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150 neu eintretende Mitglieder im ersten Jahre ihrer Mitgliedschaft ihre Beitragskarten ausfüllen, kommt dadurch sicher ein weit höherer Betrag zusammen, doch soll auch dieser sicher zu er wartende Ueberschuß hier unberücksichtigt bleiben, damit nicht gesagt werden kann, es sei mit Wahrscheinlichkeiten statt mit Thatsachen gerechnet worden. Am Ende des dritten Jahres beträgt das Grundcapital Mk. 70 335 4-Zinsen 3^/2»/, rund Mk. 2811 4-Jahresbeitrag Mk. 7200 Mk. 80 346, im 4. Jahr 80 346 3162 4- 7200 Mk. 90 708, - 5. - 90 708 4- 3525 4- 7200 --- - 100 433, - 6. - 100 433 4- 3890 4- 7200 -- - 111523, - 7. - 111523 4- 4188 4- 7200 - 122911, - 8. - 122 911 4- 4687 4- 7200 - 134 798, - 9. - 134 798 -4 5003 4- 7200 - 147 001. - 10. - 147 001 4- 5145 4- 7200 - 159346. Es kommt also in 10 Jahren bei einer ganz unmerklichen Belastung des Einzelnen ein ganz respectables Capital zusammen, mit welchem sich eine segensreiche Einrichtung schaffen läßt, die allen Mitgliedern zu Gute kommt, gewiß ein schöner Beweis, daß Einigkeit stark und viele Wenig ein Viel machen. Dies dann zur Verfügung stehende Capital giebt einen Zinsertrag von jährlich Mk. 5530 4- Jahresbeitrag Mk. 7200 - Mk. 12 730, welche nach zehnjährigem Bestehen der Casse zu Unterstützungszwecken verfügbar sind. Muß nun auch ein gewisser Procentsatz auf Verwaltungskosten abgerechnet werden, so bleiben mit Berücksichtigung der Ueberschüsse durch neu ein tretende Mitglieder doch sicher 12 000 Mark zur freien Ver fügung und ist schon aus diesem kurzen Beispiel zu ersehen, daß das Capital bei größerer Mitgliederzahl ein bedeutend höheres wird und die cingezahlten Beiträge in den wenigen Jahren sich beinahe verdoppelt haben. Eine zehnjährige Carenzzeit muß unbedingt eingehalten werden, ehe bei so geringen Beiträgen an Auszahlung einer Rente gedacht werden kann, es ist dies auch unbedenklich, da das Ausnahmealter unserer Mitglieder voraussichtlich das 50. Lebensjahr nicht überschreiten darf, in diesem Alter im Allgemeinen noch körperliche Rüstigkeit vorausgesetzt werden kann und erst mit oder nach dem 60. Lebensjahre unsere Collegen nicht mehr im Stande sind, ihren Beruf auszuüben, eine schwere Stellung zu bekleiden. Industrie sowie Staat haben bei dieser Altersstufe bekanntlich nichts für den Arbeiter übrig und ist es daher unsere Aufgabe, uns selbst eine Pension zu schaffen. Wie groß dieselbe bemessen werden kann, richtet sich natürlich nach der Zahl der Rentenempfänger, darüber Erhehungen anzustellen, ist ja Zeit genug in den 10 Jahren, wo das Capital gesammelt wird, es können während dieser Zeit alle nöthigen und wünschens- werthen Bestimmungen getroffen werden, Statuten entworfen, die Cassenverwaltung geregelt und erprobt, sowie die Frage ent schieden werden, ob diese Pension auch nicht mehr im Beruf arbeitsfähigen Unfallrentnern zu gewähren ist. Die wichtige Frage, was Diejenigen zu erwarten haben, welche in Folge früheren Todes oder Austritt nicht in den Ge nuß einer Pension gelangen, bleibt nun noch zu beantworten. Daß die im ersten Jahre des Bestehens der Casse resp. Bei tritt des Mitglieds gesteuerten 10 Mk. unveräußerliches Eigen thum des Einzahlers bleiben, ist schon Eingangs erwähnt, wer vor Ablauf der Carenzzeit, also innerhalb zehnjähriger Mitglied schaft, bei der Casse austritt oder stirbt, erhält diese 10 Mk. ohne Abzug, aber auch ohne Zinsvergütung zurück. Wer nach 10 Jahren Mitgliedschaft austritt oder stirbt, ohne Pension be zogen zu haben, erhält den Grundbetrag nebst Zinsen zurück. Nach 15 jähriger Mitgliedschaft werden außerdem noch die Hälfte der gezahlten Beiträge zurückerstattet. Wer eine Pension be zogen hat, erhält bei seinem Ableben seinen Grundbetrag ohne Zinsen und Beiträge zurück. Unserem Verband neu beitretende Mitglieder müssen selbstverständlich im ersten Jahr ihren Beitrag zum Grundbetrag, also die 10 Mk., in wöchentlichen Raten von je 20 Pfg. entrichten, sollten gegen diesen Zahlungsmodus als schwer durchführbar Bedenken erhoben werden, so könnte die Schaffung des Grundbetrags auch auf 2 Jahre ausgedehnt werden, in der Weise, daß wöchentlich nur 10 Pfg. eingezahit werden brauchen, es müßte indeß dann die Carenzzeit auf elf Jahre ausgedehnt werden, und scheint es sehr wohl möglich, einen Wochenbeitrag von 20 Pfg. aufzubringen, da das Geld doch nicht verloren ist, sondern Eigenthum des Einzahlenden bleibt. In einem anderen Verband beträgt der regelmäßige Wochenbeitrag während der ganzen Dauer der Mitgliedschaft 20 Pfg. und obgleich die Lohnverhältnisse bei demselben keines wegs günstigere sind als bei uns, wird diese Steuer wider spruchslos bezahlt. Daß der im Vorstehenden entwickelte Plan von der Mehr zahl unserer Mitglieder im ersten Augenblick als undurchführbar betrachtet wird, ist wohl anzunehmen, ebenso wird es nicht daran fehlen, daß der Gedanke von einigen derselben direct verspottet wird und möglicherweise sogar Verleumdungen aus gesprochen werden. Darum bitte ich die Mitglieder unseres Verbandes, den Vorschlag eingehend und unbefangen zu prüfen, zu erwägen, ob seine Einführung nicht besser und für uns nütz licher ist, als unerreichbaren Phantomen nachzugehen. Selbst verständlich kann zum bevorstehenden Delegirtentag kein Beschluß darüber gefaßt werden, wohl aber bietet sich durch die Zusammen kunft der Vertreter aller Vereine aus Nord, Süd, Ost und West eine günstige Gelegenheit zu persönlicher Aussprache über den Plan, aus welcher möglicherweise zu entnehmen ist, ob Aussicht vorhanden, denselben durchzuführen. Damit Zeit bleibt, sich mit demselben in seinen Einzelheiten vertraut zu machen, hielt ich es für das Zweckmäßigste, denselben schon heute zu veröffentlichen. Schlußwort: Das Dichten und Streben eines Jeden ist doch im Alter möglichst etwas zu haben, von dem man in Ruhe zehren kann. Wie es aber nun in der Welt eingerichtet ist, sind die Löhne nur so bemessen, um von der Hand in den Mund zu reichen, da dürfen selbstverständlich Krankheiten, Arbeitslosigkeit und dergl. nicht eintreten, sonst ist schon Schmalhans Küchen meister. Es bietet sich hier Gelegenheit, sich eine Sparbüchse anzulegen, um daraus Nutzen zu ziehen, wenn wir alt und arbeitsunfähig werden; wir entziehen uns der Nothwendigkeit, Gnadenbrot zu essen, Familienangehörigen oder gar den Ge meinden zur Last zu fallen. Auf Collegen! Ergreifet die Gelegenheit, thue Jeder sein Möglichstes, dies herrliche Ziel verwirklichen zu helfen, laßt kleinliche Bedenken fallen, habt das große Ganze im Auge. Mit dem Rufe: „Alle Collegen auf Posten!" grüßt mit „Gut Dampf!" Julius Emmerich. Die Rechte des Fabrikinspectors. Vergl. den Artikel in Nr. 4 dieses Bandes unserer Zeitschrift Seite 28 und 29. Gerichtlich entschieden ist nun, daß ein Fabrikinspector das Recht hat, ohne Wissen und ohne Beisein des Fabrikleiters einen Betrieb zu betreten, und daß, wer ihn daran hindert, strafbar ist. Der Director der Schüler'schen Metallwaarenfabrik in München, Ingenieur Georg Deisenhoser, processirte wegen dieser Sache, nachdem er ein Strafmandat über 15 Mk. erhalten hatte, wegen des Befehls an den Fabrikportier, Niemand, wer es auch sei, durch den von den Arbeitern benutzten Eingang passiren zu lassen. Der Portier hatte deshalb den Assistenten des Gewerbe inspectors für Oberbayern, Dr. Bergmann, angehalten und ihn nach dem Eingang gewiesen, der an dein Contor vorüberführt. Das Amtsgericht bestätigte das Strafmandat gegen Deisenhoser, weil, wenn der Fabrikinspector sich erst anmelden müsse, die Arbeiterschutzgesetze illusorisch werden würden. Das Landgericht hob dieses Urtheil auf und sprach Deisenhoser frei, welches be fremdliche Erkenntniß auch im Reichstage durch den Abgeord neten Wurm die gebührende Kritik erfuhr. Der Staatsanwalt legte denn auch Revision ein, die von Erfolg war. Das Ober landesgericht hob das Urtheil auf und verwies die Sache an dasselbe Landgericht I zurück, das auf Freisprechung erkannt hatte. Abermals sprach dieses den Angeklagten Deisenhoser frei, abermals hob das Oberlandesgericht dieses Urtheil auf. Es verwies aber diesmal die Sache vor das Landgericht II und dieses bestätigte das Urtheil gegen Deisenhoser und legte ihm die Kosten aller drei Instanzen auf. In der Verhandlung hatte