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Band Xll. "Chemnitz, den 1. Mai 1SÜ2. Nr. 15. Deutsche ( Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift. Trzss der AsckHches Herbssdez der bereise irr Msjchisiltes »sd Heizer. Erstes Fachblatt für alle Maschinisten und Heizer Deutschlands und Oesterreich-Ungarns. Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 3,60 Mk. — 2 fl. 25 kr. österr. Währ. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 0,90 Mk. — 60 kr. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Reichs-Post-Zeitungs-Liste Nr. 1750» I. Anhang sür 1896.) Beilagen, von denen der Redactton et» Probeexemplar einjnsenden ist, werde» unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. Der JnserttondPret« betriigt pro vtergespaltene Petitzeile oder deren Raum r» Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Me Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigentheil beziehen, sind an die persönliche Adresse Ernst Pilz, Chemnitz, Bernsbachstr. 27, alle Beilagen, sowie redactionellen Berichte und Postsendungen an die Redaction Ernst Wurr, Leipzig, Querstraße 1, zu richten. Alle Mittheilungen sür den Verband sind an den Vorsitzenden des Sächsischen Verbandes, Julius Emmerich, Chemnitz, Sonnenstr. 11, zu adrcssiren. Jnha lts - Verzeichnis; l 1. Die Entwickelung und der gegenwärtige Stand der Heizerausbildung. 2. Selbstthätiger Aschenfallschließer. 3. Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Düsseldorf. 4. Ein Zukunftsplan. 5. Die Rechte des Fabrikinspectors. 6. Volkswirthschaftliches. Eingesandt. Fragen. Antworten. Bücherschau rc. Die Entwickelung und der gegenwärtige Stand -er Heizerausbildnng. (Nachdruck verboten.) In den Verordnungen, die polizeiliche Beaufsichtigung der Dampfkessel betreffend, lautet § 14, Abs. 3.: Die Bedienung des Dampfkessels ist nur zuverlässigen und in diesem Geschäfte wohlbewanderten Leuten anzuvertrauen. Abs. 4.: Es ist dafür zu sorgen, daß die letzteren mit den Verhal tungsmaßregeln oder mit den an deren Stelle für besondere Fälle erlassenen und von dem Ministerium des Innern genehmigten Instructionen wohl bekannt sind und dieselben genau befolgen. Und in Z 21 heißt es: Den Gewerbeinspectionen liegt die allgemeine Aufsicht darüber ob. daß diesen Bestimmungen nachgegangen werde; sie haben sich daher zu überzeugen, ob die Dampfkesselheizer mit den allge meinen Verhaltungsmaßregeln genau bekannt sind und denselben auf Verlangen hierüber eine Bescheinigung auszustellen. Ju diesen wenigen Worten ist Alles enthalten, was die Regierung über die für Wirtschaftlichkeit und Sicherheit eines Betriebes so wichtige Thätigkeit eines Heizers und Kesselwärters zu sagen weiß. Wo die für einen so verantwortungsvollen Posten geeigneten Leute herzunehmen, wie sie für ihren Beruf auszubilden sind, bleibt den Privatbesitzern von Dampfanlagen überlassen. Daß eine gründliche practische Ausbildung, sowie auch theoretische Kenntnisse für den Heizer nöthig sind, weiß der Staat, soweit er Arbeitgeber ist, sehr gut, deshalb wird auch bei der Marine und den Eisenbahnverwaltungen schon in der Wahl der sür diesen Posten geeigneten Personen mit großer Sorgfalt verfahren, ihnen Gelegenheit zur Ausbildung gegeben und durch Prüfungen, welche sie zu bestehen haben, festgestellt, ob dieselben auch mit Erfolg benutzt worden sind. Wie sich die Privatindustrie mit der Frage abfindet, bleibt derselben lediglich selbst überlassen unb ist, da bald eingesehen wurde, daß eine entsprechende Ausbildung der Heizer nöthig sei, die Folge davon eine große Mannichfaltigkeit in der Art, dem Lehrgang und natürlich auch den Erfolgen der bestehenden Heizerschulen. Aus naheliegenden Gründen haben sich besonders die Kessel revisionsvereine der Sache ganz besonders angenommen, da sie wohl erkannten, daß das Interesse ihrer Mitglieder am besten gewahrt ist, wenn die in Anschaffung und Unterhaltung kost spielige Anlage von sachkundigen Leuten bedient wird. Bekanntlich wurden die Dampfkesselrevisionsvereine im An fang der 70er Jahre, als die Entwickelung Deutschlands zum Industriestaat ein rascheres Tempo annahm, ins Leben gerufen und mit dieser Zeit begannen auch die Bestrebungen zur Durch führung der Heizerausbildung. Angewandt wurden von Anfang an drei verschiedene Mittel zur Erreichung dieses Zieles. 1. Probe- oder richtiger Preis heizversuche, 2. Anstellung von Lehrheizern und 3. Heizerschulen. Die ersten Heizversuche wurden schon 1861 von der Elsässer Vereinigung in Mülhausen durchgeführt und eine längere Zeit jährlich fortgesetzt. Dieselben erregten die allgemeinste Auf merksamkeit, indem sie ziffernmäßig den Beweis erbrachten, wie groß der Unterschied im Kohlenverbrauch zwischen zwei selbst als tüchtig bekannten Heizern ist und dadurch zu dem Schluß führten, welche Vergeudung an Brennmaterial die Anstellung eines ungeübten Heizers bedeuten müsse. Auch ein Wettheiz versuch, welchen Herr Weinlich, der frühere Direktor des Magde burger Vereins für Dampfkesselbetrieb, 1885 veranstaltete, lehrte, daß von 11 tüchtigen Heizern der beste mit 1 KZ Steinkohle 6,89 KZ Wasser, der schlechteste aber nur 4 KZ Wasser ver dampfte. (E. Schlippe, der Dampfkesselbetrieb, Sette 49.) Ein ähnliches Resultat ergaben Versuche, welche 1887 und 1890 in St. Petersburg durchgesührt wurden. Der für uns inter essanteste Versuch ist derjenige von 1892 in Frankfurt a. M., weil derselbe auf Anregung des dortigen Maschinistenvereins vorgenommen und mit dessen thatkräftiger Unterstützung durch geführt wurde. Die Probeheizungen fanden auf dem städtischen Schlachthofe statt, begannen am 3. Februar und endeten am 5. März 1892. Es betheiligten sich an demselben 20 College« und betrug der Unterschied in der Ausnützung des Heizwerthes der Kohlen zwischen der besten und geringsten Leistung 14 <>/,. Probe- oder Wettheizversuche dieser Art sind in neuerer Zeit aufgegeben worden und werden an ihrer Stelle Ver- dampsungsversuche an größeren Anlagen durchgeführt, um dar nach den Kohlenverbrauch bei regelmäßigem Betriebe controliren zu können. 2. Die Lehr- oder Wanderheizer sind meist ehemalige Schlosser oder Monteure, welche eine entsprechende Ausbildung als Heizer erhalten haben und von Seiten der Revisionsvereine den Ver einsmitgliedern auf einige Tage überlassen werden zur Controle und zum Anlernen ihrer Heizer. Der Belgische Revisionsverein z. B. verfährt in der Weise, daß sein Lehrheizer am ersten Tage den Fabrikheizer arbeiten läßt und nur seine Verdampfung controltrt, ohne ihm Rathschläge zu ertheilen; am zweiten Tage heizt er selbst, am dritten der Fabrikheizer unter der Controle und nach den Anweisungen des Lehrheizers. Nicht selten kommt es vor, daß der mit den Eigenthümlichkeiten des Fabrikbetriebs mehr vertraute Fabrikheizer am dritten Tage ein besseres Resultat erzielt als der Lehrheizer am zweiten. Ihre Aus bildung erhalten die Lehrheizer durch die Vereinsingenieure, welche sie längere Zeit bei ihren Revisionsfahrten mitnehmen (Düsseldorfer Verein), sie mit den Kesselanlagen bekannt machen und ihnen auch etwas theoretischen Unterricht ertheilen. Oder sie werden m verschiedene Kesselhäuser abcommandirt (Boyertscher Verein), um sich mit dem Betrieb bei verschiedenen Kesselanlagen und verschiedenem Brennmaterial bekannt zu machen. — So praktisch auch die Belehrung der Fabrikheizer durch Lehrheizer j sein mag, so hat doch die Beschaffung eines passenden Candi-