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211 im entferntesten die Absicht hatte, seinen Gegner zu töten. Tat sächlich, so meint das Gericht, konnte auch niemand — selbst nicht ein vorsichtiger Mensch — erwarten, daß der Getroffene infolges des Schlages Umfallen und sich dabei tödliche Ver letzungen zuziehen werde. Nun behaupten die Kläger, der Schlag habe eine Blutung im Gehirn hervorgerufen. Das aber würde doch nur beweisen, daß das Gehirn bezw. der Schädel des Ge troffenen eine nicht normale Beschaffenheit hatte, die der Be klagte unmöglich voraussetzen konnte. — Der Gerichtshof ist mit einer Anzahl von Gesetzesauslegern der Meinung, daß es ungerecht wäre, den Verüber einer Körperverletzung auch dann gemäß Z 844 des Bürgerlichen Gesetzbuches haften zu lassen, wenn ihm die Herbeiführung des Todes nicht als Fahrlässig keit anzurechnen ist. So ist es aber hier. Der Beklagte hatte höchstens die Absicht einer Körperverletzung, nicht aber der Tötung seines Gegners. Fahrlässigkeit kann dem Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, denn ein solches Verschulden könnte ihn nur treffen, wenn er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit und Ueberlegung vorher sehen konnte, der von ihm ohne Absicht herbeigeführte Erfolg könne eintreten. (Nachdruck verboten.) ßnttclieidung des Dandgeniclils kambung. rck. Oeffentlich-rechtliche Natur der Pflichten der Krankenkasse. Eine Polizeibehörde hatte sich veranlaßt ge sehen, zwei an einer Geschlechtskrankheit leidende, einer Orts krankenkasse angehörende Personen in einem Krankenhause unter zubringen. Die Kasse weigerte sich, die Kosten zu dieser Unter bringung zu übernehmen, indem sie erklärte, die Polizei sei gar nicht berechtigt gewesen, die Aufnahme der beiden Personen in einem Krankenhaus zu veranlassen; das sei lediglich ihre — der Kasse — Sache gewesen. Nach Z 7 des Krankenversicherungs gesetzes habe es im Ermessen der Kasse gestanden, statt der im § 6 vorgeschriebenen Leistungen eine Behandlung im Kranken hause eintreten zu lassen. Das Landgericht Hamburg hat diese Ansicht nicht gutgeheißen. Nach den Ausführungen der be klagten Kasse könnte es fast scheinen, als ob die Entscheidung darüber, ob eine Krankenhausbehandlung einzutreten hat oder nicht, der Willkür der Kasse überlassen ist. Das ist aber durch aus nicht der Fall; vielmehr hat die Kasse nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob Krankenhausbehandlung zu gewähren ist oder nicht. Der Kassenvorstand darf sich nicht von finanziellen Rücksichten leiten lassen, er ist vielmehr der Allgemeinheit und der staatlichen Organisation gegenüber verpflichtet, in notwendigen Fällen — die Entscheidung der Aerzte ist maßgebend — Krankenhausbehandlung zu gewähren. Im vorliegenden Falle war, wie die ärztlichen Gutachten es als zweifellos dartun, Behandlung im Krankenhause unbedingt er forderlich; die Kasse hätte auch keinen Vorteil gehabt, wenn sie die Erkrankten in die zu der Kasse gehörige Privatklinik eines Spezialarztes verbracht hätte, da der Verpflegungssatz dort der selbe war wie derjenige in dem benutzten Krankenhause. — Die be klagte Kasse hat weiter eingewendet, sie habe den beiden Erkrankten gegenüber nur eine private Verpflichtung gehabt, diese hätte sie aber ebensogut außerhalb des Krankenhauses erfüllen können. Das ist aber ebenfalls nicht richtig. Die Pflichten der Krankenkasse ihren Mitgliedern gegenüber sind nicht rein privatrechtlicher, sondern vorwiegend öffentlich- rechtlicher Natur. Das ergibt sich aus dem obligatorischen Charakter der Krankenversicherung. Aus dem Zwange zur Ver sicherung folgt, daß die den Kassen obliegenden Leistungen einer sozialen Notwendigkeit entsprechen. Hat der Staat aber im öffentlichen Interesse die Krankenversicherumg geschaffen, so liegt es auch im öffentlichen Interesse, daß die Krankenkassen als Organe der Krankenversicherung ihren Verpflichtungen Nach kommen. Die Polizei hatte also mit der in Rede stehenden Maßnahme eine im öffentlichen Interesse der Kasse obliegende Leistung erfüllt. (Nachdruck verboten.) Berliner Gewerbegerichtsentscheide über Verweiger ung der Angabe des Entlaffungsgrundes, über nochmalige Aus stellung eines Zeugnisses wie auch über Ausstellung eines Zeug nisses nach § 113 der Gewerbe-Ordnung. Wir lesen hierüber im Reichs-Arbeitsblatt Nr. 5 nachstehendes: a) Muß dem Arbeiter der Grund seiner Entlassung mitgeteilt werden? d) Kann der Arbeitgeber die Entlassung nachträglich auch mit anderen Gründen als den bei der Entlassung ihm bekannten oder von ihm genannten, rechtfertigen? Zu a ist verneint, zu d bejaht. Aus den Gründen: Die Ansicht des Klägers, daß nur solche Gründe die Ent lassung rechtfertigen könnten, welche bei der Entlassung ausdrück lich genannt werden, findet im Gesetz keinen Halt. Es wird für den Arbeitgeber Wohl zweckmäßig sein, dem Entlassenen auch den Grund der Entlassung mitzuteilen, eine gesetzliche Pflicht hierzu besteht aber nicht. Ebensowenig ist be stimmt, daß die Entlassung nur auf solche Gründe gestützt werden könne, die dem Arbeitgeber bei der Entlassung auch bekannt waren. Vielmehr stellt das Gesetz als einzige Voraussetzung auf, daß der Grund tatsächlich bestand und dem Arbeitgeber (von Nr. 8 des Z 123 abgesehen) nicht länger als eine Woche bekannt war. Wird also hinterher im Prozeßwege die Recht mäßigkeit der Entlassung bestritten, so kann sich der Arbeitgeber sehr wohl auch auf einen Umstand berufen, der ihm erst nach der Entlassung bekannt geworden ist; ja, in gewissen Fällen werden selbst Tatsachen, die nach der Entlassung überhaupt erst eingetreten sind, zur Rechtfertigung der Entlassung lwenigstens vom Zeitpunkt ihres Eintritts ab) dienen können. Unerheblich ist endlich auch, ob der vorgebrachte Grund ernstlich für den Beklagten bestimmend gewesen ist oder ob er (wie Kläger meint) nur vorgeschützt war. Es genügt nach dem Gesetz, daß der an gegebene Grund tatsächlich besteht. (Kammer 3 vom 23. Dezember 1905, Nr. 1741.j XL. Ebenso Kammer 1 vom 29. Oktober 1906, Nr. 1886: Das Zusammentreffen der Entlassung und eines sie recht fertigenden Grundes genügt. Eines subjektiven Kausalnexus beim Entlassenen bedarf es nicht. Zeugnis: Kein Anspruch auf ein Duplikat; ebensowenig auf Abänderung eines alten Zeugnisses. Der Kläger war bis Anfang 1901 im Gewerbebetriebe der Beklagten beschäftigt und hat bei seinem Ausscheiden ein Zeugnis erhalten. Dieses hat er verloren. Seinem 1906 erhobenen Verlangen nach einem Duplikat hat die Beklagte nicht entsprochen, da sie eine Kopie des Zeug nisses nicht mehr besitzt. Der Kläger hat darauf auf Ausstellung des Duplikates sowie auf 300 Mark Schadensersatz wegen der Verzögerung Klage erhoben. Im Laufe des Rechtsstreites hat er ferner sachliche Aenderung des alten Zeugnisses verlangt, weil er in diesem fälschlich nicht als Konstrukteur bezeichnet sei. Die Klage ist abgewiesen. Aus den Gründen: Der Antrag auf Ausstellung eines Duplikates eines dem gewerblichen Angestellten bei Beendigung des Dienstverhältnisses ausgestellten Zeugnisses entbehrt jedes Rechtsgrundes und ist deshalb abzuweisen. Damit fällt auch der Anspruch auf Ersatz des aus der Weigerung der Beklagten dem Kläger angeblich erwachsenen Schadens. Der Antrag auf Ausstellung eines neuen, von dem früheren abweichenden Zeugnisfes war abzuweisen, da Kläger sich seiner zeit mit dem letzteren stillschweigend einverstanden erklärt hat. Das Gesetz gibt auch dem gewerblichen Angestellten kein Recht, jahrelang nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein Zeugnis zu verlangen. (Kammer 5 vom 15. Februar 1906, Nr. 60,j Ein Zeugnis nach § 113 der Gewerbe-Ordnung muß vom Arbeitgeber unterschrieben werden, der Firmen stempel genügt nicht. (Urteil der Kammer 6 vom 7. Juni 1906, Nr. 578, in der Berufungsinstanz bestätigt.)