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231 mit Gleichstrom zulassen. Dies ist besonders in denjenigen Fällen wichtig, wo eine Einphasen-Fernbahn innerhalb des Weich bildes großer Städte Geleise und Leitungen einer mit Gleich strom betriebenen Stadt- oder Vorortbahn befährt. Durch die Einführung und Vervollkommnung des Kollektor motors eignet sich die Technik elektrischer Bahnen manche Charakterzüge an, in welchen die Dampfbahnen bis jetzt eine entschiedene Ueberlegenheit zeigten. Die früheren elektrischen Bahnsysteme haben kleine Zugs einheiten und möglichst häufige Zugsfolge anstreben müssen, um ihren Anlagen eine gute Rentabilität zu sichern; eine Bedingung, welche bei reinem Personenverkehr zur Bequemlichkeit der Reisenden leicht durchzuführen, bei einigermaßen gesteigertem Güterverkehr dagegen unerfüllbar ist. Die Einphasenbahn, die, wie gezeigt, dem Kollektormotor nicht direkt ihre Lebensfähigkeit verdankt, sondern durch den Kollektormotor befähigt wird, ihre sonstigen hervorragenden Eigenschaften voll zur Geltung zu bringen, ist so gut wie keinerlei betriebstechnischen Einschränkungen unter worfen und zeigt durch ihre erst nach wenigen Jahren zählende Geschichte, daß sie die Fernbahn der Zukunft ist. Sie gestattet nämlich die Umwandlung von Dampfbahnen in elektrische unter Wahrung der Rentabilität. O-x-s. Die Ausnützung kleiner Wasserkräfte. (Nachdruck verboten.) -LH. Während man vor etwa einem Vierteljahrhundert die Wasserkraft nur mittels umständlicher Wellen-, Seil- oder Riemenübertragung auf geringe Entfernungen nutzbar machen konnte, hat die Entwicklung der Elektrizität und mit ihr die der elektrischen Kraftübertragung seither Gebiete für die Ausbeutung der Wasserkräfte eröffnet, von denen man noch vor 20 Jahren kaum träumen konnte. Es ist nur zu selbstverständlich, daß in der ersten Periode der Entwicklung das Großkapital den Löwen anteil an den heute als monumental bewunderten Gründungen hatte, war doch das Risiko, mit welchem die Neuheit der Sache verbunden war, von kleinen Leuten schwer zu tragen. Es wäre jedoch nicht richtig, anzunehmen, daß, nachdem nun die großen Unternehmungen dieser Art nicht mit mehr oder weniger Erfolg ins Leben gerufen worden sind, die noch übrig bleibenden natürlichen Wasserkräfte wegen ihrer Geringfügigkeit so klein sind, daß ihre Ausnützung nicht mehr des Schweißes der Edlen wert ist. Zur Zeit der ersten Gründungen hydro-elektrischer Anlagen war man allerdings vielfach der Ansicht, daß nun der erste beste Gebirgsbach aufzusuchen, ein Wasserrad mit Dynamo hineinzustellen und für die erzeugte Energie ein Absatzgebiet zu finden ist, um den Eigentümer der „Wasserkraft" ein sorgloses Leben oder zumindest ein ansehnliches Einkommen zu sichern. Auch heute findet man noch gebildete Laien, die gleich eine Wasserkraft in Vorschlag bringen möchten, wenn es heißt, die teuren Kohlen machen dieses oder jenes Unternehmen wenig rentabel und denken, daß mit dem Fortfall der Kohlenkosten bei der Wasserkraftanlage alle Fragen der Wirtschaftlichkeit mit einem Schlage gelöst sind. Sie beachten nicht, daß die Anlagekosten eines Wasserkraftwerkes gewöhnlich nur zu einem ganz geringen Teil in dem Krafthause selbst liegen und daß oft ungezählte Tausende in Bauten unter Wasser aufgebraucht werden, die dann, weil nicht unmittelbar zu sehen, dem oberflächlichen Beobachter leicht entgehen. Obschon nun die Wirtschaftlichkeit der Wasserkraftanlagen in vielen Fällen an übergroßen Wasserbaukosten scheitert, ist es nicht zu leugnen, daß andererseits viele kleine Wasserkräfte, welche dem gründenden Großkapital nicht wichtig genug erscheinen, beachtenswerte Objekte für kleinere Industrielle darbieten. Für die Bewertung einer solchen Wasserkraft diene zur allgemeinen Orientierung, daß ein Gefälle von nur 6 in und eine Wassermenge von 100 obni in der Minute ungefähr 100 Pferdekräfte ergibt. Das hierzu erforderliche Wasserrad (Turbine) wird kaum mehr als 0,5 in Durchmesser haben. Bei 25 in Gefälle gibt ein Rad von nur 250 mm Durchmesser die genannte Leistung schon bei 25 obm Wasser in der Minute und so nimmt die für eine gegebene Leistung erforderliche Betriebswassermenge mit zunehmen dem Gefälle ab, bis bei einem Gefälle von 600 m jedes Minutenliter Wasser eine Kraft von einer Pferdestärke repräsentiert. Ein Bächlein genügt da schon, um die Ausbeutung der Wasser kraft zu einem einträglichen Geschäft zu machen. Wenn nun Wasserläufe mit so großen Gefällen, wie das letztgenannte, in Europa zu den Seltenheiten gehören, so sind die mittleren Gefälle um so häufiger, und wenn auch die Fassung des Wassers, d. h. die Konzentrierung des Gefälles auf einen Punkt, wo das Kraftwerk errichtet werden soll, manche Schwierig keiten bietet, so ist doch zu beachten, daß mit der fortschreitenden Technik auch diejenigen Wasserkräfte oft mit Nutzen dienstbar gemacht werden können, an deren Ausbau man vor einem Jahr zehnt, bei unvollkommeneren technischen Mitteln nicht ernstlich denken konnte. Die Kraftübertragung Laufen-Frankfurt a. M., die man am Anfang der 90er Jahre als ein Weltwunder betrachtete, ist heute schon von vielen Anlagen übertroffen, weil eben die Kraftübertragungstechnik seither enorme Fortschritte gemacht hat. Das gleiche gilt auch für kleinere Anlagen und dies ist der Grund, daß heutzutage Wasserkräfte entdeckt und ausgenützt werden, von welchen der Statistiker und der Landmesser seinerzeit nicht einmal Notiz nahmen. Eine verhältnismäßig neue Art der Wasserkraftausbeutung besteht in dem Bau der Talsperren. Besonders bei Wasserläufen, deren Wassermenge gewaltigen Schwankungen unterworfen ist, verdient diese Art der Wasserkraftwerke Beachtung. Durch Er richtung der Talsperre wird ein Becken geschaffen, in welchem das gestaute Wasser aufgespeichert und sein Ablauf geregelt wird. Bevor man nun an die Möglichkeit eines solchen Talsperrenbaues denkt, sind zwei Faktoren mit praktisch möglicher Genauigkeit festzustellen. Erstens, wieviel Wasser man als ein sicheres Maximum aufspeichern kann. Dadurch erhält man das Höchst maß für die Anlage vermöge der geographischen Lage. Diese Frage ist eine rein wassertechnische bezw. geologische, während die zweite Frage, nämlich die nach der Nutzbarmachung des Baues, eine finanziell-kaufmännische ist. Sind die Aussichten so günstig, daß ich die ganze verfügbare Wassermenge in Gestalt von elektrischer Energie in absehbarer Zeit zu einem guten Preise verkaufen kann, so ist das Geschäft das denkbar beste, soweit es die natürlichen Verhältnisse erlauben. Sehr ungünstig kann es jedoch ausfallen, wenn die Talsperre für die größtmögliche Wasserfassung ausgebaut wird, ohne daß ein Bedarf nach Kraft vorliegt. Denn hier gilt wieder die Bemerkung, daß die Wasser bauten weit mehr Kosten verschlingen, als die eigentliche maschinelle Einrichtung, ja sehr oft mehr als Gebäude, Maschinen und Verteilungsleitung zusammen, wenn durch Schaffung des Stau beckens bewohnte Gebiete überschwemmt und zu diesem Zwecke kostspielige Enteignungen bewirkt werden müssen. Möglichst gering sollte man, wenn es irgendwie geht, die Entfernung zwischen Talsperre und Krafthaus halten, da die Kosten der Wasserzuleitung sonst zu hoch ausfallen und außerdem die Bewachung und Instandhaltung der Rohre, besonders bei hohen Gefällen, große Betriebskosten verursacht. Wenn die Kosten des ganzen Baues, bezogen auf die erzeugte Pferdestärke, nicht höher als etwa 400 Mark werden, so kann man schon mit einer annehmbaren Verzinsung des angelegten Kapitals rechnen. Werden die Kosten bedeutend höher, so berechnet sich der Preis für die erzeugte bezw. verkaufte Energieeinheit so teuer, daß an einen Absatz kaum zu denken ist. Für eine überschlägige Rechnung kann man die Maschinen (Turbinen und Dynamomaschinen) mit 100—120 Mark ansetzen, wenn keine Transformatoren benötigt werden. In dieser Zahl sind auch alle Zubehörteile, wie Regulier- und Schaltapparate, eingeschlossen. Schwieriger ist es, für die Schätzung des Gebäudes und der Fernleitung allgemeine Zahlen zu geben, da hierbei die lokalen Verhältnisse eine große Rolle spielen. Nicht zu übersehen ist bei einer allgemeinen Kostenaufstellung, daß in vielen Fällen, wo die Anlagekosten zur Befriedigung, also nicht zu hoch ausgefallen sind, die Kosten für die Wartung auf einmal einen Strich durch die Rechnung machen. In der Tat bedeuten die Wartungskosten für kleinere Anlagen eine schwerwiegende Belastung: man hat nämlich mit drei ständig angestellten Arbeitern, ohne die für Gelegenheitsarbeiten erforder lichen Hilfskräfte, zu rechnen. Dieses ist das Mindestmaß und repräsentiert mindestens 7—8000 Mark im Jahr, also bei einer I 100-Kilowattanlage etwa 80 Mark auf das Kilowatt gerechnet.