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Absendung eine« Telegramms an den Fürsten Bismarck einstimmig von der Versamm lung beschlossen wurde, erhob der Regierungs- Präsident Winzer hiergegen Einspruch; eS würde ihn seine Stellung kosten, wenn er hierzu seine Zustimmung geben wolle. Und so unterblieb die Absendung des geplanten Telegramms. — Oesterreich. Trautenau. Bei der von einer unzähligen Menge Hiesiger und Reichsdeutscher besuchten Erinnerungsfeier der Schlacht bei Trautenau hielt der Stadtdechant Hoffmann in mitten der herrlich geschmückten Gräber des Kapellen berge» eine ergreifende Ansprache, in welcher er die aus den Gräbern der Gefallenen herrlich erblühte Palme des Friedens pries und den Allmächtigen anflehtc, er möge Vas heilbringende Bündniß beider Reiche, sowie ihre Herrscher ferner segnen. Ungezählte Kränze von Oesterreichern und Reichsdeutschen wurden auf dem Kapellenberge und der Gablonzhöhe nachher niedergelegt. — Rußland. Wie aus Odessa gemeldet wird, haben die Lehrer, die in Rußland an deutschen Schulen beschäftigt sind, von dem Unterrichtsminister die Weisung erhalten, daß, wenn sie bis zum Septem ber 1892 keine genügende Prüfung in der russischen Sprache abgelegt hätten, sie von ihrem Posten ent lassen würden. — Türkei. Die Räuber kehren sich nicht an die Truppenentfaltungen und sonstigen Vorkehrungen der Pforte und „arbeiten" lustig weiter. Aus Salo- nichi wird gemeldet: Eine 25 Mann starke Briganten bande schleppte einen reichen jüdischen Kaufmann, Juda Jakoel, aus seinem Hause in Gomenvsche fort und verlangt 5000 Pfund Lösegcld. Sie sind also um die Hälfte billiger, als der spurlos verschwundene „Hauptmann" Athanas. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Die nach langem Hoffen end lich eingctretene warme Witterung hat »nS bis jetzt fast täglich Gewitter gebracht. Glücklicherweise sind dieselben sammtlich vorübergegangen, ohne Schaden zu verursaäsen. Als ein merkwürdiger Fall ist cs zu bezeichnen, daß in der vorigen Woche ein Blitz auf hiesiger Flur in einem Felde fast an der nämlichen Stelle eingeschlagen hat, wo vor einigen Jahren eine Frau vom Blitz erschlagen worden ist. — Der Sitte, am Johannissonntagc die Gräber zu schmücken, wird wohl nirgends in ausgedehnterem Maße gehuldigt als hier. Nur wenig Grabhügel waren am vergangenen Sonntag auf dem hiesigen Frievbofe anzutreffen, auf denen nicht Kränze und Guirlanden oder frische Blumen »iedergelegt waren, und die nicht Zeugniß davon ab gelegt hätten, daß man den verstorbenen Verwandten und Freunden ein treues Andenken bewahrt. , — Dresden, den 28. Juni. Ganz unerwartet erschien vorgestern Mittag ^12 Uhr Ihre Majestät die Königin in der Volksküche des Bezirks vereins für die Johannstavt, Elisenstraße 2, wobei Frau Oberlehrer Grahl die Führung übernahm. Ihre Majestät besichtigte eingehend alle Theile der Anstalt mit großem Interesse. Die zahlreichen, ihr Mittagsmahl — Rothkraut mit Schweinefleisch, die Portion 15 und 10 Pfg. — in der Anstalt einnehmenden Arbeiter waren über die Ehre einer '/^stündigen An wesenheit der Königin sichtlich erfreut. — Dresden. Mitte voriger Woche wurden in Bodenbach 155 russische Juden angehaltcn und wegen mangelnden Ausweises genügender Subsistenz mittel an der Weiterreise verhindert. Nach Prager Blättern geschah dies auf Anordnung des sächsischen GrenzkommissariatS. Freitag Abend soll dann ein Telegramm des sächsischen Ministeriums des Innern eingelroffen sein, daß die Weiterreise erfolgen könne. Am Sonnabend Vormittag gegen halb 11 Uhr passirten die Ausgewiesenen Dresden, wo sie 35 Min. Aufenthalt hatten. Ihre Dresdener Stammesgenossen boten ihnen jedoch keine Erquickung. Kurz nach 1 l Uhr strebten die Wanderer weiter gen Argentinien. — Ein Dresdner Radfahrer schreibt den „Dr. Nachr.": „Als ich vorgestern Abenv in Be gleitung von zwei Freunden gegen 10 Uhr durch die Haupt-Allee des Großen Gartens nahe der Cen taurengruppe von einer Ausfahrt nach Zschachwitz mit Rad zurückkehrte, sah ich mich genöthigt, abzu steigen, um den etwas zurückgegangenen, brennenden Docht der Lampe weiter herauszudrehen. Im Be griffe, den Rover wieder zu besteigen, fühle ich plötz lich einen furchtbar stechenden Schmerz in der rechten Wade, so daß ich wie ohnmächtig zusammenbreche. Gleichzeitig höre ich einen kleinen Körper auf den Weg fallen, den ich aber trotz eifrigen Suchen« nicht finden konnte. Ich war nicht im Stande, weiter zu laufen oder zu fahren, und bin durch meine Freunde in meine Wohnung gebracht worden. Diesen Vor fall erkläre ich mir nur dahin, daß sich eine elende Person das sehr gefährliche Vergnügen macht, aus sicherem Versteck mit einer Windbüchse, Katapult oder einem ähnlichen Instrumente auf vorüberfahrende Radfahrer Wurfgeschosse zu schleudern, um dann im schützenden Dunkel der Nacht zu verschwinden! Denn eine kleine Kugel oder Aehnliche« war es, was mich naf. Eine offene Wunde habe ich zwar nicht, doch zeigt sich ein sehr rother Fleck von der Größe eine- Zehnpsennigstücke«, der lebhaft schmerzt. Gehen kann ich noch nicht! Wie leicht kann nun ein solche- Ge schoß den Kopf oder ein Auge treffen, sodaß noch viel größere« Unglück angerichtet werden kann. Wenn es nun ja wohl sehr schwer sein wird, diesen Menschen zu ermitteln, so halte ich eS doch für meine Pflicht, Ihnen diesen Vorfall mitzutheilen. Vielleicht hilft der Zufall zur Ermittelung des ThäterS." — Die Sozialdemokraten Leipzigs gehen jetzt ernsthaft mit dem Gedanken um, sich ein eigenes VersammlungShauS zu bauen, da ihnen nur wenig große Säle, die von dem feineren Publikum frequen- tirten aber gar nicht, zu Versainmlungen zur Ver fügung stehen. DaS Projekt wurde schon vor zwei Jahren angeregt, kam aber, wahrscheinlich aus Geld mangel, nicht zur Ausführung. Jetzt soll nun ein Theil des Ueberschusses von der Maifeier zusammen mit den früher bereit« zu diesem Zwecke gesammelten Geldern als Grundkapital zu dem Hausbau ange legt und alles Weitere in einer für die nächsten Tage einberufenen Versammlung beschlossen werden. — Li mb ach. Auf Anregung der Direktion der ersten Bürgerschule ist der Versuch gemacht worden, dSn Kindern dieser Schule Gelegenheit zu geben, sich nach der Arbeit in der Schule an einigen Tagen in der Woche durch ein gemeinsames Spiel zu er götzen. Für die vom Turnlehrer der Anstalt ge leiteten Spiele ist der Turnplatz gewählt worden und in der Zeit zwischen 6 und 7 Uhr Nachmittags bewegt sich eine frohe Kinderschaar auf diesem Platze, um alte, wohlbekannte Spiele vorzunehmen; die seit herigen Versuche, zu welchen sich stets eine ansehn liche Anzahl von Kindern eingefunden hatte, lassen hoffen, es werde sich diese auch anderwärts zum Segen der Kinderwelt getroffene Einrichtung, bei welcher ja auch wichtige erzieherische Zwecke in Frage kommen, in unserer Stadt gleichfalls einbürgern und als eine segensreiche erweisen. — In Sorga bei Auerbach wird seit einiger Zeit der 35 Jahre alte Sticker P. vermißt. Derselbe verließ, nur mangelhaft bekleidet, am 21. ds. MtS. seine Wohnung und ist bis heute noch nicht zurück gekehrt, sodaß man, zumal er sich schon längere Zeit vorher schwermüthig gezeigt hatte, vermuthet, er habe sich ein Leid angethan. Trotz unausgesetzten Suchens von Seiten seiner Verwandten und Bekannten ist aber bis jetzt noch keine Spur von P. entdeckt worden. P., der sich übrigens in völlig geordneten Vermögens verhältnissen befand, hinterließ Frau und 5 Kinder. — Zur Wilvschadenfrage schreibt man den „Dr. Nachr." im Hinblick auf das neuliche Einge sandt: Der Einsender des Artikels über das neue preußische Wildschadengesctz ist jedenfalls nickt voll ständig unterrichtet über das Jagd- und Wildschaden gesetz des Königreichs Sachsen. In unserem sächsischen Jagdgesetz ist jede Jagdgenossenschafl berechtigt, in ihren Verpachtungsbedingungen Entschädigungen für Wildschäden aufzunehmen, wovon öfters in der aus giebigsten Weise Gebrauch gemacht wird. Se. Maj. der König zahlt alljährlich aus seiner Privatschatulle bedeutende Summen für Wildschäden, nicht minder Besitzer von Privatrevieren, deren Reviere an Staats und anderen Forsten grenzen. Die Herren Taxa toren von Wildschäden können ein Lied singen, wie findig mitunter einzelne Besitzer sind, deren Fluren an größeren Waldkomplexen liegen. Es wird oft ein Anbau getrieben, welcher allen landwirtbschaftlichen Erfahrungen schnurstracks zuwiderläuft. — Nicht zu verkennen ist es, daß das Wild, namentlich Hochwilv, auch mitunter in geringer Zahl dem Landwirth be deutenden Schaden verursacht. Wenn es aber nach den Klagen und Wünscken Einzelner ginge, so dürften die Revierbesitzer zwar Jagdpacht zahlen, aber auf dem Revier würden wenig lebende Wesen ihr Dasein fristen. Gottlob, daß wir noch größere Staats- und Privatforsten besitzen, wo das edle Wild nicht ganz auf den Aussterbeetat gesetzt ist. — Graf v. d. Recke-Volmerstein erläßt nachstehende beachtenswerthe Mittheilung: „Da die Zeit gekommen ist, wo tolle Hunde und der Biß giftiger Schlangen den Menschen Gefahr bringen, so will ich wiederum daran erinnern, daß wir gegen beides ein sicher wirken des Mittel besitzen, das ohne Kosten von Jedem an gewendet werden kann. Es ist dies ein richtig ange- wendeteS Schwitzbad. Der Gebissene wird ganz ent kleidet und auf einen durchlöcherten Rohrstuhl, oder, wo dieser fehlt, auf zwei nebeneinander gestellte Stühle gesetzt, daß der größte Theil des Körpers frei bleibt; dann wird der Patient mit einem großen Laken oder zwei Betttüchern, die um den Hals befestigt werden und ringsum den Boden berühren, bedeckt, eine Unter tasse mit etwa ein Viertelliter angezzindetem Brenn spiritus untergeschoben. Dies wird einen Schweiß hervorbringen, daß er ordentlich fließt. So läßt man den Patienten ruhig sitzen, bis der Schweiß nachläßt, dann wird er tüchtig trocken gerieben und, wenn man eS haben kann, in eine wollene Decke eingehüllt, ein gut durchwärmtes Hemd angezogen und in'S Bett gelegt. Bald nach dem Bisse angewendet, ist ein Mal genügend; sind aber schon Tage darüber ver gangen, dann muß da« Schwitzbad zwei bis drei Tage wiederholt werden. Die Folgen jeder Blutvergiftung können auch auf diese Weise geheilt werden. Ich wünsche, daß alle Blätter die» aufnehmen, damit eS recht bekannt und so im Gedächtniß de« Volke« bleibe." Sitzung -es Ltjirksausschuffrs der Löniglichen Amtshaupt- mannschast Zchwarzenbrrg, am 2V. Juni I8SI. 1) Der Bezirksausschuß hält vor Genehmigung des Ortsstatuts für Oberpfannenstiel die Erledigung der dagegen gezogenen Erinnerung für erforderlich, 2) befürwortet die Gesuche von 2» Gemeinden des Bezirks um Gewährung von Staatsbeihilfen zur Erweiterung von Volksbibliotheken, 3) ist mit den Vorschlägen zur Wahl von Vertrauensmännern für die Feststellung der Urlisten und Wahl von Schöffen zu bildenden Ausschuß einverstanden, 4) genehmigt die Uebernahme einer bleibenden Verbindlichkeit Seiten der Gemeinde Pöhla betreffs Einlegung der neuen Wasserleitung, 5) tritt in die Vorberathung des Haushaltplanes für die Bezirksarmenanstalt Grünhain aus das Jahr I8SI/92 und beschließt denselben befürwortend der Bezirksversammlung vorzulegen, 6) hält wegen der beantragten Ausbezirkung der Parz. 1071 des selbstständigen Gutsbezirks Schönhelderhammer und Zuschlagung zum dasigen Gemeindebczirke weitere Er örterungen sür erforderlich, 7) beschließt hinsichtlich der gegen Heranziehung zu den Ge meindeanlagen eingcwendeten Recurse a. die Recurrenten Albrecht Seifert in Johanngeorgen stadt Mangels Begründung des Rekurses und Klemp nermeisters E. Ludwig Tuchscherer in Schönheide wegen Versäumung der gesetzlichen Frist abzuweisen, b. den Recurs der Rosa Kircheisen in Johanngeorgen stadt zur nochmaligen Erörterung und Beibringung von Beweismitteln an den Stadtgemeinderath zu rückzugeben, c. den Recurrenten Oberinspektor Hohlfeld in Grünhain wegen seines Zinseneinkommens und Eduard Elsner in Johanngeorgenstadt Wege» seiner und seiner Frau Abschätzung zunächst die eidliche Erhärtung ihrer Angaben »achzulasien, <1. den Recurs der Geschwister Emma und Marie Wolf in Johanngeorgenstadt durch die abgegebenen Er klärungen für erledigt anzusehen und v. die Recurse der Handschuhmacher Otto Zimmer, Hermann Zierold, Alban Baumann und Otto Storchs in Jobanngeorgenstadt an den Stadtgemeinderath daselbst zur weiteren Entschließung mit dem An heimgeben der Herabsetzung der Anlagenbeträge zu rückzugeben, 8) beschließt die von dem WirthschaftSbesitzer Friedrich Erd mann Tröger in Lundshübel gegen die Abweisung der von ihm gegen seine Abschätzung zu den Gemeindeanlagen er hobene Reklamation eingereichte Beschwerde unter Aus hebung des früheren Beschlusses an den Gemeinderath zur Entschließung abzugeben, 9) genehmigt die Gesuche a. E. R. Lorenz aus Lausigk um Uebertragung der C. L. Gläsern in Alberoda ertheilten Erlaubnis zum Bier- und Branntweinschank auf seine Person be dingungsweise und d. der Wittwe Tröger in Johanngeorgenstadt um Ueber tragung der ihrem verstorbenen Ehemann ertheilten Concession zum Bier-, Branntwein- und Weinschank, 10) lehnt die Gesuche des u. Schankwirths Hermann Heinrich Unger in Sosa um Ertheilung der Genehmigung zum Ausspannen und Krippensetzen, d. Julius Heinrich Fuchs in Auerhammer um Ge nehmigung zum Bier- und Branntweinschank und o. Carl Gustav Leischker in Bockau um Genehmigung zum Bierschank sämmtlich in Mangel örtliche» Bedürfnisses ab, 11) genehmigt die beantragte» Abtrennungen von den Grund stücken Fol. 8 des Grund- und Hhpothekenbuchs für Breiten brunn, Fol. 31 sür Unterstützengrü» und Fol. SI für Zschorlau und 12) nimmt Kenntniß vom Sachstande, den Abschluß von Ver trägen der Ortsarmenverbände mit dem Augenheilverein zu Dresden betr. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 30 Jahren, am 30. Juni 1881, starb zu New-Jork ein Weib, das einen ganz unbegreiflichen und verderblichen Einfluß in Bayern erlangte, die berüchtigte Tänzerin Lola Montez. Nachdem diese sehr skrupelfrcie Dame bereits aus den verschiedensten Städten Europas ausgewiesen worden, kam sie nach München, wo sie sich die Gunst König Ludwig 1. der maßen zu erwerben wußte, daß sie großen und sehr unberech tigten Einfluß auf den König und die Regierung erlangte. Schließlich kam es durch ihren Uebermuth zu Unruhen in München und sie niußte den zu heiß gewordenen Boden ver lassen. Sie hat sich dann noch viel in der Welt umhergetrieben, ist drei Gatten, die sie mit der Zeit hatte, durchgebrannt und war schließlich Vorleserin und Schauspielerin. Trotz ihrer Unverfrorenheit und der Massen Goldes, das durch ihre Finger rollte, hat sie nichts erübrigt und so mußte sie denn auf ihre alten Tage darben und starb in dürftigen Verhältnissen. 1. Juli. Am 1. Juli 1868 traf König Wilhelm bei seiner Armee in Böhmen ein und übernahm persönlich den Oberbefehl über das Heer. Ain selben Tatze schrieb der österreichische Feldzeug meister Benedek an den Kaiser Franz Joseph, diesem die kritische Lage der Armee vorstellend und u. A. sagend: „Ew. Majestät müssen Frieden schließen." Als Antwort kam der Besehl, eine Entscheidungsschlacht zu schlagen. Zweifellos hatte also der tüchtige österreichische Feldherr seine gefährlich« Lage erkannt und der blutige Tag von Königgrätz wäre erspart geblieben, wär« man Benedeks Rath gefolgt. Besiegt! Novelle von Leo Sonntag. (2. Fortsetzung.) „Nicht wahr, Gustav, Du singst?" hatte ihn die Räthin nach dem Essen gefragt. „Ja, Tante, aber ich spiele nicht, und Du auch nicht, soviel ich weiß. Wer soll mich also begleiten?" „Nun, Else natürlich!" „Else? Ja, Tante, ich singe fast nur Schubert und Schumann, und die Begleitungen sind doch wohl zu schwer, al« baß eine so junge Dame sie abspielen könnte."