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161 Mitteln zu erreichen. Natürlich bietet die Elektrizitätsverwendung den Vorteil, daß auch Motoren an das Netz geschlossen werden können. Um den gewöhnlichen Gasdruck von 30 bis 40 min Wasser säule auf den bei Preßgasanlagen üblichen von 1 m zu erhöhen, bedient man sich des sogenanmen Transformators, der an jede Wasserleitung angeschlossen werden kann, falls der Druck nicht auf 2,5 Atm. herabsinkt. Das Prinzip des Transformators ist ein außerordentlich einfaches: Durch die Saugwirkung des aus strömenden Wassers wird das der Niederdruckleitung entnommene Gas in einen Behälter gedrückt. Das Wasser fließt aus einem ca. 1 m hohen Ueberfallrohr ab, das Preßgas, dessen Druck der Höhe des Ueberfallrohres entspricht, kann an einer beliebigen Stelle dem Behälter entnommen werden. Das Resultat der Druckerhöhung ist zunächst, daß die Heiz kraft des Gases bedeutend steigt. Bei der Verbrennung in einer offnen Flamme bedeutet diese Wirkung einen direkten Nachteil, ein entschiedener Vorteil kommt aber zustande, wenn man den Brenner als Bunsenbrenner ausbildet und die Heizwirkung unter Verwendung eines Glühstrumpfes indirekt ausnutzt. Die Strümpfe müssen natürlich wegen der stärkeren Beanspruchung durch das Preßgas besonders kräftig ausgebildet werden. Das Licht, welches durch die genannte Kombination erzielt wird, ist ein intensiv weißes und dem elektrischen Bogenlicht alten Systems (mit über einander stehenden Kohlen) in Bezug auf die horizontale Licht ausbreitung bedeutend überlegen. Der Preßgasverbrauch eines Brenners von 500 Kerzen beträgt ca. 0,4 obm pro Stunde. Berücksichtigt man, daß 1 obm Preßgas ca. 1,1 odm gewöhnlichen Gases entspricht, und legt man dem Gase einen Preis von 15 Pf. für den obm zu grunde, so ergeben sich die aus dem Gasverbrauche entspringenden Kosten eines 500kerzigen Brenners zu 0,4.1,1.15 — 71/4 Pf. Hierzu kommt noch der Preis für ca. 250 Liier Wasser, der bei einem Wafferpreise von 16 Pf. pro obin 4 Pf. beträgt. Die Gesamtkosten stellen sich sonach auf ca. 11y4 Pfg. Wie bereits angedeutet, kann jede beliebige Gasleitung zur Verteilung des Preßgases benutzt werden, jedoch empfiehlt es sich, bei einer Neuanlage auf die Dichtung der Rohrverbindungen eine ganz besondere Sorgfalt zu legen, da wegen des größeren Druckes des Preßgases die Undichtigkeitsverluste sonst beträchtliche sein können. Während sich das Preßgas bei uns nur sehr langsam einbürgert, hat es sich in Amerika bereits weite Gebiete erobert. So besteht in Aurora (Illinois) ein Gaswerk, welches unter Vermittelung von Fernleitungen 25 Städte uud Dörfer der Um gegend mit Preßgas versieht. Das Gas wird nicht nur zur Straßenbeleuchtung, sondern auch zu Heiz- und Kochzwecken, sowie als Betriebsmittel für Gasmotoren verwendet. Die Ge samtlänge der Gasleitungen erreicht die Kleinigkeit von 690 km. Das Gas wird vermittelst Kompressoren auf ca. 2 Atmosphären komprimiert und in Stahlröhren nach den einzelnen Ortschaften geleitet. Hier wird es zum Teil mit der nach Zurücklegung des weiten Weges verbleibende Spannung direkt an die Konsu menten abgegeben, zum Teil auf eine Spannung von 7,5 om Wassersäule reduziert. Dampfdichtungen, Stopfbüchsenpacknngen. Selbst der dem millionenfachen Maschinenbetriebe unserer Zeit fernstehende Laie begreift ohne weiteres, daß von dem Augenblicke an, wo die erste Dampfmaschine in den Dienst der Industrie gestellt wurde und beispielsweise die erste Lokomotive Menschen und Güter spielend leicht auf ihrem Schienenweg in die Ferne trug, die Dampfdichtnngen, das heißt diejenigen Vor richtungen, welche ein Entweichen des für die Entwicklung maschineller Kraft erforderlichen Dampfes verhindern, die aller größte, fundamentalste Rolle gespielt haben müssen. Denn wie könnte zum Beispiel der auf das Schwungrad einer Maschine wirkende und so alle Räder und Hebel derselben in Bewegung setzende Kolben von dem einströmenden Dampfe mit Sicherheit gezwungen werden, in dem Zylinder hin- und herzu gehen, wenn es dem Dampfe, der ja gleichwie die Luft jedem Auswege zuströmt, möglich wäre, auch nach anderen Richtungen hin zu entweichen? Und doch ist die Gefahr, daß dieses ge schehen könnte, gerade bei der in beständiger Hin- und Her bewegung befindlichen Kolbenstange natürlich eine außerordentlich große und die Erbauer der ersten Dampfmaschinen mußten da her vom ersten Augenblicke an auf Vorkehrungen sinnen, ihr wirksam zu begegnen und sich die volle, ungeschmälerte Gewalt des Dampfes für ihre Zwecke dienstbar zu machen. Nachdem dieses Ziel in der ersten Zeit der Entwicklung des Dampfmaschinenwesens durch andere, weniger vollkommene Dichtungen angestrebt worden war, wurden die Maschinen später mit sogenannten, vor der Kolbenstange angebrachten Stopfbüchsen versehen und diese noch durch besondere „Packungen" mit ge wissen Stoffen so wirksam gegen das zweckwidrige Entweichen von Dampf geschützt, daß der Zweck vollständig erreicht wurde und diese Stopfbüchsenpackungen seitdem in der ganzen Kultur welt zu dem unentbehrlichen Requisiten der gesamten Industrie gehören. Aber auch hier bestätigte die Praxis die alte Erfahrung, daß Rom nicht in einem Tage erbaut wurde. So lange der größte Teil der Dampfmaschinen — und das war in der ersten Zeit immer der Fall — mit sehr niedrigem Drucke arbeiteten und die Schnelligkeit der Kolben in den Zylindern nur eine geringfügige und die dabei erzeugte Tempe ratur eine beschränkte blieb, benützte man als Stopfbüchsen- Packungen allgemein mit Talg getränktes Werg bezw. Hanf strähne (Hanfzöpfe), deren veralteter Gebrauch sich ja teilweise noch bis heute erhalten hat. Als aber die Maschinen mit immer größerer Schnelligkeit getrieben werden mußten, zahlreiche elektrische Kraftwerke ent standen und die Vervollkommnung der Kesselkonstruktion sowie der verschiedenen Entweichungssysteme die Verwendung des Dampfes zu sich immer steigendem Drucke begünstigten, so daß dieser von 4 KZ pro om (damals schon Hochdruck genannt) bald auf 7—8 om als etwas Alltägliches stieg und sogar 10 -12 kg pro ein immer häufiger wurden, stellten sich die Mängel dieser früheren Packung immer fühlbarer heraus. Muß doch eine solche Packung, wenn sie sich bewähren soll, die Dampfentweichung, ohne die Bewegung der Kolbenstange zu beein trächtigen, vollkommen verhindern und eine gewisse Elastizität und zu gleich Dauerhaftigkeit besitzen, damit sie von der Hitze des erhöhten Dampfdruckes möglichst wenig beeinflußt bezw. zerstört und der mit ihrer eventuellen Auswechslung verbundene Zeitverlust auf ein Minimum reduziert wird. Welcher schwierigen Aufgabe in dieser Beziehung die Technik gegenüberstand, erkennt man leicht, wenn man bedenkt, daß z. B. der Dampf kochenden Wassers schon bei 1 Atmosphäre einer Temperatur von 100<> 6., bei 2 Atmosphären einer solchen von 1200 6., bei 5 Atmosphären von 152» 0. und bei 10 Atmo sphären von 1800 0. entspricht, und daß solchen Temperaturen selbstverständlich eine gewöhnliche Packung nimmermehr zu wider stehen vermag, weder betreffs der Dichtungsmaterialien, noch betreffs der zu ihrer Geschmeidigmachung verwendeten Fette. Was die elfteren anbelangt, so bietet sich ja nun zwar, nachdem die mit Hanf, Baumwolle, gewickelten Stoffe mit oder ohne Kautschukbeimengung usw. angestellten Versuche fast gänz lich resultatlos verlaufen waren, in dem Asbest ein auch bei jenen hohen Temperatur-Graden nicht verbrennender Stoff dar, aber hinsichtlich der Einschmierung versagten vollständig die ge wöhnlichen Fette. Die Komposition, mit der man die Dichtungsmaterialien tränkte, konnte auf die Dauer der hohen Temperatur, ohne zu brennen, nicht widerstehen und zersetzte sich außerdem durch den überhitzten Dampf. Kurz, alle Versuche, den höheren Anforderungen der vervoll kommnten Dampfmaschine entsprechende und genügende Packungen herzustellen, erwiesen sich längere Zeit hindurch als aussichtslos. Entweder die Fette stellten sich als nicht schmierfähig genug gegenüber den Reibungen dar oder auch, und zwar in den meisten Fällen, verhärteten sie, sodaß sie in den Stopfbüchsen geradezu zu Steinen wurden, die man nur mit Mühe wieder heraus be kam und die nur zu oft die Stangen verletzten. Endlich gelang es einer angesehenen deutschen Firma, der in Dresden und Warnsdorf domilizierten chemischen Fabrik von I. Richard Zschunke, das Problem der Stopfbüchsen-Packungen