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219 wenn er noch etwas besser von seiten der Mitglieder bei den ausschließlich dazu veranstalteten Festlichkeiten unterstützt worden wäre. Möge die Opferwilligkeit unserer Mitglieder, Freunde und Gönner auch im neuen Jahre nicht erlahmen, um diejenigen, welche ihre Arbeitskraft oder ihren Ernährer verloren haben, einigermaßen zu unterstützen, denn viele Wenig macht ein Viel. Nicht blos durch die Arbeitslosigkeit wurde unsere Kasse angestrengt, sondern durch die lange diesjährige Aussperrung von 10 Mitgliedern, welche 783 Mark 83 Pfg. erforderte. Der Stellennachweis erfreute sich eines außerordentlichen Zuspruchs seitens der Arbeitgeber, wobei bemerkt sei, daß das Verlangen nach gut geschulten Kräften immer mehr zum Bedürfnis sich ausbildet. Dem Stellennachweis wurden 58 Stellen bekannt gegeben, von welchen derselbe 47 besetzte, 9 dagegen wegen Nicht zahlung des Tarifs und 2 aus anderen Gründen nicht besetzt wurden. Daher hatte der Verein nur 363 Mark für Arbeits lose aufzubringen. Es traten dem Verein wiederum 31 neue Mitglieder bei. Es traten aus: 6 durch Tod, 6 freiwillig, 4 gestrichen wegen Steuerresten, 3 wurden ausgeschlossen, sodaß die Mitgliederzahl am Schlüsse des Jahres auf 3 Ehrenmitglieder, 374 aktive und 4 passive sich belief. Ferner hatte der Verein für seine Mitglieder und deren Angehörigen auf dem Gebiete der Geselligkeit gesorgt, es fanden im Laufe des Jahres ein Stiftungsfest, ein Familienabend, ein Theaterabend, sowie eine Dampfschiffspartie mittels Extradampfer nach der Sächsischen Schweiz statt. Die Vereins an gelegenh eiten wurden, außer 12 Vorstandssitzungen, 10 Versammlungen und 2 Hauptversammlungen, durch 11 Sitzungen der Preßkommission und eine außerordentlich rege Korrespondenz, welche sich auf mehrere 100 Ein- und Ausgänge belief, erledigt. Am Schluffe meines Berichtes sei mir gestattet zu erwähnen, daß sich der Verein nach innen und außen durch Einführung der Arbeitslosen- und Ausgesperrtenunterstützung allseitig der vollsten Sympathie erfreut und mit froher Zuversicht iu die Zukunft sehen kann. Im neuen Jahre traten wiederum 9 neue Mit glieder bei. Der Verein könnte doppelt so stark sein, wenn die Mitglieder in ihren Bekanntenkreisen etwas agitierten und neue Mitglieder dem Verein zuführten, denn es gibt keine zweite Berufsvereinigung, welche für den wenigen Beitrag das leistet, was der Bericht vor Augen führt. Möge auch der gute kollegiale Sinn und rege Besuch der Versammlungen seine Früchte weiter treiben, zum Wohle unseres Berufes. Die Kassengebahrung der Vereinskasse ergibt folgendes Bild: Einschließlich eines Saldovortrages von 218,42 Mk. ver einnahmte der Verein im Berichtsjahre 1906 7930,39 Mk. Nach Abzug der Ausgaben konnte die Vereinskasse 648,29 Mk. auf das neue Jahr vortragen. Nicht berücksichtigt ist hierbei die im Verein bestehende Christbescherungskasse, welche in Einnahme und Ausgabe mit 454,46 Mk. bilanzierte. Das Vereinsvermögen beträgt insgesamt 4225,83 Mk., wobei das vorhandene Inventar nicht in Betracht gezogen ist. Januar 1907. Max Flade, z. Zt. Kassierer. Elektrischer Bahnantrieb mit einphasigem Wechselstrom. Nachdruck verboten. .4'1'Iv. Bis vor einigen Jahren schien der Entwicklung der elektrischen Bahnen insofern ein Ziel gesteckt zu sein, als mit den verfügbaren Mitteln eine elektrische Kraftübertragung für Zugbeförderungszwecke wirtschaftlich schlechterdings nicht mehr durchzuführen war, sobald bedeutende Entfernungen in Frage kamen. Auch diejenigen Bahnlinien, welche am meisten Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg hatten, blieben im Stadium eines Projektes und dokumentierten gleichsam hierdurch, daß zu ihrer Verwirklichung ein durchgreifender Fortschritt auf dem tech nischen Gebiete der Bahnfrage abzuwarten ist. Es bewährten sich wohl einige vereinzelte ausgeführte Fernbahnanlagen, welche unter besonders günstigen technischen und wirtschaftlichen Ver hältnissen gebaut und in Betrieb genommen worden sind, allein sie vermochten kein Vorbild zu schaffen, welches auch für Fälle mit minder günstigen Lebensbedingungen eines Bahnunternehmens vorbildlich hätte betrachtet werden können. Das eine System, welches auf einigen Linien von mehr oder weniger ausgeprägter Bergbahnbauart in der Schweiz und in Italien Erfolge aufzuweisen hat, ist das sogenannte reine Drehstromsystem. Dieses verwendet den in der Kraftzentrale erzeugten Drehstrom (dreiphasigen Wechselstrom) zum Betrieb der Bahnmotoren und zwar entweder direkt oder unter Zwischen schaltung von Transformatoren, welche der Bahnlinie entlang in angemessenen Abständen aufgestellt sind. Diese Trans formatoren erfordern so gut wie keine Bedienung oder Wartung, da sie gar keine beweglichen oder einer Abnützung ausgesetzten Teile besitzen. So günstig auch die Natur des Drehstromes für die Strom verteilung längs der Bahnstrecke ist, erweist sie sich gerade für den Betrieb der Bahnmotoren selbst sehr wenig zweckmäßig. Vor allem fällt die Unwirtschaftlichkeit des Drehstrommotors bei kleineren Geschwindigkeiten als die normale auf, abgesehen von der Unmöglichkeit, den Drehstrommotor gelegentlich auch schneller als normal laufen zu lassen. In der Tat ist der Drehstrom motor, um langsamer als normal laufen zu können, gezwungen, in seinem Regulierapparat (Kontroller) einen je nach dem Maß der Geschwindigkeitsermäßigung mehr oder weniger erheblichen Teil der ihm zugeführten Energie zu vernichten. Der Umstand, daß zum Drehstrommotor zwei von einander isolierte Drähte den Arbeitsstrom führen müssen (die Erde bezw. die Laufschienen werden als dritte Zuleitung benützt), bedeutet einen schwerwiegenden Nachteil des Drehstromsystems, weil er eine höhere Anzahl von Isolatoren und doppelte Stromabnehmer organe an den Wagen notwendig macht- Bedenkt man nun, daß der Bruch eines einzigen Isolators eine Betriebsstörung nach sich zieht und daß die Stromabnehmer zu den schwierigsten und empfindlichsten Konstruktionen der elektrischen Bahnen ge hören, so ist es leicht einzusehen, daß diese Bedenken mit der Länge der Bahnlinie zunehmen. Bei Fernbahnen kann von einer so eingehenden Streckenaufsicht und von einer so bequemen Reparaturmöglichkeit, wie sie Stadt-, Vorort- und interurbane Bahnen haben, nicht mehr die Rede sein. Der Drehstrommotor ist bei gleicher Leistung auch schwerer als der Gleichstrommotor. Der Grund hiervon ist, daß er im Interesse eines guten Wirkungsgrades mit möglichst geringen magnetischen Sättigungsgraden zu arbeiten genötigt ist, also bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen größere Eisenquerschnitte er fordert, als der Gleichstrommotor zur Entwicklung einer bestimmten Zugkraft. Daß die Gewichtsfrage gerade bei Bahnmotoren eine hervorragende Rolle spielt, versteht sich von selbst. Die Notwendigkeit, den magnetischen Widerstand bei der Berechnung des Drehstrommotors möglichst klein zu bemessen, bringt insofern einen weiteren Uebelstand mit sich, als man ge nötigt ist, auch den Spielraum zwischen festem und drehendem Teil, soweit praktisch zulässig, zu verringern. Ein kleiner Luft zwischenraum setzt aber eine genaue Zentrierung des festen und des drehenden Teils voraus, was bei Traktionsmotoren infolge der Durchbiegung dex Schienen, sowie der Deformation des Wagengestells eine schlechthin unerfüllbare Forderung ist. Umgekehrt wie der Drehstrom verhält sich der Gleichstrom mit Bezug auf seine Verwendbarkeit für den Bahnbetrieb. Trotz größter Fortschritte im Bau von Gleichstromerzeugern für kleinere Spannungen, gelang es bisher noch nicht, betriebsfähige Hochspannungsmaschinen für Gleichstrom zu konstruieren. Die Schwierigkeiten, welche sich der wirksamen Isolierung von Drähten an einem beweglichen Körper entgegensetzen, sind zu groß und es hat sich im Laufe der Zeit eine normale Bahnspannung ein gebürgert, welche bei dem heutigen Stande der Jsolationstechnik und mit Rücksicht auf die Betriebssicherheit als eine Kompromiß größe aufzufassen ist. Sie beträgt 6—800 Volt und gestattet eine Kraftübertragung auf nur 5—7 Kilometer. Im Gegensatz zu dieser Beschränkung in der Wirkungs zone der Gleichstrom-Zentrale erweist sich der Gleichstrommotor mit Hauptschlußwicklung als ein geradezu idealer Motor für den Bahnbetrieb. Er hat nur eine einzige isolierte Zuleitung, also nur einen Stromabnehmer nötig, da die Rückleitung des Stromes nach dem Erzeuger durch die Räder und die Lauf schienen erfolgen kann. Seine Umlaufszahl ist von keiner Frequenz abhängig, sondern läßt sich innerhalb weiter Grenzen auf die