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Band XVII. No. 14. Der Jnsertionspreis beträgt pro viergespaltene Petitzeile oder deren Raum 30 Ps. Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche Chemnitz, den 10. April 1907. Beilagen, von denen der Geschäftsstelle i ein Probeexemplar einzusenden ist, werden unter genauer Angabe der Auslage billigst berechnet. > Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sch Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 3.60 Mk. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 91.) Ulle Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Lhemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redaktionelle Berichte an die Redaktion: Juli an Aralapp, Eh emnitz, Hartmannstr. 15,111 zu richten. Schluß derRedaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. Alle Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Julius Emmerich, Lhemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressieren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Lebensrettung in Bergwerken nach Explosionen. 2. Neue technische Einrichtungen zur Unfallverhütung. 3. Ergebnisse der Tätigkeit des Sächsischen Dampfkessel-Revisions-Vereins. 4. Antilithogonit. 5. Das Preßgas. 6. Dampfdichtungen, Stopsbüchsenpackungen. 7. Verschiedene Mitteilungen. 8. Volkswirtschaftliches. 9. Wer ist dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Jnvalidenversicherungsgesetzes. 10. Bödiker ch. 11. Gewerblich- Soziales. 12. Explosionen und Unglücksfälle. 13. Geschäftliche Mitteilungen. 14. Unterricht. 15. Unsere Beilagen. 16. Bücherschau. 17. Fragen. 18. Antworten. 19. Redaktionsbriefkasten. 20. Bundes- und Bereinsnachrichten rc. 21. Bereinsberichte. 22. Leben und Treiben rc. 23. Adressen-Aenderung. Lebensrettung in Bergwerken nach Explosionen. Nachdruck verboten. Trotz aller Anstrengungen, welche zeitgemäß ge leitete Bergwerksverwaltungen zur Verhütung von Explosionen unter Tage machen, nehmen diese Unglücksfälle an Zahl eher zu als ab. Die Ereignisse dieser Art in den letzten Jahren waren dabei nicht nur zahlreich, sondern auch hinsichtlich der Zahl der Opfer geradezu epochemachend; hat doch das Minen unglück in CourriSres allein über 1300 Menschenleben auf seiner Opferliste. Von großer Bedeutung ist an der Geschichte der meisten dieser neueren Unglücksfälle, daß die Mehrzahl der Verunglückten nicht unmittelbar infolge der Explosion oder durch einstürzendes Gebirge ums Leben kam. Aus vielen Zeichen folgert man vielmehr, daß die meisten Opfer den Tod durch Erstickung oder Hunger gefunden haben. Mit Bestimmtheit sah man es manchen der geborgenen Leichen an, daß die Unglück lichen nach der Explosion noch mehr oder weniger beträchtliche Strecken zurücklegen konnten, bevor der Mangel an Sauerstoff in der Luft, also nur eine Folge der Explosion, ihrem Leben ein Ende machte. Hätten sie einen bestimmten Zufluchtsraum unter Tage gehabt, in welchem frische Luft und Nahrungsmittel vorhanden gewesen wären, so hätten sie den Ausgang der Rettungsarbeiten in aller Ruhe abwarten können, und die Zahl der Opfer wäre nicht halb so groß geworden. Es ist befremdend, daß, während in allen Städten umfassende Vorkehrungen zur Lebensrettung bei Brandunglücksfällen getroffen werden, und während an Meeresküsten mit staatlichen oder gesellschaftlichen Mitteln alles mögliche geschieht, um Menschen in der Seenot Hilfe zu bringen, sehr wenig oder nichts für die unternommen wird, welche unter steter Lebensgefahr tief im Erdinnern Natur schätze zu Tage zu fördern bemüht sind. Und doch sind wohl auf keinem Gebiete so gewaltige Fort schritte zu verzeichnen, wie gerade auf dem bergbaulichen, und auch nirgends ist eine so rapide Entwicklung nach jeder Richtung hin zu erwarten, wie auf dem Gebiete des Kohlenbergbaues. Die jetzt schon enorme Fördermenge an Steinkohlen steigt von Jahr zu Jahr viel rascher, als die Mengen der Weltproduktion in den verschiedensten Erzen. Um nur einen Zweig der Ver wertung der Steinkohlen hervorzuheben, war die gesamte Koks erzeugung der Vereinigten Staaten 1905 auf netto rund 32 Millionen Tonnen gestiegen, während dieselbe 1898, also nur sieben Jahre vorher, weniger als die Hälfte dieser Menge betrug. Diese riesige Zunahme, welche der Größenordnung nach der entsprechenden Zunahme in Europa gleichkommt, ist nicht etwa durch die Erschließung entsprechend mehr Bergwerke erzielt worden; es sind vielmehr die technischen Mittel der Kohlenge winnung derart vervollkommnet worden, daß die Leistungsfähig keit der Werke in zehn Jahren fast verdoppelt wurde. Die Möglichkeiten des Bergwerksbetriebes sind jedoch auch nach dem heutigen Stande der Technik noch nicht erschöpft, was jedenfalls darauf zurückzuführen ist, daß die Bergwerksverwaltungen nicht mit derselben Schnelligkeit die technischen Fortschritte ausnützen, wie diese Fortschritte sich in einzelnen Betrieben bewähren. Und wenn man den fortwährend steigenden Kohlenbedarf des Welt marktes in die Rechnung zieht, so kann mit Sicherheit behauptet werden, daß die Bergwerksarbeit der Zukunft mit bedeutend mehr Gefahren für das Leben der Bergleute verbunden sein wird, als es heute der Fall ist, zumal die größte Gefahr, die der Explosion, technisch so gut wie unkontrollierbar ist. Die Erfahrung lehrt nämlich, daß die überwiegende Mehrzahl der Explosionsfälle nicht durch Fahrlässigkeit entsteht, sondern aus menschlich unkontrollier baren Gründen, d. h. wie man es auszudrücken pflegt, durch höhere Gewalt zustande kommt. Es ist also ein Gebot der Notwendigkeit, durch geeignete Maßnahmen die Bergleute wenig stens vor den schädlichen Folgen der Explosionen möglichst zu schützen. I. L. Dixon, ein genauer Kenner der Verhältnisse in Berg werken, besonders was amerikanische Werke betrifft, schlug in einer Versammlung der Mining Institute in Pittsburg eine ebenso einfache wie billige Methode vor, welche zur Erreichung des geschilderten Zweckes allen Bergwerksbetrieben empfohlen werden kann. Diese Methode besteht darin, daß man unter Tage je nach der Ausdehnung des Werkes einen oder mehrere Räume reserviert, gleichsam Lebensrettungsstationen für den Fall einer Minenexplosion. Diese Dixon'schen Zufluchtsräume sollen im Kohlenflötz selbst ausgehauen und mit dem Querschlägen der be treffenden Sohle durch lange, enge Stollen verbunden werden. Als Abmessungen eines solchen Raumes schlägt Dixon 4,5X9 in vor; er ist mit einer Druckluftzuleitung zu versehen, welche von einer Kompressoranlage über Tage gespeist wird. Die Verlegung der Druckluftzuleitung muß natürlich mit der größten Sorgfalt vorgenommen werden, sodaß die Leitung nach einer Explosion sicher intakt bleibt. Ein solcher Verlegungsmodus ist beispiels weise ein direktes Abbohren nach dem Zufluchtsraum und das Einführen des Rohres in das Bohrloch. Auch in den Quer schlägen selbst kann die Leitung verlegt werden, jedoch zur Wahrung der Explosionssicherheit nur in eigens zu diesem Zwecke ausgehobene Gräben, damit die Verbindung des Zufluchtsraumes mit der Kompressorenanlage auf keinen Fall zerstört wird. So bald eine Explosion stattgefunden hat, wird Druckluft in den Zufluchtsraum gepreßt, um die sich nach diesem Raume rettende Belegschaft mit Luft zu versehen. Außer der Druckluftzuleitung werden die Dixon'schen Räume mit all dem ausgerüstet, was den von demselben beherbergten Bergleuten behilflich sein könnte; also vor allem mit allerlei Geräten und Stoffen zur Hilfeleistung an Verwundete, sodann mit Wiederbelebungsmitteln für Erstickte, mit konservierten Lebensmitteln, alles in luftdicht verschlossenen Gefäßen zum Schutze vor Feuchtigkeit. Des weiteren müßten elektrische Sicherheitslampen, Sauerstoffflaschen und ähnliche Ge räte unter Tage bereit gehalten werden, welche den geretteten