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31 dem Unfall, daß er von der Treppe gestürzt, nichts gesagt. Auch die Anzeige an die Gesellschaft hat der Versicherte erst viel später gemacht, als er dies bestimmungsgemäß hätte tun sollen. Den Grund in dieser Verspätung will der Versicherte damit entschuldigen, daß er die gleich nach dem Unfall aufge tretenen Schmerzen nicht als Folgen des Unfalles angesehen habe. Erst als er von dem Arzt darauf hingewiesen wurde, daß dies von dem Unfall herrühre, habe er eine Unfall-Anzeige erstattet. In dem Prozeß hat das Berufungsgericht die Angaben des Versicherten für erwiesen erkannt und die Gesellschaft zur Zahlung der Versicherungssumme verurteilt. Das Reichsgericht hob jedoch dieses Urteil mit der Bedingung auf, daß es über die Grenzen der Zulässigkeit hinausgehen würde, wenn man den Versicherungsbestimmungen, die besonders darauf Hinweisen, daß in bestimmter Frist ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen ist und ebenfalls der Unfall in bestimmter Zeit angemeldet werden muß, jede Bedeutung versagen würde. Wenn in den Bestimmungen gesagt ist, daß im Falle physischer Unmöglichkeit der Lauf der Fristen erst mit dem Aufhören der Unmöglichkeit beginnen soll, so sind hiermit Unfälle gemeint, deren Folgen so schwer sind, daß sie den Verletzten an der Anzeige verhindern, nicht solche, die wegen der Unbedeutendheit und Nichterkennbar keit ihrer Folgen vom Versicherten unbeachtet bleiben dürfen. Die Witwe des Versicherten erhielt also die Versicherungs summe nicht ausgezahlt. Dieser Entscheidung ist gewiß eine ganz besondere Auf merksamkeit zu widmen. Jeder Versicherte wird erkennen, wie vorsichtig er im Falle auch eines nur anscheinend ganz unbe deutenden Unfalles Verfahren muß, um sich seine Rechtsansprüche gegen die Versicherungsgesellschaft zu wahren. In jedem Falle kann nicht dringend genug empfohlen werden, die Bestimmungen, die in jeder Police enthalten sind, eingehend durchzulesen. Rechts- und Gesetzeskunde. entMel-ung des steiclisgeniclils. rä. Aauf von Maschinen durch einen Vermittler. In einer Gasmotorenfabrik war ein Reiseingenieur als Ver mittlungsagent angestellt, er hatte also lediglich eine das Zu standekommen von Geschäften vermittelnde Tätigkeit auszuüben, während er Abschlußvollmacht nicht besaß. Einst verhandelte er mit einem Kunden wegen Einrichtung einer Gaskraftanlage von 10 Pferdekräften und man einigte sich schließlich auch ganz genau über alle Punkte, insonderheit auch darüber, was die Anlage leisten müßte. Der Ingenieur berichtete seinem Prinzipal über seine mit dem Kunden geführten Verhandlungen, und nun bestätigte der Fabrikant das vermittelte Geschäft an den letzteren, indessen tat er dies nicht schlechthin unter Bezugnahme auf die mit dem Agenten getroffenen Vereinbarungen, sondern er ließ sich von dem Besteller einen Bestellschein unterschreiben, in welchem die Eigenschaften, welche der zu liefernde Motor haben sollte, ganz genau spezifiziert waren. Darüber was die Maschine leisten sollte, besagten die Bedingungen nichts, dafür aber enthielt der Schein einen Passus, wonach die Kontrahenten anerkannten, daß nur die in diesem Vertrage enthaltenen Abmachungen für beide Parteien bindend seien, irgendwelche andere Vereinbarungen aber nicht beständen. — Als die Anlage nun fertiggestellt worden war, hielt sie das nicht, was der Ingenieur seinerzeit mündlich versprochen hatte, und dadurch glaubte sich der Kunde berechtigt, die Zahlung verweigern zu dürfen. Der Fabrikant klagte auf Zahlung des abgemachten Preises, worauf der Besteller einwandte, der Fabrikant habe das Geschäft ohne Vorbehalt bestätigt, folglich habe er sich auch verpflichtet, den Motor so herzustellen, wie der Agent versprochen hatte. Der Vermerk am Schlüsse des Bestellscheines beziehe sich nicht auf dasjenige, was die Maschine leisten solle, sondern nur auf das Material, welches zur Verarbeitung gelangen und auf die Konstruktion, die die Maschine haben sollte. Diese Ansicht hatte auch das Oberlandes gericht Karlsruhe gelten lassen, dem Fabrikanten also unrecht gegeben. — Der mit seiner Klage Abgewiesene legte Revision beim Reichsgericht eitt, und dies gelangte zu einem ihm günstigeren Urteilsspruch. Rechtsirrig ist es, so äußerte sich der höchste Gerichtshof, daß der Fabrikant das von seinem Agenten lediglich vermittelte Geschäft ohne Vorbehalt angenommen hat. Es ist doch zu bedenken, daß der Ingenieur gar keine Abschluß vollmacht besaß, und daß sein Geschäftsherr sich im vorliegendem Falle noch besonders durch den fraglichen Vermerk am Schlüsse des Bestellscheines dagegen geschützt hat, daß ihm etwa noch weitergehende Verpflichtungen als die in den Bedingungen fest gelegten, bezüglich der zu liefernden Anlage auferlegt würden. Die fragliche Zusicherung des Agenten kann daher keinenfalls als vereinbarte Abmachung gelten. Die Vorinstanz hat es auch an jeder Ausführung darüber fehlen lassen, aus welchen Gründen sie den beklagten Besteller zu der Annahme für be rechtigt hielt, daß sich der in Rede stehende Passus nur auf das Material und die Konstruktion der Maschine beziehen solle. Mit Recht, so behauptete der Fabrikant, war eine genauere Be gründung der Berechtigung dieser Annahme geboten, denn der klare Wortlaut des Bestellscheines und des Bestätigungsschreibens standen mit einer solchen Annahme ja nicht in Widerspruch, und vor allen wird es bei der Beurteilung von irgendwelchen Abmachungen zwischen Kontrahenten immer darauf ankommen, was schriftlich festgelegt wurde. — Demgemäß war das an- gefochtene Urteil aufzuheben und die Sache selbst behufs noch maliger Prüfung, unter gebührender Berücksichtigung der er wähnten Umstände in die Vorinstanz zurückzuverweisen. (Nachdruck verboten.) Hnlscliei-rmg des 0be?landgepickls Sluttgark. rä. Bilden die Betriebskosten eine „Eigenschaft" der Maschine? Ein Industrieller hatte von einem Maschinen fabrikanten eine Maschine gekauft. Bei der Benutzung derselben stellte sich heraus, daß die Betriebskosten viel höher waren, als der Käufer es sich gedacht hatte, und demgemäß verlangte er von dem Fabrikanten Rücknahme der Maschine, indem er geltend machte, auf den vorliegenden Fall habe Z 119 des Bürgerl. Gesetzb. Anwendung zu finden, wonach derjenige, welcher sich bei Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum befand, seine Erklärung anfechten kann, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Als Irr tum über den Inhalt einer Erklärung, so besagt der erwähnte Paragraph weiter, gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. — Danach, so meinte der Käufer der Maschine, müsse das Ge schäft unbedingt als rechtsungültig angesehen werden, denn nie mals hätte er sich zu dem Erwerb der Maschine entschlossen, wenn er hätte ahnen können, daß die Betriebskosten so hohe seien, das von einem rationellen Betriebe bei ihm gar keine Rede mehr sein könne. — Das Oberlandesgericht Stuttgart hat diese Anschauung des Käufers der Maschine nicht gelten lassen. Richtig ist es ja, daß die Betriebskosten einer Maschine sehr wohl den Gegenstand einer Zusicherung bilden können. Hat der Maschinenfabrikant eine solche Versicherung abgegeben und stellt sich später heraus, daß sie unrichtig ist, so hat gemäß Z 463 des Bürgerl. Gesetzb. der Käufer das Recht, Rückgängigmachung des Kaufes oder Preisminderung zu verlangen. — Anders liegt der Fall doch aber hier: Der Verkäufer hatte gar keine Zusicherung der fraglichen Art gegeben; dafür aber, daß der Käufer der Meinung gewesen ist, die Betriebs kosten würden eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, ist un möglich der Maschinenfabrikant verantwortlich zu machen. Eine derartige Auslegung läßt sich dem oben erwähnten K 119 des Bürgerl. Gesetzb. unmöglich geben. Das würde nur dann mög lich sein, wenn unter „wesentlicher Eigenschaft" einer Sache eine solche zu verstehen wäre, die für die Entschließung der Vertrag schließenden erheblich wäre. — Eine derartige Anschauung kann aber nicht als richtig angesehen werden. Wollte das Gesetz die „wesentlichen Eigenschaften" einer Sache, d. h. die im Verkehr allgemein als wesentlich anerkannten, den „gebrauchserheblichen" gleichstellen, so wäre dies sicher im Z 119 zum Ausdruck ge bracht worden. Man muß doch auch bedenken, zu welchen Konsequenzen es führen würde, wenn die Anschauung des Käufers der Maschine allgemeine Geltung erlangte. Jeder Käufer könnte ja dann jedes Geschäft mit der Behauptung anfechten, er habe