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242 Erfahrungen aus der Betriebspraxis. Bemerkenswerte Rohrbriiche. (Verhütung bedeutender Unglücksfälle durch Rohrbruch-Ventile). Bruch eines Ablaßstutzens. In einem Kesselhause der bekannten Seifenfabrik der Firma G. Schicht, A.-G. in Aussig ereignete sich im Dezember 1906 ein bemerkenswerter Unfall. Das Kesselhaus, dessen Grundriß in Fig. 1 gezeichnet ist, enthält drei Dampfkessel, welche die Lokationsnummern 5, 6 und 7 führen. Am 2. Dezember vorigen Jahres brach gegen 1/24 Uhr morgens aus unaufgeklärter Ursache plötzlich der gußeißerne Ablaßstutzen des Unterkessels am Dampfkessel Nummer 7. Dieser Kessel besteht aus einem Zylinderkessel und einem darüberliegenden Feuerröhrenkessel; er besitzt doppelten Dampfraum, hat 178 gm Heizfläche, ist für 10 Atm. konzessioniert und dient mit den beiden gleichen Kesseln Nummer 5 und 6 zum Betriebe einer elektrischen Licht zentrale, hat aber außerdem noch Dampf für Kochzwecke zu liefern. An die 300 mm weite Dampfsammelleitung ist er mittels einer 150 mm weiten Verbindungsleitung angeschlossen. Ungefähr 15 Minuten vor dem Unfälle hatte einer der Wärter den Kessel abgeblasen, ohne an dem Stutzen irgend etwas Bedenkliches wahrzunehmen. Die Spannung betrug zirka 10 Atm. Der Bruch des Stutzens erfolgte mit weithin hörbarem Geräusche. Das aus dem Unterkessel strömende heiße Wasser überschwemmte den Boden und nötigte das Personal zur Flucht. Nach ungefähr 10 Minuten war es jedoch wieder möglich, in das Kesselhaus einzudringen. Die Wärter beeilten sich, das Kesselplateau zu erreichen, um das Dampfventil des Kessels Nummer 7 zu schließen und so das weitere Ausblasen der Kessel Nummer 5 und 6 zu verhüten. Jetzt zeigte es sich jedoch, daß das am Kessel befindliche, beiderseits wirkende Rohrbruch ventil, Patent Hübner L Mayer, diese Arbeit bereits besorgt hatte. Die Kessel Nummer 5 und 6 standen noch unter voller Spannung, der Betrieb konnte ohne Unterbrechung weitergeführt werden. Nach dem Bruche des Stutzens strömte zuerst das im Unterkessel enthaltene Wasser aus, hierauf begann der Dampf aus den miteinander verbunden Dampfräumen des Ober- und des Unterkessels rasch zu entweichen und entsprechend der sinkenden Spannung Dampf aus der Leitung in den schadhaften Kessel überzuströmen. In diesem Momente dürfte der Schluß des Rohrbruchventiles erfolgt sein. Das prompte Funktionieren desselben ist um so bemerkenswerter, als die durch den Unfall entstandene Oeffnung nur einen Querschnitt von rund 20 gom hatte. Die Dimensionen des gebrochenen Ablaßstutzens sind aus Fig. 2 zu entnehmen. Der Stutzen hatte in allen Teilen genügende Wandstärke, auch die Bruchfläche Fig. 3 zeigte überall gesundes Material und, von einer ganz kleinen Pore in der Rippe abgesehen, keinen Fehler. Der Stutzen diente lediglich als Ablaßstutzen und war mit der gemeinsamen Ablaßleitung durch ein 8-förmiges Schmiedeeisenrohr verbunden, so zwar, daß die Verbindung eine gewisse Elastizität besaß. Diese Umstände zeigen deutlich, wie berechtigt das Mißtrauen gegen alle gußeisernen Bestandteile eines Dampfkessels ist. A. E. Fröhlich Inspektor der Dampfkesseluntersuchungs- und Versicherungs- Gesellschaft in Wien. Zwei Brüche in einer Dampfleitung. . Im neuen Kesselhause der Brauerei Brüder Reininghaus in Graz, in welchen derzeit vier Kessel von je rund 120 gm Heizfläche und 8 Atm. Betriebsspannung vorhanden sind, ist die Hauptdampfleitung von dem Kesselplateau nach abwärts zu. einem gußeisernen Dampfverteiler geführt, der sich unterhalb des Heizerstandes in dem ziemlich geräumigen Schlackentransportkanale befindet. Von diesem Dampfverteiler aus führen die Dampf leitungen in einem unterirdischen Kanäle von geringeren Abmessungen in Breite und Höhe, aber bedeutender Länge, zu den einzelnen Verbrauchsstellen des Dampfes. Am 18. August 1906 war ein Kesselwärter eben dabei, ein an dem Dampfverteiler befindliches Ventil zu öffnen, um die daranschließende Leitung zur Faßbrücke unter Dampf zu setzen, Fig. 4. als im Dampfverteiler rasch hintereinander scharfe Schläge auf traten und gleich darauf der linke 30 mm starke Deckel des 250 mm weiten zylindrischen Verteilers in Trümmer ging. Der Deckel war in drei Teile zersprungen, die jedoch nicht fort geschleudert wurden, sondern an den sich verziehenden Schrauben hängen blieben. Sofort wirkten die vier Rohrbruchventile, Patent Hübner L Mayer, die an den vier Kesseln als Hauptdampfventile eingebaut sind. Sie sperrten die Kessel im Momente der be ginnenden Dampfausströmung an der Bruchstelle, welche von den beanspruchten Ventilen 23, 28, 43 und 46,5 m entfernt ist, augenblicklich von der Leitung ab. Dieser raschen und sicheren Wirksamkeit der Rohrbruchventile ist es zu danken, daß der am beschädigten Dampfverteiler hantierende Mann, sowie ein zweiter, im nebenan befindlichen Kohlenraume beschäftigter Arbeiter ohne jede Verbrühung davonkamen. Die Ursache dieses Betriebsunfalles war zweifellos ein Wasserschlag im Dampfverteiler, der bei seiner tiefen Lage in der Leitung keine ausreichende Entwässerungseinrichtung besaß. Wenige Tage später, am 24. August, riß in dem oben erwähnten unterirdischen Rohrleitungskanale ein Dampfrohr aus Kupfer von 175 mm l. W. und 3,5 mm Wandstärke knapp neben der Lötnaht in einer Länge von 2050 mm auf, wobei es sich, wie Fig. 4 zeigt, flach aufrollte. Die Entfernung der Bruchstelle vom Kesselhause beträgt, längs der Dampfleitung gemessen, 110 m. Wieder traten die Rohrbruchventile auf den Kesseln in Tätigkeit und schlossen sofort ab. Und diese exakte Leistung der Rohrbruchventile rettete diesmal zwei Menschenleben. In dem engen Rohrkanale, wenige Meter von der Bruchstelle entfernt, arbeitete ein Isolierer an der Verkleidung der Dampf leitung nnd ein Elektriker legte ein Telephonkabel neben den Leitungen. Beide wären in dem schmalen Kanäle, der eine rasche Flucht nicht gestattet, wahrscheinlich tödlich verbrüht worden,