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Band XU. Chemnitz, den 15. November 1901. Nr. 4. Deutsche Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift. Dxgm öez AächUchen Herlmlüez Vereine sür Maschinisten nnk) Heizer. Erstes Fachblatt für alle Maschinisten und Heizer Deutschlands und Oesterreich-UiMrns. Die Zeitschrift erscheint am 10. und 2b. jeden Monats und kostet jährlich 3,60 Mk ^ 2 fl. 25 kr. öftere. Währ. Alle Postämter nehmen Bestellungen znin Preise von 0,90 Mk. — 60 kr. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Reichs-Post-Zeitungs-Liste Nr. 1750a I. Anhang für 1896.) Xi-! Der JnsertionspreiS beträgt pro viergespoltene Petitzeile oder deren Raum 2S Pst Bei Wiederholungen Rabatt. l?« lNilL Beilagen, oo» denen der viedaction ein Probeexemplar einzujenden ist, werden unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. l-M Alle Zahlungen und Sendungen, welche sich aus den Anzeigentheil beziehen, sind an die persönliche Adresse Ernst Pilz, Chemnitz, Bernsbachstr. 27, alle Beilagen, sowie redaktionellen Berichte und Postsendungen an die Redaction Ernst Wurr, Leipzig, Querstraße 1, zu richten. Alle Mittheilnngen snr de» Berband sind an den Vorsitzenden des Sächsischen Verbandes, Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adressiren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Die Dampskessel-Explosionen im Deutschen Reich während des Jahres 1900. (Schluß.) 2. Condenswasser-Riickleiter „Matador". 3. Heizerausbildung in der Schweiz. 4. Prämiirung für Erfindungen von Arbeitern. 5. Die Rechte des Fabrikinspectors. Eingesandt. Biicherschau. Fragen und Antworten re. Die Dampskessel-Explosionen im Deutschen Reich ^.während des Jahres t90ü. (Schluß.) Außer den in vorstehender Zusammenstellung aufgejührten Dampskessel-Explosionen wurden dem Kaiserlichen Statistischen Amt nachfolgende vier weitere Unfälle an Dampfkesseln gemeldet, die aber wegen der Geringfügigkeit der Wirkungen nicht als „Explosionen" im Sinne der Statistik aufgefaßt werden konnten. 1. Braunkohlenbergwerk „Friedrich Anna" der Görlitzer Braunkohlenwerke, G. m. b. H. in Moys, Kr. Görlitz, am 26. März 1'/? Uhr Nachts. An einem 2-Flammenrohrkessel von 14.^ ekm Inhalt wurden beide Feuerrohre vorn im ersten Schuß durch gebaucht; im rechten Flammenrohr entstand ein Riß von 130 mm Länge und 20 mm Breite, sowie mehrere kleinere Trennungen. Nach Aussagen der Kesselwärter soll der Kessel ^/z Stunde vorher gespeist worden sein und sich genügend Wasser im Kessel befunden haben. Dem entgegen ist aus der Durchdrückung der Flamm rohre Wassermangel als muthmaßliche Ursache des Unfalles an zunehmen. 2. Gußstahlfabrik des Bochumer Vereines für Bergbau und Gußstahlfabrikation in Bochum am 3. October 4 Uhr 50 Minuten früh. Der Unfall betraf einen 2-Flammrohrkessel mit Vorwärmer von 39,7 obm Inhalt. In der ersten Rundnaht des linken Flammrohrs rissen 27 Niete der oberen Hälfte ab. Der erste Schuß dieses Flammrohrs wurde derart durchgedrückt, daß an der Rundnaht das eingebeulte Blech den Boden des Rohres berührte. Die vordere Stirnwand der Vorfeuerung, sowie die Hintere Stirnwand des Kesselmauerwerkes wurden nach außen umgeworsen, wie auch ein ca. 8 m in der Richtung des Flamm rohres entfernt stehender Eisenbahnwagen. Die Untersuchung ergab für die Annahme von Wassermangel keinerlei Anhalt, da keine Spuren von Erglühen bemerkt und auch der Black'sche Speiserufer unversehrt vorgefunden wurde. Als muthmaßliche Ursache des Unfalls ist nach dem Bericht Folgendes anzusehen. Der Kessel wurde durch eine sog. Lühr- mann'sche Vorfeuerung ohne Hilfsrost durch entweichende Hoch ofengase beheizt. Bei zeitweisem Ausbleiben des Gasstroms wird durch den Schornsteinzug Luft in die Feuerzüge eingesogen, sodaß sich beim Wiedereintritt des Gases ein explosibles Gemisch bilden und an dem heißen Mauerwerk entzünden kann. Zugleich mit der Zerstörung der Hinteren Stirnwand wurde das gußeiserne 9 om weite Wasserstandsrohr oben und unten abgebrochen, wo durch am Scheitel des Hauptkessels und am Vorwärmer plötzlich eine Oeffnung von 64 gom Querschnitt entstand. In Folge der eintretenden Druckentlastung und der hierdurch hervorgerufenen plötzlichen starken Dampfentwicklung soll das Gefüge des Kessels derart erschüttert worden sein, daß die Niete in der angedeuteten Ausdehnung abrissen, sodaß sich durch den Druck des ausströmen den Wassers das freigewordene Ende des Flammrohrs durchdrückte. Daß sich die muthmaßliche Störung der Gasfeuerung nicht bei sämmtlichen in gleicher Weise beheizten Kesseln geltend gemacht hat, wird dadurch zu erklären versucht, daß die Beobachtung lehre, wie die Verbrennungsvorgänge bei den einzeln zur gleichen Gruppe gehörigen mit Gas beheizten Kesseln je nach der Belegung der Feuerzüge mit Flugstaub usw. sehr verschieden sind. Ein weiterer Erklärungsversuch dieses Unfalls ist folgender: Da eins der beiden Gasventile bei der Explosion geschlossen war, so ist es nicht unmöglich, daß durch irgend einen Zufall oder eine Nachlässigkeit des Personals die Ga »Zuführung für die eine der beiden Verbrennungskammern bezw. für das eine Flamm rohr schon längere Zeit vor der Explosion abgesperrt war. Die Gasexplosion würde sich in diesem Falle so erklären lassen, daß allmählich unverbranntes Gas in die abgestellte Verbrennungs kammer (bezw. in das Flammrohr) von der anderen Seite durch die undichte Scheidewand der beiden Feuerungen übergetreten ist, welches mit der eingesaugten Luft ein explosibles Gemisch bildete. Die durch die ungleichmäßige Erhitzung der beiden Flammrohre in diesen und besonders deren Nähten und Nieten auftretenden Spannungen würden dann das Eintreten des Bruches an dieser Stelle begünstigt haben. 3. Teppichfabrik von Bachmann L Ladewig in Chemnitz am 10. December früh 6 Uhr 25 Minuten. Ein 2-Flammrohrkessel mit Galloway Röhren war mit einem darüber liegenden eng- röhrigen Siederohrkessel derart combinirt, daß in letzterem gespeist wurde und das Wasser durch ein Ueberlaufrohr in den Unterkessel gelangte. Der Oberkessel hatte 11,zz, der Unterkessel 13,^ edm Inhalt. Der über dem Roste liegende 2. Bund des rechten Flammrohres wurde in eigenthümlicher Weise rechts und links von der Verticalen eingebeult. Die linke Einbeulung erhielt einen 390 mm langen Qnerriß der an der breitesten Stelle 100 mm weit klaffte. Am Sonnabend Abend soll der Wasserstand im Kessel auf etwa 12 «m über den tiefsten Stand gebracht worden sein. Am Montag Morgen trat der Heizer etwa eine Stunde später als erforderlich zum Dienst an. Er machte rasch Feuer, ohne sich zuvor vom Wasserstand im Kessel zu unterrichten. Hierfür spricht, daß man bei der Untersuchung die Absperrungen der Wasserstandsvorrichtungen am Oberkessel noch geschlossen und die Verbindung des rechten Wasserstandsglases am Unterkessel vom Kesselinnern durch vorgepreßtes Dichtungsmaterial verstopft vorfand. Der Wärter hatte wenige Tage vorher ein neues Wasserstandsglas eingesetzt, für dessen untere Abdichtung der alte, bereits breit gepreßte Ring beibehalten wurde. Wenn der Heizer die Absperrungen der Wasserstandsgläser am Unterkessel auch geöffnet haben sollte, so dürste in Folge der unteren Ver stopfung der Röhre doch Wasser im Glase verblieben sein, während solches im Kessel nicht vorhanden war. Das Wasser war durch das undichte Ablaßventil in der Zeit von Sonnabend bis Montag