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220 einfachste Art beliebig bemessen. Der Luftzwischenraum zwischen Anker und Magnetpolen kann unbeschadet der guten Eigenschaften des Motors reichlich groß gemacht werden, um den mechanischen Bedingungen, welche die Eigenart des Traktionsbetriebes an den Motor stellt, in einwandsfreier Weise zu genügen. Die Eigenschaft aber, welche den Gleichstrommotor zu einem Bahn motor xar sxoollsnos macht, ist seine Regulierbarkeit in bezug auf die Geschwindigkeit ohne Einbuße an Wirtschaftlichkeit in der Ausnützung der zugeführten Energie. In der Tat sinkt der Wirkungsgrad des Gleichstrommotors bei reduzierter Ge schwindigkeit nur um 2—4 Prozent gegenüber der normalen Geschwindigkeit; außerdem entwickelt der Motor, ohne reguliert zu werden, also ganz selbsttätig, eine umso bedeutendere Zugkraft, je langsamer er läuft, ohne dabei erheblich mehr Energie für die erhöhte Zugkraft zu verbrauchen. Diese letztere Eigenschaft ist besonders mit Rücksicht auf das Anfahren sehr wertvoll und fällt bei Straßen- und Vorortbahnen, bei denen häufiges An fahren charakteristisch ist, zum Vorteil des Gleichstromsystemes ins Gewicht. (Fortsetzung folgt.) Unfälle beim Kesselreinigen. Als seinerzeit bei uns ein neuer Dampfkessel aufgestellt wurde, hatte der Kessellieferant es unterlassen, zwischen Rück schlagventil und Kessel ein Abschließventil einzubauen. Der Kessel-Inspektor entdeckte diesen Mangel aber schon bei der ersten äußeren Revision und reklamierte ganz energisch einen solchen Abschluß am Kessel. Der Heizer hatte zwar schon vorher ein solches Ventil verlangt, aber man gab ihm zur Antwort, ein solches Ventil gehöre nicht zur Garnitur eines Kessels und muß, wenn verlangt, extra bezahlt werden. Wie notwendig aber oft ein solches Ventil ist, sahen wir in einer großen Fabrik mit fünf Kesseln, deren jeder über 100 in 2 Heizfläche hatte. Diese fünf Kessel werden im Laufe eines jeden Jahres der Reihe nach der Reinigung unterworfen, so daß auf jeden Kessel und Jahr vier Reinigungen entfallen. Zu dieser Arbeit ist speziell immer der gleiche Mann bestimmt, der fast auch das ganze Jahr damit zu tun hat, um diese komplizierten Kessel zu reinigen. In der Zwischenzeit muß er dem Reparateur beim Ein schleifen der Ventile und beim Verpacken der Flanschen behilflich sein. Zuweilen überließ der Reparateur auch dem Kesselreiniger eine Arbeit, die zwar auch zur Bereitstellung des Kessels gehört, aber diese Ueberweisung von Reparaturarbeiten an den Kessel reiniger hörte infolge eines Unfalles mit einem Male auf. Einer der Kessel war schon so weit betriebsbereit, nur das Rückschlags ventil sollte noch eingeschliffen werden. Um dem Reparateur ein wenig vorzuarbeiten, wurde der Kesselreiniger beordert, vor läufig die Flanschen des Rückschlagsventiles loszuschrauben. Auftragsgemäß machte der Mann eine Schraube nach der andern los, aber plötzlich wurde der Deckel zur Seite geschleudert und ein armdicker Heißwasserstrahl schoß gegen das Kesselhausdach. Der eben auf die 4 w hohe Kesselmauerung kletternde Reparateur sah gerade noch, daß der Kesselreiniger ein Rückschlagsventil von einem Kessel, der im vollen Betriebe stand, losgelöst hatte, statt dasjenige vom leeren Kessel, mußte aber mit diesem sofort den Rückzug antreten, weil sich das Kesselhaus mit Dampf füllte. Der Heizer ergriff die Flucht und wegen dem großen Feuer auf dem Roste stand der Kessel in Gefahr, zum mindesten ausgeglüht zur werden, folglich mußte selbst unter Lebensgefahr das Ventil zwischen Rückschlagsventil und Kessel geschlossen werden. Der Reparateur, ein erfahrener Mann, nahm daher kurz entschlossen eine Kiste über den Kopf und mit gut verbundenem Gesichte und Händen trat er den gefährlichen Weg an. Er kannte die Einrichtungen auf den Kesseln wie seine Tasche, darum gelang es ihm auch, an das zu schließende Ventil heran zu kommen und ohne Schaden zu nehmen, dasselbe zu schließen. Es war aber auch höchste Zeit gewesen, denn der Oberkessel war bereits vorn entblößt und in den nächsten fünf Minuten hätte er ausgeglüht sein können, so lesen wir >im „Dampf", Andelfingen, welcher auch noch folgendes Vorkommnis berichtet. — In einer andern Fabrik ereignete sich auch nach dem Kessel reinigen ein Unfall, der nur der Verständnislosigkeit eines Hilfs arbeiters zuzuschreiben war. Einer der Kessel war gereinigt worden und es sollte nun noch die Speiseröhre, die beide Kessel verbindet, ausgebürstet werden. Zu diesem Zwecke mußte man drei Flanschen lösen und zwar eine an jedem Speisekopf und die dritte an der hier angeschlossenen Hochdruckwasserleitung. Der Maschinist bezeichnet dem Gehilfen, welche Flanschen gelöst werden müssen und begab sich in das Maschinenhaus, um dort unterdessen eine andere Arbeit auszuführen, lieber eine Weile berichtete der Gehilfe, es komme Wasser aus der Röhre. Der Maschinist gab zur Antwort: natürlich wird Wasser aus der Röhre fließen, aber nur so viel, als die Röhre enthält, und nicht mehr. Nach ein paar Minuten ries der Gehilfe wieder: es läuft aber viel Wasser aus der Röhre, der ganze Kessel sei überschwemmt und er sei bereits ganz naß. Nun erst wurde der Maschinist aufmerksam, stieg auf den Kessel und sah das Malheur. Der Gehilfe hatte die Flansche hinter dem Hochdruckwasserventil, statt diejenige vor demselben losgeschraubt und nicht darüber nach gedacht, als das Wasser mit Druck auszutreten begann, daß die Röhre nicht so viel Wasser enthalten könne. Diese Ueber- schwemmung veranlaßte dann eine Untersuchung der Abdeckung des Kessels ohne Oberzug und es stellte sich heraus, daß die ganze Isolierschicht bis auf den Kesselmantel durchnäßt war, man fand sogar Wasser im Unterzuge. Es blieb also, wollte man den Kessel vor dem Rosten schützen, nichts anderes übrig, als die nasse Asche fortzuschaffen und den Kessel einstweilen in ab gedecktem Zustande in Betrieb zu nehmen, bis er und das Mauerwerk trocken war. Erst nach einigen Tagen konnte man den Kessel wieder vollständig eindecken. Dieses gedankenlose Arbeiten eines Gehilfen hatte eine Arbeit für mehrere Tage verursacht, oder wenn man den Kessel nicht getrocknet hätte, wäre man der Gefahr ausgesetzt gewesen, es werde die Kesselschale verrosten. Ueber die frühzeitige Uebernahme des Heilverfahrens durch die Berufsgenossenschaften. Die Pflicht der Versicherungsträger der Unfallversicherung zur Entschädigung eines Verletzten beginnt gesetzlich in der Regel erst mit der vierzehnten Woche nach Eintritt des Unfalls. Bis zu diesem Zeitpunkte liegt die Fürsorgepflicht gewöhnlich der Krankenkasse ob. Die Berufsgenossenschaften sind jedoch mit Rücksicht auf ihre später eintretende Verpflichtung, selbst das Heilverfahren fortzusetzen und je nach dem Grade der Unfallfolgen dem Verletzten eine Rente zu gewähren, wesentlich daran beteiligt, daß die Folgen des Unfalls schon in den ersten dreizehn Wochen, der sogenannten Wartezeit, durch ein rechtzeitiges und wirksames Heilverfahren nach Möglichkeit behoben oder gemildert werden. Die Berufsgenossenschaften sind deshalb durch § 76o des Kranken versicherungsgesetzes in Erkrankungsfällen, welche durch Unfall herbeigeführt werden, für berechtigt erklärt worden, schon innerhalb der ersten dreizehn Wochen das Heilverfahren auf ihre Kosten zu übernehmen. Ein besonderer Anspruch unmittelbar gegen die Krankenkassen, die doch nunmehr der Fürsorgepflicht entledigt sind, steht den Berufsgenossenschaften nicht zu, sondern nur kraft gesetzlicher Uebertragung ein Anspruch auf das Krankengeld, das der Erkrankte von der Krankenkasse zu fordern berechtigt ist. Gleichwohl hat sich auch bei den Berufsgenossenschaften mehr und mehr die Kenntnis Bahn gebrochen, daß eine möglichst früh zeitige Uebernahme und wirksame Durchführung des Heilverfahrens nicht nur, wie natürlich, dem Verletzten, sondern auch den Ver sicherungsträgern besonders deshalb zu statten kommt, weil die zunächst erwachsenden Mehrkosten durch die infolge möglichster Beseitigung der Unfallfolgen eintretende Herabminderung der Rentenlast ausgewogen werden. Was die Berufsgenossenschaften zu diesem Zwecke ausgeben, ist ebenso werbendes Kapital, wie die Aufwendungen der Berufsgenossenschaften zur Verhütung von Unfällen. Was die Höhe der Kosten des frühzeitig übernommenen Heilverfahrens betrifft, so haben die gewerblichen und landwirt schaftlichen Berufsgenossenschaften im Jahre 1905 die Kosten der Fürsorge für Verletzte innerhalb der Wartezeit in 11250 Fällen übernommen und hierfür 774737 Mark aufgewendet, also durchschnittlich für jeden Fall 69 Mark, an Kur- und Verpflegungs kosten nach Ablauf der Wartezeit in 27 334 Fällen aber 4 319 317 Mark, also durchschnittlich für jeden Fall 158 Mark.