterinnen auch in den Webereien angestrebt wird und die Betriebsunternehmer teilweise nicht ab geneigt sind, diesem Verlangen Rechnung zu tragen." Wo verbotene Beschäftigung von Arbeiterinnen bemerkt wurde, und das geschah namentlich in einigen Papier- und Lumpensortierfabriken, in denen sie zu schwere Lasten tragen oder den heißen Lumpenkocher entleeren mußten, wurde die Arbeitsleistung wegen der Gefahr der Gesundheitsschädigung untersagt. Im übrigen wird die Beschäftigung als eine dem weiblichen Organismus durchaus angemessene in allen Berichten übereinstimmend gekennzeichnet. Wie im Vorjahre waren zahlreiche Anordnungen bezüglich Errichtung oder Instandhaltung von Garderoberäumen und Be dürfnisanstalten notwendig. Arbeiter im allgemeinen. In den 21926 (i. V. 19 328) Fabriken und diesen gleich gestellten Anlagen des Aufsichtsbezirks waren 614714 (388332) Arbeiter überhaupt und unter diesen 377 170 (363 741) er wachsene männliche beschäftigt. Die erhebliche Zunahme erklärt sich vornehmlich daraus, daß im Berichtsjahre zum ersten Male die Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion bei der Zählung berücksichtigt worden sind. Einen bedeutenden Zuwachs an Arbeitern erhielten die Industrie der Steine und Erden, die Textilindustrie, die Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate und der Metallverarbeitung. Die Zunahme in der Textilindustrie ist zum großen Teil auf die Inbetriebnahme neuer und Vergrößerung bestehender Webereien und Spinnereien zurückzuführen. Die Arbeitszeit immer weiter zu verkürzen, ist auch in diesem Jahre das Bestreben der Arbeiter gewesen, und sie hatten fast in allen Bezirken Erfolg. So wird aus Zittau berichtet: „Die Jutespinnereien und Webereien arbeiten laut Kartellvertrag wöchentlich nur noch 60 Stunden. Die Kleiderfabriken haben ebenfalls durchgängig die 10 ständige Arbeitszeit bereits durch geführt, einige von ihnen arbeiten sogar nur 91/2 und 9 Stunden täglich. In einer größeren Möbelfabrik wird wöchentlich nur noch 56 Stunden gearbeitet und zwar Montags nnd Sonnabends 81/2, an den übrigen Wochentagen 91/2 Stunden." Und der Dresdener Bericht: „In mehreren größeren Be trieben des Bezirks Meißen, in denen schon seit längerer Zeit für die daselbst beschäftigten Arbeiterinnen eine 1 inständige Mittags pause eingeführt worden war, ist diese jetzt auch den Arbeitern gewährt und außerdem die tägliche Arbeitszeit auf 9 Stunden verkürzt worden. Die Arbeitgeber erklärten, daß sich diese Ein richtung als zweckmäßig erwiesen habe und trotz der kürzeren Arbeitszeit beinahe dasselbe geleistet werde, wie vorher bei 10ständiger Arbeitszeit." Beträchtliche Verkürzungen der Arbeitszeit meldet der Leipziger Bericht: „In mehreren Betrieben der Textilindustrie erreichten die Arbeiter die Herabsetzung der bisher 11 ständigen Arbeitszeit auf 101/2 Stunden sowie die Zusage, daß Mitte des kommenden Jahres die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden be schränkt werden soll. Weiter setzten die Steinarbeiter Leipzigs eine Verminderung der täglichen Arbeitsdauer von 91/2 auf 9, die Portefeuillearbeiter von 10 auf 91/2 Stunden, sowie die Arbeiter der Bau- und Möbeltischlereien, der Holzdrechslereien und der Holzbildhauereien eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 54 auf 53 Stunden durch. Dem widerholten Verlangen der Gehilfen nachgebend, beschloß ferner die Ver einigung der Inhaber der lithographischen Anstalten Leipzigs vom 1. Januar 1906 ab für die Lithographen anstelle der bis- her 81/2 ständigen die 8'stündige Arbeitszeit einzuführen. Aus eigener Entschließung setzte endlich der Inhaber einer größeren Maschinenfabrik die tägliche Arbeitszeit von 10 auf 91/2 Stunden herab." Die Sonntagsarbeit ist weiter im Abnehmen begriffen, und zwar wird die Durchführung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe von den Arbeiterorganisationen dadurch nicht un erheblich unterstützt, daß sie bei dem Abschlüsse von Lohntarifen fast durchweg einen beträchtlichen Lohnaufschlag für Sonntags arbeit durchsetzen. Die von den Verwaltungsbehörden im Laufe des Berichts jahres nach Maßgabe des § 105 k Abs. 1 der G.-O bewilligte Sonn- und Festtagsarbeit hat gegenüber dem Vorjahr eine nicht unbeträchtliche Verminderung erfahren; wo dieselbe bewilligt wurde, geschah es zur Verhütung unverhältnismäßigen Schadens, zwecks Einhaltung von Lieferungsfristen behufs Vermeidung von Konventionalstrafen oder wegen außergewöhnlicher Arbeitshäufung. Daß in der Chemnitzer Textilindustrie die Zahl der bewilligten Überstunden eine höhere als im Vorjahre war, findet teils durch den drängenderen Geschäftsgang in einzelnen Industriezweigen, teils durch die Rückwirkung eines vierwöchigen Ausstandes von Färberei- und Appreturarbeitern seine Erklärung, infolgedessen für den Export bestimmte Waren stark im Rückstände geblieben waren, so daß für den Fall weiterer Verzögerung der Lieferungen mit Nichtannahme derselben, Schadenersatzansprüchen oder auch Aufgabe der Geschäftsverbindung gedroht worden war. Die Bestimmungen der Bekanntmachung des Bundesrats vom 9. Dezember 1902, die Einführung von Lohnbüchern für die Kleider- und Wäschekonfektion betreffend, sind bisher nur in wenigen Fällen zur Anwendung gelangt, weil nach gerichtlichen Entscheidungen zahlreiche Werkstätten, in denen Frauen- und Kinderkleider hergestellt werden, nicht als solche anzusehen sind, in welchen die Anfertigung derartiger Kleider im großen erfolgt. Einige Arbeitgeber beklagen sich, daß sie neben dem für ihre im Stücklohn stehenden Arbeiter befindlichen Akkordbuch auch noch Lohnbücher führen sollten, die für sie schwere Opfer an Zeit und Geld erforderten und für die Arbeiter nicht den mindesten Vorteil böten. In vielen Fällen wurde sogar mit Entschiedenheit die Ansicht vertreten, daß Lohnbücher nach dem Wortlaute der Bundesratsbekanntmachung für die Wäschefabriken überhaupt nicht vorgeschrieben wären, und es hat seitens der Jnspektionsbeamten eingehender Aufklärungen bedurft, um die Unternehmer von dem Irrtum ihrer Ansicht zu überzeugen. Wiederum recht lebhaft war die gewerkschaftliche Arbeiter bewegung infolge der anhaltend guten Geschäftslage in ver schiedenen Industriezweigen. So betrug die Zahl der organi sierten Arbeiter Leipzigs über 42 000, die 58 Gewerkschaften angehörten. Die letzteren haben im Jahre 1905 ein eigenes Gewerkschaftshaus bezogen und unterhalten eigene Arbeitsnach weise, sowie das bereits erwähnte Arbeitersekretariat, welches im Laufe des eben bezeichnten Jahres von rund 9500 Personen aufgesucht wurde. Außerdem unterstützen sie Arbeitslose und vertreten bei Lohnkämpfen und Ausständen die Interessen ihrer Mitglieder. Wirtschaftliche Lage der Arbeiter. Das Gesamtbild der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter bevölkerung kann für 1905 als ein günstiges bezeichnet werden. Während des ganzen Jahres herrschte kein Mangel an Arbeits gelegenheit, die Lohnverhältnisse haben sich gebessert; dem gegen über steht jedoch der nachteilige Einfluß der gleichzeitig ein getretenen bedeutenden Verteuerung des Fleisches und anderer Lebensmittel. (Reichsarbeitsblatt N. 10.) Arbeitslosigkeit in deutschen Fachverbänden im 3. Quartal 1906. Auszüge aus den Angaben des Kaiserlich Statistischen Amtes im „Neichs- arbeitsblatt" Nr. 10. Die Aufnahme, welche am 29. September 1906 stattge funden hat (der 30. war ein Sonntag) ist die erste auf Grund des neuen Formulars sowie auf Grund der (neuen Instruktion der Arbeiterverbände, die ihre Mitglieder eindringlich darauf hingewiesen haben, daß sie ihre Arbeitslosigkeit melden sollen, auch wenn sie noch nicht oder nicht mehr unterstützungsberechtigt sind. Man wird nicht annelimen dürfen, daß die hier zu leistende Erziehungsarbeit mit einem Schlage geleistet werden kann und daß die erste Aufnahme daher schon wesentlich vollständiger sein kann als die früheren. Man wird auch diesmal also zu den Ergebnissen einen gewissen Zuschlag machen dürfen, um der Wirklichkeit ganz nahe zu kommen, /man wird aber anderseits hoffen dürfen, das es der Erziehungsarbeit der Arbeiterverbände gelingen wird, den Fehlbetrag, der nicht erfaßt wird, ständig zu verringern. Bedauerlicher Weise s meldet der Deutsche Tabak- arbeiterverband-Bremen, daß er sich an der Statistik in Zukunft nicht mehr beteiligen wolle, „weil trotz vorheriger und mehrmaliger Aufforderung im „Tabakarbeiter" leine Reihe von Zahlstellen