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230 Aus dem Gesagten ist klar zu ersehen, daß die Abschmelz sicherungen nicht genügenden Schutz für eine größere Dynamomaschine oder einen größeren Elektromotor bieten, sondern daß hierzu automatische Maximalausschalter entschieden geeigneter sind. Allerdings haben diese den Schmelzsicherungen gegenüber den Nachteil, daß sie, einmal für eine bestimmte Stromstärke eingestellt, auch bei nur geringen und vielleicht nur augenblicklich eintretenden Ueberschreitungen dieser Stromstärke sofort — mitunter also unnötigerweise — den Strom unterbrechen. Um auch diesem Umstande Rechnung zu tragen, werden in neuerer Zeit sogenannte Zeitrelais gebaut, das sind Vor richtungen, die bei eintretender Ueberlastung einer Dynamomaschine bezw. eines Elektromotors nicht das sofortige Ausrücken des Maximalausschalters bewirken, sondern erst, nachdem ein bestimmter Strom eine gewisse einstellbare Zeit lang vorhanden gewesen ist, die Stromunterbrechung bewirken. Ueber Sicherungen läßt sich der Bericht wie folgt aus: Es ist eine bekannte Tatsache, das die vorgeschriebenen Sicherungsschmelzkörper in vielen Fällen, wenn sie aus irgend einer Ursache durchschmelzen, aus Bequemlichkeit, Unwissenheit oder falscher Sparsamkeit durch beliebige Metalleinsätze ersetzt werden. Na- 1. Fig. Trotz unserer vielen Hin weise auf die Unzulässigkeit und Gefährlichkeit dieses Vorgehens konnten wir die Unsitte in den von uns über wachten Anlagen noch nicht vollkommen beseitigen. Nicht selten treffen wir sogar Nach ahmungen solcher Schmelz körper, die so geschickt und täuschend ausgeführt sind, daß das Erkennen dem Prüfenden sehr erschwert wird. DieplumpeFormeines aus Blei selbstgefertigten Schmelz einsatzes (Fig. 1) ist heutzutage so ziemlich verschwunden. An ihre Stelle treten aber Nach ahmungen z. B. nach (Fig. 2). Hier ersetzte man mit einem nicht unerheblichen Zeitaufwand die durchgeschmolzenen Silber drähte durch einfache Kupfer drähte und vernietet diese auch noch hübsch. Wenn die Sicherung nunmehr auch ihren Zweck als solche nicht mehr erfüllt, so erreicht ihr Urheber doch, daß die Täuschung kaum auf den ersten Blick entdeckt wird. In Fig. 3 und 4 sind zwei Schmelzpatronen abgebildet, die in künstlicher Weise „unschädlich" gemacht wurden, d. h. ihr „lästiges" Durchschmelzen wurde nach Möglichkeit vermieden oder wenigstens hinausgeschoben. Die beiden Kontaktringe sind hier durch einen außen verlaufenden Kupferdraht verbunden, und zwar ebenfalls mühsam verlötet. Da die Patronen in Hülsen stecken und nur die obere Kontaktfläche bei abgenommenen Deckel sichtbar wird, so ist auch hier die Täuschung ziemlich gut gelungen. Fig. 3. Fig. 4. Noch weit besser ist jedoch einem findigen Maschinisten der Ersatz für durchgeschmolzene Stöpselsicherungen gelungen. Den ganzen Jnnenraum des Sicherungsstöpsels, der sonst nur den Schmelzdraht, umgeben von Gips oder Sand, enthält, hat er mit Blei ausgegossen. Nur das ungewöhnliche Gewicht verriet dem revidierenden Beamten das Kunststück. Die Zahl derartiger Verstöße hat sich — wenigstens bei den unserer Ueberwachung unterstellten Anlagen — im Laufe der letzten Jahre wesentlich vermindert, trotzdem wollten wir auch an dieser Stelle auf die schlimmen Folgen, die derartige „Sicherungen" für eine Anlage haben können, Hinweisen. Elektrischer Bahnantrieb mit einphasigem Wechselstrom. Nachdruck verboten. (Schluß.) Es liegt der Gedanke nahe, die Vorzüge des Dreh- und Gleichstromsystems derart zu vereinigen, daß man die elektrische Energie mittels Drehstromes überträgt und im Bereiche der Verwendungsstelle den Drehstrom in Gleichstrom umgeformt, diesen den Motoren zuführt. Dieser Gedanke ist bei vielen amerikanischen Bahnlinien auch verwirklicht worden; daß jedoch dieses gemischte System auch in Amerika nicht als eine endgültige Löjung der Fernbahnfrage betrachtet wurde, beweist die Tatsache, daß seit der erfolgreichen Einführung des Einphasensystems schon einige ältere Bahnen gemischten Systems in Einphasenbahnen umgebaut werden. Was der Verbreitung des gemischten Systems hindernd im Wege steht, ist eben die Notwendigkeit einer Um formung des Drehstromes in Gleichstrom. Der Betrieb des Umformers erfordert, da er eine rotierende Maschine ist, eine ständige Bedienung durch geschultes Personal und kann nicht dem Bahnwärterpersonal anvertraut werden, im Gegensatz zu den Transformaterstationen des reinen Drehstromsystems, welche so gut wie keinerlei Bedienung bedürfen. Außer den bedeutenden Anschaffungskosten der Umformer belasten also Betriebsmaterial- kosten und hohe Arbeitslöhne die Rentabilität der Bahnen ge mischten Systems. Die Erfahrungen, welche man mit den erwähnten Systemen gemacht hat, haben also auf eine ziemlich eindeutige Weise die Hauptmerkmale eines besseren Systems, des Bahnsystems der Zukunft präzisiert. Diese sind: 1. Möglichkeit der Trans formierung in einfachen, ruhenden Apparaten, welche keine Wartung erfordern (Wechselstrom). 2. Stromzuführung zu den Wagen nur durch einen Draht (einphasiger Wechselstrom). 3. Ein Motor mit ebenso guten Eigenschaften wie der Gleichstrommotor mit Hauptschlußwicklung. Die ersten beiden Postulate erfüllte schon vor mehreren Jahren eine Kombination, bei welcher der Stromabnehmer des Wagens hochgespannten Einphasenstrom aus der Fahrleitung nahm und diesen Strom ein rotierender Umformer im Innern des Wagens, der nun meistens den Charakter einer elektrischen Lokomotive trägt, in Gleichstrom umwandelt. Diese Lokomotive ist also eine rollende Umformerstation, welche den Motoren an den Achsen Gleichstrom zuführt und bietet gegenüber dem System mit stationären Umformerstationen den Vorteil verringerter Zu leitungsverluste und Arbeitslöhne, indem der Lokomotivführer gleichzeitig mit der Bedienung des Umformers betraut wird. Ein großer Fehler der Einphasenbahn mit rollender Um formerstation ist, daß sie im Interesse des Gleichstrommotors ein dreifaches Maschinenaggregat, bestehend aus Einphasenmotor, Gleichstromerzeuger und Gleichstrommotor, mit auf die Lokomotive zu nehmen gezwungen ist und dadurch das Gewicht der Zug einrichtung vergrößert. Erst seit einigen Jahren, nachdem es gleichzeitig mehreren Konstrukteuren gelungen ist, einen Einphasenmotor zu bauen, welcher alle Vorzüge des Gleichstrommotors hat, ist für die Weiterentwicklung der Einphasenbahnen und somit der elektrischen Fernbahnen überhaupt eine feste Grundlage geschaffen. Dieser Motor ist der heute schon von fast allen Elektrizitätsfirmen ge baute einphasige Kollektormotor. Er unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Einphasenmotor nur insofern, als er anstelle der Schleifringe einen Kollektor nach Art der Gleichstrommotoren an dem rotierenden Teil trägt, durch welchen niedriggespannter Wechselstrom dem Anker zugeführt wird. Ohne nun auf die verschie denen Konstruktionen des Kollektormotors näher einzugehen, soll hier nur als eine Eigentümlichkeit desselben hervorgehoben werden, daß die meisten Ausführungsarten auch einen Betrieb des Motors