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199 denn er vermochte noch schnell das Ventil vor dem Dampf verteiler zu schließen. Dieser Unfall veranlaßte die Betriebs leitung, sämtliche Kupferrohre durch eiserne Rohre zu ersetzen und gleichzeitig die Steuerung der Maschine umzubauen und zwar nach Patent Korn. Außerdem mußte man sich ent schließen, gutes Zylinderöl zu beschaffen, welches der Ueber- hitzung stand hielt. Dann aber war die Anlage wieder betriebs fähig und hat seither infolge Ueberhitzung des Dampfes keine Betriebsstörung mehr stattgefunden. Gewerblich-Soziales. Erwerbsunfähigkeit versicherter Personen. Die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit versicherter Personen war bisher lediglich Sache des Arztes. Das Reichsversicherungsamt hat sich nun aber neuerdings dahin ausgesprochen, daß das ärztliche Gutachten nicht unter allen Umständen genüge, sondern daß auch die Ansicht eines Laien, besonders des Arbeitgebers zu beachten sei. Das Urteil eines Laien, welcher mit den persönlichen Verhältnissen des Versicherten genau vertraut sei, sei von größtem Werte. Diese Entscheidung des Reichsversicher ungsamtes wird in den Kreisen der Versicherungsnehmer überall freudig begrüßt werden. Der Verband Sächsischer Industrieller versammelte seine Mitglieder am 21. Februar in Dresden zu einer General versammlung. Wie in dem Geschäftsbericht gesagt wird, ver einigt der Verband 3024 Firmen, die über 300 000 Arbeiter beschäftigen. Demnach dürfte derselbe einer der größten Arbeit geberverbände in Deutschland sein. Durch eine intensive Agitation während des fünfjährigen Bestehens konnten 60 Prozent aller sächsischen Industriellen in dem Verband organisiert werden. Line allgemeine Berufs- und Betriebszählung wird auf Anordnung des Bnndesrates am 12. Juni stattfinden. Die Zählung findet deswegen im Sommer statt, um die deutsche Volkswirtschaft in möglichster Entfaltung aufnehmen zu können. Mit Rücksicht auf die damit verbundenen Arbeiten und Kosten finden diese so wichtigen Zählungen leider selten statt. Ist es doch erst zum dritten Male, daß eine solche stattfindet. Die erste wurde im Jahre 1882, die zweite und letzte 1895 vor genommen. Also 12 Jahre sind ins Land gegangen, ehe man sich zu einer Wiederholung dieser Zählung entschlossen hat. Gerade in den letzten 12 Jahren hat das deutsche Erwerbsleben eine gewaltige Entwicklung durchgemacht, so daß schon heute feststeht, daß die neugewonnene Statistik große Veränderungen in unserer Volkswirtschaft aufweisen wird. sr. Die Gesindesrdnung im preußischen Land tag. Gelegentlich der stattgefundenen Etatsberatungen im Ab geordnetenhause ist beim Etat des Ministeriums des Innern wie schon in vorhergegangenen Jahren so auch diesmal der Ge sindeordnung gedacht und ihre Abschaffung beziehungsweise Modernisierung verlangt worden. Die Gesindeordnung, oder vielmehr das Konglomerat von Bestimmungen, welche nicht nur für das eigentliche Hauptpersonal, sondern auch für eine große Klasse von Beschäftigten, die mit dem Gesindewesen nichts zu tun haben, Geltung haben, stammt noch aus den Zeiten der absoluten Monarchie. Die letzte Kodifizierung geschah im Jahre 1810, wobei ein Teil der weit älteren, in den einzelnen Teilen verschiedenen Bestimmungen erhalten blieb. Ein Jahrhundert fast ist seidem vergangen, in welchem sich die Lebensverhältnisse und die Lebensanschauungen, wie der Minister selbst anerkannte, völlig geändert haben — die alten, veralteten Bestimmungen aber sind unentwegt bestehen geblieben. Das hat notwendig zu Ver hältnissen führen müssen, die längst unhaltbar geworden find und es mit jedem Jahr mehr werden. Neben dem landwirt schaftlichen Gesinde ist die Klasse der landwirtschaftlichen Arbeiter und der Arbeiter in der Forstwirtschaft entstanden, die heute zahlreicher sind als die der Gewerbeordnung unterstellten rein gewerblichen Arbeiter. Von letzteren waren im Jahre 1905 unfallversichert rund 8,4 Millionen, von den elfteren rund 11,4 Millionen Personen. Trotzdem sind sie immer noch der Gesinde ordnung unterworfen und damit von der Krankenversicherung aus geschlossen. Auch andere Klassen von erwerbstätigen Personen, deren Beschäftigung ausgeprägt gewerblichen Charakter trägt, unterstehen noch der Gesindeordnung, z. B. die Musikerlehrlinge u. a. m. Die Berechtigung eines solchen Zustandes ist heute ganz gewiß nicht mehr anzuerkennen, zumal diese Personenklassen dadurch von sehr erheblichen Rechten, vor allem dem Koalitionsrecht, ausgeschlossen sind. Der preußische Minister des Innern hat es leider wiederum abgelehnt, einer Reform auf diesem Gebiete näher zu treten. In seiner Erwiderung beschränkte er sich ledig lich auf das eigentliche Hausgesinde, dessen allgemeine Lage und dessen Verhältnis zu seinen Arbeitgebern nicht durch papierene Vorschriften allein bestimmt werde. Das ist zum Teil richtig, aber nicht um die eigentlichen Hausbediensteten handelt es sich, sondern um die weitaus größere Anzahl anderer Personen, die neben den wirklichen Dienstboten stehen. Der Minister erklärte schließlich, die ungeheuren Schwierigkeiten, die mit einer Reform des Gesinderechts verknüpft wäre, veranlaßten ihn zu seiner ab lehnenden Haltung. Dem kann durchaus nicht zugestimmt werden. Was für die Industrie und das Gewerbe mit seinen so verschiedenen und schwierigen Verhältnissen möglich gewesen ist, muß auch für die jetzt noch der Gesindeordnung unterworfenen Personenkreise möglich sein. Zum mindesten muß die Abtrennung der Dienst boten im eigentlichen Sinn von den landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Arbeitern durchgeführt werden. Rechts- und Gesetzeskunde. enllcliel-ung -es SsclMclieii vbei'vei'waltungsgei'iciits. ick. Grenzen der Haftpflicht des Arbeitgebers für unrichtige Angaben bei Anmeldung seiner Angestellten zur Arankenkafse. Ein Arbeitgeber hatte einen bei ihm be schäftigten Gehilfen, der seine versicherungspflichtige Tätigkeit bereits am 5. Dezember begonnen hatte, fälschlicherweise als erst am 30. Januar des nächsten Jahres bei der Ortskrankenkasse angemeldet. Bald darauf erkrankte nun ein Kind des Gehilfen, und da statutengemäß die fragliche Ortskrankenkasse nach sechs wöchiger ununterbrochener Mitgliedschaft des Familienoberhauptes Familienunterstützung gewährt, wollte der Gehilfe einen Kranken schein für sein Kind ausgestellt haben. Die Kasse weigerte sich jedoch, dem Ersuchen zu entsprechen, da seit Anmeldung des Mit gliedes erst drei Wochen verflossen seien. Der Gehilfe setzte seinen Prinzipal hiervon in Kenntnis, welcher nunmehr die un zutreffende Meldung berichtigte, worauf die Kasse das erkrankte Kind statutengemäß unterstützt. — Auf Grund dieses Tatbestands verlangte die Ortskrankenkasse von dem Arbeitgeber Erstattung der von ihr gemachten Aufwendungen, indem sie sich auf die oben erwähnte Bestimmung ihres Statuts und ferner auf K 60 des Krankenversicherungs-Gesetzes berief, wonach Arbeitgeber, welche der ihnen obliegenden Anmeldepflicht nicht genügen, alle Aufwendungen, die eine Ortskrankenkasse auf Grund gesetzlicher oder statutarischer Vorschriften in einem vor der Anmeldung durch die nicht angemeldete Person veranlaßten Unterstützungs falle gemacht hat, zu erstatten haben. — Das Sächsische Ober verwaltungsgericht hat jedoch den Anspruch der Ortskrankenkasse für unberechtigt erachtet. Die Bestimmung des in Betracht kommenden Statuts betrifft lediglich den Unterstützungsanspruch selbst, berührt aber weder die Anmeldepflicht, noch die Ersatzver bindlichkeit des Arbeitgebers; von diesem Gesichtspunkte aus könne also von einer Anwendbarkeit des § 50 keine Rede sein. — Es fragt sich nur noch, ob eine Anmeldung, die — wie im vor liegenden Falle — den gesetzlichen bezw. statutarischen Vorschriften nicht genügt, für den Arbeitgeber die Folgen des Z 50 nach sich zieht. Diese Frage hat der Gerichtshof verneint. Nach der Ge setzesbestimmung hat der Arbeitgeber nur diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die in einem „vor der Anmeldung durch die nicht angemeldete Person veranlaßten Unterstützungsfall" erwachsen sind, und schon nach dem Sprachgebrauch läßt sich unter einer nicht angemeldeten Person nur eine solche verstehen, die überhaupt nicht angemeldet worden ist, nicht aber eine solche, die zwar an gemeldet, deren Arbeitsantritt hierbei aber unrichtig angegeben worden ist. Wenn auch zuzugeben ist, daß eine unrichtige An gabe über den Tag des Eintritts in die versicherungspflichtige Beschäftigung unter Umständen zur Benachteiligung der Versicher ungsträgerin führen kann, so reicht dieser Grund doch nicht aus