Volltext Seite (XML)
171 Das Braunsteinelement.*) Von Hans Bourquin. Nachdruck verboten. m Wenn eine elektrische Schwachstromanlage installiert wird, so kommt es darauf an, die richtigen Stromquellen zu wählen. Die Zahl der möglichen Elemente ist wohl unbeschränkt groß und die scheinbar unmöglichsten Zusammenstellungen geben „Strom". Viele dieser Konstruktionen haben sich natürlich nicht in der Praxis eingeführt, im besten Fall waren manche nicht mehr als interessante Laboratoriumsversuche. Andere wieder haben sich erhalten, fortgebildet und verbreitet, so daß gegenwärtig eine relativ beschränkte Anzahl auf den Markt kommt. Bei ihnen kann man nun nicht — was ja das Bequemste sein würde — eines als das absolut „beste" bezeichnen. Viel mehr ist von Fall zu Fall zu entscheiden, und der Elektriker und Installateur wird den jeweiligen Verhältnissen Rechnung tragen müssen und einmal dies, das andere Mal jenes Element zu bevorzugen haben. Die gebräuchlichen Elemente lassen sich nun in drei Gruppen unterbringen. 1. Zink-Kupfer-Elemente (Meidingergruppe). 2. Zink-Kohle-Elemente (Chromsäuregruppe). 3. Braunstein-Elemente (Leclanchö-Gruppe). Im folgenden mögen die wichtigsten und bewährtesten der Braunstein-Elemente einer kurzen Besprechung unterzogen werden. Sehr gut empfohlen ist eine Form, welche an das alte eigentliche Leclanchö-Element erinnert. Im Glase befindet sich eine poröse Tonzelle, in welcher, von Braunsteinpulver umgeben, sich die Kohle befindet. Braunstein oder „Pyrolit" ist Mangan-Dioxyd und hat den Zweck, die Polarisation — das Erschlaffen des Elements — durch Anwendung eines Metall-Oxydes zu verhindern. Um die Tonzelle herum befindet sich die Flüssigkeit, auf deren Zusammensetzung wir noch zu sprechen kommen. Sie heißt: der „Elektrolyt". Nennen wir sie kurz Salmiak. In das Gefäß hängt, durch Krampen sich am oberen Rande festhaltend, ein Zinkzylinder, welcher in die Flüssigkeit eintaucht. Der eine Draht ist an die Kohle, der andere an eine Zinkkrampe fest gebunden. Die Leistungsfähigkeit dieses Elementes wird von Fachleuten sehr gerühmt, gerade dort, wo es sich um größere Haustelegraphen handelt. Besonders einfach läßt sich ein „Braunstein-Element" Her stellen. Der Name mag nicht gerade glücklich gewählt sein, weil doch die anderen Elemente dieser Gruppe auch Braunstein ent halten. Ein hohes, rundes Glasgefäß wird unten eine Hand breit hoch mit einem Gemisch von Kohlenstückchen und Braun stein gefüllt. Durch einen paraffinierten Holzdeckel ragt ein Stück Kohle, welches sich mit dieser Masse berührt. Eine Zink platte, die ebenfalls von oben in die Flüssigkeit reicht, ist aber kürzer und so bemessen, daß sie keine Fühlung mit dem Braun stein gewinnt. Beim „Standkohlen-Element" steht im Glasgefäß ein Zylinder, welcher unten so verbreitert ist, daß er kaum Umfallen und höchstens ganz wenig seitlich verschoben werden kann- Die Masse dieser Elektrode enthält Kohle und Braunstein in einem Stück, in einer festen harten Mischung beisammen. Die Zusammensetzung solcher Mischungen ist zweckmäßig folgende: Braunstein 14 Teile, Kohle 52 Teile, Schellack 5 Teile, Kaliumsulfat 3 Teile. Die Mischung wird bei 100 Grad Celsius unter 300 Atmosphären Druck in die gewünschte Form gepreßt. Auch hier hängt, wie bei dem verbesserten Leclanchö-Element, ein Zinkzylinder in die Flüssigkeit. Eine Berührung mit der Kohle erscheint aber darum ausgeschlossen, weil der Kohlen zylinder nicht umfallen und sich nicht seitlich verschieben kann, selbst wenn mit dem Element hantiert wird. Gegenüber einer Zinkplatte oder gar einem Zinkstab, wie er wohl früher bei solchen Elementen verwendet wurde, hat der Zinkzylinder den *) Da manchem unserer Leser die Instandhaltung der Klingel- batterie übertragen ist, sei ihnen dieser Arttkel zur Beachtung empfohlen. Vorteil, daß der innere Widerstand eines solchen Elementes ge ringer wird, denn er stellt doch der Flüssigkeit eine größere Ober fläche entgegen. Zwischen Kohle und Zink sind dann also viel mehr Flüssigkeitsröhren vorhanden, welche als Brücken für die überfließende Elektrizität dienen können. Die Elemente — auch wohl „Fleischer-Elemente" genannt — lassen sich sehr wohl für Fernsprechdienst verwenden, da sie auch bei ziemlich starker Beanspruchung nicht versagen. Ein neueres Element ist das „Beutel-Briquett-Element". Die Kohlenelektrode wird aus einem Kohlenstab hergestellt. Um denselben befindet sich ein in Zylinderform gepreßtes Gemisch von Ceylon-Silber-Graphit (25 o/o) und Braunstein (75 o/o). Ein Leinenbeutel, mit Stricken umgeben, umschließt diese Mischung. Der Boden des Standglases hat in der Mitte eine kleine Ver tiefung, entsprechend zeigt der Glasdeckel oben ein Loch. Setzt man nun den Stab ein, so hat derselbe unten und oben einen Halt, so daß seine achsiale Lage gesichert ist. Um die Kohlen anlage schwebt dann wieder der bekannte Zinkzylinder. Dies Element zeichnet sich dadurch aus, daß der Wasserstoff hier be sonders stark absorbiert wird. Dieses Gas ist es ja gerade, welches, sich an der Kohle festsetzend, eine Art Gegenspannung hervor ruft, welche der elektromotorischen Kraft des Elementes Abbruch tut. Darum empfiehlt sich das Beutel-Element für solche An lagen, welche kräftigeren Strom erfordern, z. B. für kurze Treppen beleuchtung, elektrische Türöffner und dergleichen. Die Flüssigkeit, welche sich im Element befindet und durch Strom mehr oder weniger zersetzt wird, heißt also der „Elektrolyt". Beim Braunstein-Element gilt als die beste Füllung: Wasser, Chlorammonium (Salmiak) und ein Zusatz von Zink- Oxychlorid (Calcium). Das Wasser muß rein sein von festen Bestandteilen, es empfiehlt sich also Regenwasser. Wasser, welches z. B. eisen haltig ist, setzt mit der Zeit eine braune Schicht an die Wände an, welche sich schlecht wegputzen läßt. Außerdem werden durch Zusätze im Wasser die Verhältnisse des Widerstandes der Flüssig keit geändert. Damit sich die Auflösung des Salmiaks gut vollziehe, empfiehlt es sich das Wasser zu wärmen, auch schon darum, weil durch diesen Prozeß das Wasser eine starke Abkühlung er fährt, welche den Gefäßen schädlich werden kann. Wieviel Salmiak dem Wasser beizumengen ist, wird von einem geübten Installateur bald praktisch gefunden werden. Prinzip muß hier sein, es soll gerade Sättigung erreicht werden. Ist der Elektrolyt untersättigt, so bleibt seine Leistungsfähigkeit unter dem erreichbaren Maß, während bei Uebersättigung andere Uebel eintreten. Der Grundsatz: „Viel hilft viel" ist hier durchaus übel angebracht und es würde sehr törichi sein, einfach viel Salmiak zuzusetzen. Das Zuviel scheidet sich aus und bildet Kristalle, welche den inneren Widerstand erhöhen. Die Sättigung wird erreicht, wenn die Lösung etwa 25 0/g Gehalt an Chlorammonium besitzt. Die Calcidummenge, welche man zweckmäßig hinzufügt, mag dann wieder 25 o/g des Salmiaks betragen. Die Zusammensetzung auf 100 berechnet wäre dann also rund: Wasser 70 o/o, Salmiak 23 o/o, Calcidum 7 o/o. Neuer dings kauft man übrigens Salmiak und Calcidum als „Salmiak- Calcidum" gleich im richtigen Verhältnis gemischt. Empfohlen wird das Fabrikat der chemischen Fabrik Busse, Linden b. Hannover. Die Mischung sieht wie weißliches Mehl aus. Da das Calcidum überaus hygroskopisch ist, so muß der Stoff in gut verschlossenen Büchsen versendet; ein angebrochenes Gefäß muß alsbald ver wendet werden, weil sonst die Masse schnell zerfließen würde. Es wird empfohlen, auf 1 Liter Wasser 300 Gramm Mischung zu nehmen. Die Verwendung des Calcidums bietet viele Vorteile. Zu erst nämlich steigert sich bei richtiger Verwendung die elektro motorische Kraft des Elementes bis um 15 o/g. Dann wird aber auch der Elektrolyt günstig beeinflußt: die Flüssigkeit friert weniger leicht ein, die Verdunstung wird gehemmt, die Kristallbildung verringert sich. Außer den genannten Elektrolyten lassen sich noch andere verwenden. Einen gut wirkenden Elektrolyten für solche Elemente gibt auch schwefelsaures Zink, weniger gut ist Chlorzink — seiner stark ätzenden Wirkung wegen — zu empfehlen. Im Not-