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207 dies einen Wärmeverlust bedeutet, würde der übermäßige Schorn steinzug nun statt Ruß Aschenteile auf die Umgebung regnen lassen. Ein radikaler, wenn auch nicht ideal wirtschaftlicher Modus der Rauchverhütung ist: die Abgase der Feuerung durch eine Reinigungsanlage hindurch in den Schornstein zu leiten. Die Gase werden also gewaschen, bevor sie als gereinigte Luft der Außenwelt wieder zur Verfügung gestellt werden, und in vielen Fällen könnte man dieses Verfahren den Dampfanlagenbesitzern von Amtes wegen zur Pflicht machen, genau so wie man Ab wässer gewisser Fabrikbetriebe in behördlich kontrollierten Klär anlagen einer Reinigung unterwirft, bevor man sie in Flußläufe oder Teiche fließen läßt zum Dienste der Oeffentlichkeit. Eine solche „Rauchwaschanlage" ist in den Werken von Rowntree L Co. in Aork (England) ausgeführt worden. Die Kesselanlage umfaßt 5 Lancashire-Kessel von je 2600 mm Durchmesser und etwa 9 m Länge, welche mit Ueberhitzern ausgestattet sind. Die Verbrennungsprodukte ziehen nach dem Verlassen der Kessel züge durch eine sogenannte Economisergruppe, in welcher ein Teil der Rauchgaswärme zur Vorwärmung des Speisewassers nutzbar gemacht wird. Diese Economiser bestehen aus vertikal angeordneten Röhren von je 1 4m Oberfläche, oben und unten mittels Sammelrohre zu Elementen verbunden. Durch die Röhren fördert die Speisepumpe das Speisewasser in die Kessel, während die Abgase der Feuerung die hintereinander gestellten Rohrelemente bestreichen und ihre Wärme zum Teil an das in den Röhren zirkulierende Speisewasser abgeben. Eine selbsttätige Kratzervor richtung, welche hart an der Oberfläche der Röhrenelemente auf- und abwärts bewegt wird, sorgt dafür, daß der Ruß, welcher, sich an den Rohrwänden ablagernd, die Heizwirkung der Gase herabmindern würde, regelmäßig entfernt wird. Nach den Economisern passieren die Gase die eigentliche Waschanlage. Bevor diese aufgestellt wurde, hat man die Tempe ratur der Gase beobachtet und gefunden, daß diese trotz der Wärme abgabe in den Economisern noch immer 160 Grad Celsius be trug. Diese Temperatur genügte auch, die Gase durch den natürlichen Zug des Schornsteins abzuleiten. Die Waschanlage bedingt jedoch eine derartige Abkühlung der Rauchgase, daß man von Vonherein die Zuflucht zu künstlichem Zuge nehmen mußte. Die eigentliche Waschanlage besteht aus zwei Teilen; im ersten Teil, in welchen die Gase mit einer Geschwindigkeit von blos 1,2 m/860, eintreten, bearbeitet die Gase ein reichlicher Sprühregen von etwa 100 Grad Celsius. Die gröbsten Ruß teile, welche an den Röhrenelementen des Economisers nicht hängen blieben, werden hier ansgeschieden. Von hier aus ge langen die Gase in den zweiten Teil, nämlich in mehrere Unter abteilungen mit kaltem Sprühregen. Aus diesen Abteilungen saugt nun der künstliche Zug eines Ventilators die Gase (eigent lich nur noch reine Luft) an und fördert sie nach der Außenluft. Einen Begriff von der Rußmenge, welche in der Waschanlage von den Gasen gewonnen wird, gibt der Umstand, daß in 24 Stunden ungefähr 720 ir§ unter den Waschabteilungen als Schlacke gesammelt werden, entsprechend nahezu 1,5 v/a der ver brannten Kohlenmenge. Die Gasmenge, welche die Waschanlage stündlich passiert, beträgt in heißem Zustande etwa 69000 obm; hierbei beansprucht die Waschanlage eine Wassermenge von 30 bis 35 obnr in der Stunde. Die Kosten der Wasserbeschaffung, des Ventilator antriebs, Zinsen und Amortisation des Anlagekapitals, sowie die Verschlechterung des Wirkungsgrades der Kesselanlage sind zwar wirtschaftliche Schattenseiten des Systems, welche jedoch in vielen Fällen nicht in Betracht kommen, wenn nur die Rauchbildung verhindert wird. 0—p—s. Wieviel ist eine Kilowattstunde? Nachdruck verboten. -in Auf diese Frage antwortet der theoretisch gebildete Elektriker, wenn er für die praktischen Bedürfnisse des täglichen Lebens keinen Sinn hat, höchst wissenschaftlich zwar und korrekt, aber auf keinen Fall so, daß der Laie, der in die Geheimnisse der elektrotechnischen Wissenschaft nicht eingeweiht ist, seine Ant wort begreifen und nutzbar machen kann. Mit anderen Worten: der fragende Laie bleibt trotz der an und für sich ja richtigen Antwort unaufgeklärt. Und es ist doch sehr wichtig, daß der Käufer des elektrischen Stromes, dem für jede Kilowattstunde an seinem Elektrizitätszähler soundsoviel Pfennige berechnet werden, über die Größe dieser Arbeitsmenge möglichst genau orienüert sei. Geht man in ein Vermietungskontor und nimmt sich einen Diener für soundsoviel Mark pro Monat, so erkundigt man sich doch zunächst, was der betreffende alles kann. — Genau so verhält es sich, wenn jemand sich den elektrischen Strom dienstbar machen will: ist doch eine jede Kilowattstunde ein dienstbarer Geist be stimmt zu dienen im öffentlichen oder privaten Leben. Auch für das Elektrizitätswerk, das die Kilowattstunde verkauft, ist es wichtig, daß sein Kundenkreis erfährt, was eine Kilowattstunde alles kann, denn auf diese Weise wird die Nutzbarmachung des elektrischen Stromes immer mannigfaltiger und der Absatz ausge dehnter. Denn viele Abnehmer, wenn sie auch keine Fachleute sind, werden wohl wissen, nachdem sie ihren Elektrizitätszähler beobachtet haben, daß eine Kilowattstunde eine Glühlampe mittlerer Größe etwa 18 bis 20 Stunden leuchten läßt, aber was für andere Arbeiten noch damit verrichtet werden können, wird den meisten neu sein. Der Betriebsleiter eines Elektrizitätswerkes in England fand es daher angebracht, eine möglichst vollständige Liste der Leistungen einer Kilowattstunde zusammenzustellen. Er berechnet, daß in der Abwaschküche diese Arbeitsmenge etwa 5000 Messer putzt, unter dem Krankenstuhl angebracht, die Füße fünf Stunden lang warm hält, 75 Paar Stiefel wichst, im Stall durch die elektrische Schere fünf Pferde schert, auf dem Damenfrisiertisch ein ganzes Jahr hindurch täglich während drei Minuten die Brennscheren erwärmt (Sonntags sogar zweimal), dem Herrn des Hauses einen Monat lang jeden Morgen das Rasierwasser wärmt. Sie betätigt in der Küche ein mechanisches Sieb während zwei Stunden, knetet acht Sack voll Mehl zu Teig, bringt 9 Liter Wasser zum Sieden, brät 15 Kotelettes in 15 Minuten, treibt einen kleinen Ventilator 21 Stunden lang, hält jeden Morgen während einer Woche die Kaffeekanne auf dem Früh stückstische warn:. Ja, sie ersetzt zum Teil das Stubenmädchen, indem sie, in den Mechanismus des Speiseaufzuges eingespannt, das Essen während einer Woche täglich nach oben schafft; be fördert auch Menschen, wenn sie am Personenaufzug wirkt, und zwar reicht sie für 30 Fahrten drei bis vier Treppen hoch. Im Keller kann sie mit Hilfe geeigneter Apparate 250 Halb literflaschen füllen und verkorken und auf dem Lande, wo keine Wasserleitung vorhanden ist, hebt sie mit der elektrisch ange triebenen Pumpe 400 bis 500 Liter Wasser auf eine Höhe von 7 bis 8 m. Im Salon betätigt sie ein elektrisches Piano 10 Stunden lang, im Herrenzimmer oder im Rauchzimmer dient sie den Rauchern, indem sie ausreichend ist 3000 Zigarren anzu zünden. Zur großen Bequemlichkeit der Plätterin erhitzt sie vier Plätteisen für je eine Stunde, dem Kranken gibt sie drei elektrische Lichtbäder oder sie hält ihn im Bett 32 Stunden lang warm, wenn ihre Energie in den so bequemen und leichten elektrischen Wärmeflaschen ausgenützt wird. Auch eine Nähmaschine vermag sie 21 Stunden lang in Bewegung zu halten, oder gleich lange Zeit Geschirrpolierarbeit in der Küche zu verrichten. Wahrlich, eine Kilowattstunde ist ein vielseitig zu Nutz und Frommen aller im Hause verwendbares Etwas; ihre Ver wendbarkeit ist jedoch mit diesem Verzeichnis noch lange nicht erschöpft und jedermann kann weitere Gebiete ersinnen, auf welchen die Kilowattstunde dienstbar gemacht werden kann. Natürlich sind die angegebenen Verrichtungen nur angenäherte und können auch hier, wie bei anderen Energieverwendungen, Abweichungen dadurch entstehen, daß die elektrische Energie mehr oder weniger vollkommen in den einzelnen Apparaten ausgebeutet wird. Um dies zu beleuchten, diene ein einfaches Beispiel aus dem alltäglichen Leben. Gibt man zwei Wäscherinnen genau gleiche Mengen Wasser, so wird die flinkere mehr ausrichten können, als die ungeschicktere, weil diese eben die im heißen Wasser aufgespeicherte Wärmeenergie unvollkommener ausnützt. Gerade so verhält es sich mit der Kilowattstunde. Ein ge schickter Diener mag damit beispielsweise 75 Paar Stiefel wichsen, während ein zweiter, der mit der Energie nicht sparsam umgeht, sondern seine Bürste ohne Arbeit zu verrichten, also leer laufen läßt, es vielleicht nur auf 50 Paar Stiefel mit einer Kilowatt stunde bringen wird. o-x-6