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212 Ueber lange Arbeitszeit eines Maschinisten. Der Bundesleitung ging nachstehendes Schreiben — leider anonym — zu, welches wir seines Inhalts wegen aber doch veröffentlichen wollen, da es in mehr als einer Hinsicht ein Notschrei gegen unwürdige Behandlung und Ausnutzung einer Arbeitskraft bis zur Erschöpfung bedeutet. „Ich möchte bei Ihnen einmal anfragen und um Aus kunft bitten. In der Fabrik, wo ich arbeite, werden immer viel Ueberstunden gemacht und so muß auch ich als Maschinist und Heizer mit daran glauben. So muß ich z. B. gleich 36 Stunden arbeiten, ohne zu schlafen und zu ruhen. Nun können Sie sich denken, was jetzt für eine Hitze in der Maschinenstube herrscht, wie man da kaput wird, und weigert man sich, da möchte mich der Werkführer gleich hinauswerfen. Und 36 Stunden lang muß ich die Woche oft zweimal arbeiten. Zuletzt fragte ich den Werkführer, wer da verant wortlich ist, wenn mir etwas passiert in dieser langen Zeit, meiner Ansicht nach kommt die Unfallversicherung nicht dafür auf. Da sagte der Werkführer, die Unfallversicherung kommt schon dafür auf. Weiter sagte er, ich kann jeden Arbeiter, auch Sie, zwingen, 36 Stunden lang zu arbeiten, und wenn einer nicht so lange arbeiten will, kann ich ihn sofort entlassen, das Rechl habe ich. Bitte geben Sie in unserer Zeitschrift Antwort." Hochachtungsvoll P- F. in Z. Anmerkung der Redaktion: Wüßten wir nicht durch persön liche Erfahrungen, daß auf dem Gebiete überlange Arbeitszeit seitens der Kollegen viel geleistet werden kann, würden wir obiges für Erfindung halten. Man findet derartige Zustände aber auch heute noch sehr häufig bei Heizern und Maschinisten auf Flußschiffen, wie Rhein und Elbe. Bedauerlich bleibt es, daß der Schreiber nicht den Mut hat, dieses Musterinstitut zu nennen, damit der Oeffentlichkeit es Vorbehalten bleibe, hier menschen würdige Zustände zu schaffen. Dem Maschinenwärter mag ge sagt sein, daß für eintretende Unfälle die Berufsgenossenschaft aufkommt, ob aber der Fabrikbesitzer oder die Behörde ihn bei Eintritt einer Explosion oder anderen Schadensherbeiführung nicht haftpflichtig machen, mag dahingestellt bleiben. Wenn hier gütliche Vorstellungen beim Chef oder Direktor nicht helfen, bleibt nur Beschwerde bei der Gewerbeinspektion übrig. Freilich gesetzliche Verbote solch überlanger Arbeitszeit haben wir heute noch nicht. Aber aus Gründen der Sicherheit des Betriebes wäre vielleicht ein Eingreifen der Gewerbeinspektion möglich. Hilft auch letzteres nicht, dann bleibt weiter nichts übrig als Verlassen dieser Stätte unersättlicher Profitwut. Es gibt auch noch andere Maschinistenstellen; infolge mehrfachen Wechsels durch aufgeklärte Kollegen werden Verhältnisse geschaffen, die menschen würdig zu nennen sind. Der im Schreiben bezeichnete Werk führer zeigt sich von der schönsten Seite eines Werkzeuges der Unternehmer und nicht als Mittelsglied zwischen Fabrikant und Arbeitern. Gewerblich-Soziales. rä. Das Anwachsen der Zahl der Invaliden rentner. In dem Bereich mancher Versicherungsanstalten weist die Zunahme derjenigen, welche Invalidenrente erhalten, eine ganz unverhältnismäßige Steigerung auf, und aus diesem Grunde hat das Reichsversicherungsamt seit mehreren Jahren die Bezirke dieser Versicherungsanstalten durch Beauftragte bereisen lassen, um an Ort und Stelle die Ursachen dieser Erscheinung zu erforschen. In den beiden letzten Jahren wurden von diesen Erhebungen betroffen die Landesversicherungsanstalten Rhein provinz, Hansestädte, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Berlin. Auf diese Reisen wurde besonderer Wert darauf gelegt, mit möglichst vielen unteren Verwaltungsbehörden die Ursache zu erörtern, welche die Rentenzunahme veranlaßt haben könnten, um festzustellen, ob dauernd mit den hohen Rentenzahlen zu rechnen sei: Besonders wurde betont, daß die Reichsbehörden keineswegs auf besondere Strenge bei der Rentenbewilligung dringen wollten; es sei vielmehr'zu erstreben, daß jeder nach dem Gesetze Rentenberechtigte tunlichst sicher und schnell in den Besitz der Rente gelange. Indessen müsse vermieden werden, daß infolge oberflächlicher Bearbeitung der Rentensachen und falscher Handhabung der bestehenden Bestimmungen solchen Personen Renten zugesprochen werden, die den gesetzlichen Voraussetzungen nicht genügen. — Die Beauftragten des Reichsversicherungsamtes sahen sich in zahlreichen Fällen veranlaßt, Rentenbewilligungen wegen zu milder oder unzutreffender ärztlicher Beurteilung be mängeln zu müssen. Oertliche Gründe für das Ansteigen der Rentenzahlen konnten nur vereinzelt festgestellt werden. Nur für den Bezirk des Landesversicherungsamtes Berlin konnten solche Gründe für das Ansteigen der Jnvalidenrentner beigebracht werden. In Betracht kommen besonders folgende: Erstens habe es der schnelle Ausbau der Krankenfürsorge und ihre wachsende Inanspruchnahme mit sich gebracht, daß in zahlreichen Fällen, in denen der Antrag auf Wiederherstellung abgelehnt werden mußte, später mit Erfolg Invalidenrente beansprucht wurde. Zweitens habe in Berlin, dem Sitze vieler großer gewerblichen Anlagen, der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt in steigendem Maße den zwar billigeren, aber auch weniger widerstandsfähigen weiblichen Teil der Bevölkerung besonders erfaßt. Drittens seien durch die verschärfte Kontrolle der unständigen Arbeiter viele hart an der Grenze der Erwerbsunfähigkeit stehende Per sonen in die Versicherungspflicht einbezogen werden, namentlich gelte das für die gerade in der Großstadt eigentümlichen Aus hilfsarbeiterinnen im Haushalt — Aufwärterinnen, Reinemache frauen etc. —, die häufig überhaupt erst in späteren Jahren, ins besondere nach dem Tode des Ernährers, erwerbstätig werden. — Viertens habe sich die versicherungspflichtige Bevölkerung bei dem Landesversicherungsamte Berlin infolge Zuzuges vom flachen Lande und den kleineren Städten überhaupt erheblich stärker als im Durchschnitt bei den übrigen Versicherungsanstalten ver mehrt. (Nachdruck verboten.) Explosionen und Unglücksfälle. Aesselexplosion. Im Maschinenhause der Eisenwerke Maxhütte in Unterwellenborn bei Saalfeld ereignete sich am 19. Mai eine schwere Kesselexplosion, bei der sechs Arbeiter ver letzt wurden. Der Schaden beträgt über 100000 Mk. Todesstur;. In der Fabrik von Behrens L Kühne in Oschersleben stürzte am 10. Mai nachmittags der 24 Jahre alte Maschinist Franz Brandes von einer Treppe, wobei er derartig schwere Verletzungen davontrug, daß er bald darauf an den Folgen verstarb. Schwer verunglückt ist im Eisenwerk in Gröba bei Riesa durch eine Kesselexplosion der Schlosser Hilß aus Gröba, der durch niederfallende Kesselteile getroffen und namentlich am Kopfe schwer verletzt wurde. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. Eine Schiffskesselexplosion konnte in Mainz vereitelt werden. Der Maschinist eines Schraubenschiffes, der entlassen worden war, nahm aus Rache gegen den Kapitän des Schiffes an dem Dampfkessel und der Maschine des Schiffes Manipulationen vor, die, wenn das Schiff unter Dampf gekommen wäre, zur Explosion des Dampfkessels und eventl. zum Untergang des Schiffes geführt hätten. Der Maschinist wurde verhaftet. Bericht über die Revisionssitzung am 17. April 1907. Am 17. April 1907 kamen nachstehende Kollegen zur Revision der Bundeskasse im Bundesbureau, Fritz Reuterstraße, zusammen: Oswald Emmerich, Zwickau; Max Find eisen, Frankenberg; Anton Kelz, Glauchau. Es lagen uns zum ersten mal die neuen Bücher vor und mußten wir der Handhabung wegen unseren Bundesvorstand Julius Emmerich mit heranziehen. Verteilt wurden selbige wie folgt: Oswald Emmerich, Hauptbuch; Max Findeisen, Kassabuch; Anton Kelz und Julius Emmerich, Belege. Nach Durchsicht derselben und Richtigstellung kleiner Mängel wurde zur Ab rechnung geschritten. Selbige ergab mit der Erwerbslosen-Unter- stützung eine Einnahme von 12661 Mk. 66 Pf. Ausgabe „ 10957 „ 99 „ Barer Kassenbestand 1703 Mk. 67 Pf.