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„Aber das Mädchen, Konrad, was ist's mit ihr?" „Auch ihr soll nachgcspürt werden, und ich ver spreche Euch, sie wird gefunden, denn sicherlich wird sie Aufschluß über die Thäter geben können. Kein einnial gezeichnetes Opfer kann in Baden weilen, ohne daß wir dessen Aufenthalt nicht kennten." Zunächst ließ Konrad unter Beihiilfe des Mark grafen die sämmtlichen Thore besetzen und auf das Strengste bewachen, auch Spione wurden nach allen Richtungen ausgcsandt. Sodann schickte er etliche von des Markgrafen Rüstknappen mit entsprechenden Instrumenten in die Judengasse, und Beide folgten ihnen alsbald nach. Im Hanse fanden sic die Leichen der Gemordeten, und die erhaltenen Wunden ließen ihnen keinen Zweifel, von welcher Waffe sie herrührten. Die Körper wurden in mitgebrachte Mäntel einge hüllt, um mit cinbrechender Nacht wcggeschafft zu werden. „Jetzt vor allen Dingen das Hans durchsucht, Ihr Leute, und bis morgen die Sonne über Heidel berg scheint, soll kein Stein mehr auf dem andern liegen." Und mit den Knappen zur Seite, begann der hohe Würdenträger eigenhändig das Haus zu durch suchen. Kein Winkel wurde übersehe», Steiue wurden aufgcrissen, um nach geheimen Gewölben zu forschen, und keine Kiste blieb undurchsucht. Uud als das Geschäft zu Ende ging, war nichts gefunden, als einige hundert Goldguldcn und Silbcrgeräth des Hauses. „Heiliger Petrus!" rief Konrad, heftig mit dem Fuße stampfend, „so betrogen zu werden. Für diese» Beutel mit sammt dem ganzen Plunder würde ich nicht im Stand sein, auch nur den Ring zu zahlen, den der Jude am Finger trug." „Reißt den Kasten zusammen, wer weiß, in welcher Mauer der Schatz stecken mag." Und als die Sonne zum letzten Mal an jenem Tage ihre Strahlen im Neckar spiegelte, beleuchtete sie ein Schauspiel, das ewige Schande auf die Ge nossen der Verbindung warf, unter der das deutsche Land seufzte — nur ein Schutthaufen blieb auf der Stelle sichtbar, wo einst die Zufluchtstätte aller Be dürftigen stand. Aber kein Schatz wurde gefunden. Konrad fluchte und tobte wie ein Rasender und auch der Markgraf wußte seines Zornes kaum Herr zu werden. „Ich bin nun der Ansicht," sagte Letzterer, „daß er sein sämmtliches Gold in Edelsteine umgesetzt und eine Ahnung von dem ihm zngedachten Loose hatte. Auf diese Art kann man aber ein Kaiserreich in der Tasche tragen, und ich halte es nicht für unmöglich, daß die Tochter den Schatz mit sich fortgcführt hat." „Ihr habt Recht, Markgraf," entgegnete Konrad, „ich hätte selbst darauf verfallen müssen — Ihr macht mir aber wieder Muth. — Nein, bei Gott! die Dirne mnß gefunden werden, und wenn ich selbst die ganze Stadt durchsuchen soll. Gebt mir Eure Hülfe, Berthold, und wir werden beide unser Ziel erreichen." Ein Handschlag besiegelte den neuen Bund der finsteren Männer, und ehe Mitternacht hcrankam, waren alle Wege in und um Heidelberg mit Hun derten von Spionen belagert, sodaß anch keine Maus ungesehen aus ihrem Schlupfwinkel kriecht» konnte. Siebentes Kapitel. Neue Gefahr. Es war fast dunkel, als Bardolf von seiner neuen Sendung heimkehrte, und ins Haus eintretend, der Jüdin begegnete. Wilsdorf, der nicht unrichtig ver- muthete, daß auch sie begierig war, des Knappen Bericht zu hören, bat sie, ihn in seinen Waffensaal zu begleiten, um denselben zu vernehmen. Willig folgte sie der Einladung und nahm den ihr gereichten Sessel an, während Bardolf die Thatsachen erzählte, welche wir bereits kennen. „Und meint Ihr, die Schurken hätten etwas ge funden, Bardolf?" fragte der Ritter. „Ich sah nur einen kleinen Beutel, anscheinend niit Gold gefüllt, und etwas Silbcrgeräth forttragen, wenn ich aber des Marburgers Fluchen richtig be- urthcile, hat der Zug nicht viel eingetragen." „Was sagt Ihr, Eleonore, hatte Euer Vater viel Gold im Hause?" fragte Martin, um sich über den möglichen Verlust Gewißheit zu verschaffen. „Etwas Gold mag dort gewesen sein, aber da« Wcrthvollere hatte er an einem anderen Orte auf- bewahrt, den sie wohl schwerlich entdecken werden, und dies bestand nur in Juwelen." „Jetzt war das Haus rasirt," fuhr Bardolf fort, „des Markgrafen Knappen bewachen die Thore der Stadt und Spione sind aller Orten thätig." „Gilt mir diese Maßregel, edler Ritter?" „Ja, Eleonore, die Spione forschen nach Euch, Konrad von Marburg hofft, wenn er Euch in die Hände bekommen kann, auch Eures Vaters Gold zu finden; aber," fügte er hinzu, „das ist nicht das Schlimmste. Wir werden indessen Maßregeln treffen, um seine Pläne zu vereiteln, und Ihr dürft versichert sein, daß Eure Freunde wachsam bleiben." „Möge Gott Euch vergelten, was ihr an mir thut," entgegnete die Jüdin mit einem Blick der Dankbarkeit. „Mein schönster Lohn wird Eure Dankbarkeit sein," sagte der Ritter, ihre Hand ergreifend, „unsere Ritterpflicht gebietet uns stets, der leidenden Mensch heit zu Hülfe zu eilen, und das Bewußtsein, dieselbe zu erfüllen, beruhigt uns, wenn selbst das Schwert dafür gezogen werden muß." „Ich will zum Gott unserer Väter bitten, daß er Euch beschütze» möge." „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist auch unser Gott, und der Gedanke, in Euer Gebet eingeschlossen zu sei», macht mich unendlich glücklich. Glaubet aber nicht, daß Juden und Ehristcn ver schiedene Menschen sind." „Selig sind, welche reinen Herzens sind," und diese Worte sprach der Erlöser für Alle, wehe den Dämonen, welche es wagen sich Ehristcn zu nennen nnd dennoch meinen, sie seien etwas Besseres als andere Kinder Gottes." Mit einen« Blick dankbarer Rührung blickte Eleo nore in das Auge des Sprechenden, daß es ihm in die Seele drang. Dann zog sie sich zurück und die beiden Männer blieben allein. „Zinn, Bardolf," begann der Ritter, „was wisset Ihr sonst noch?" „Auf dem Hinwege begegnete ich einem Manne, der sich als ein Bruder auswics, und dieser sagte mir, daß die Stadt nach dein Mädchen durchsucht werden solle. Da nur eine ganz geringe Geldsumme gefunden wurde, glaubt Konrad, das Mädchen habe die übrigen Schätze mit sich genommen." In diesem Augenblick ward an die Thür gepocht. „Das ist Viktors Pochen, ich kann mich nicht täuschen — geht und öffnet ihm." Bardolf eilte zur Thür und ließ den Gast ein. Es war nicht Viktor von Antiochien, wohl aber der Bruder, welcher am Morgen vor des Inden Haus mit Martin zusannnengctroffen war. Der Hausherr begrüßte ihn und fragte nach seinem Begehr, ihn zu gleicher Zeit als Gast seines Hauses um seinen Namen bittend. Ä „Ihr mögt mich Hektor nennen," entgegnete der Fremde, den Mantel ablegend, „schließt indcß die Pforte, ehe wir unsere Unterhaltung beginnen, denn ich muß als Mitglied der Bchme vor der Hand mit Vorsicht handeln." „Seid Ihr der einzige Vehmrichter, der uns an gehört?" fragte Martin. „Der Einzige in Heidelberg wenigstens," ent gegnete Hektor, „obgleich ich hoffe, unserm Bunde bald einen andern zuzuführen. Lasset uns indeß keine Zeit verlieren in unnützem Geplauder. Sagt mir, ob die Jüdin unbemerkt unter Euer Dach gebracht ist?" Martin zögerte mit der Antwort, nicht daß er seinem Gaste mißtraute, sondern aus natürlichem Antrieb, jede Gefahr zu vermeiden. „Mein Bruder," sagte Hektor, „Ihr seid mir eine freimüthige Antwort schuldig, der ich in jedem Augen blick mein Leben für Euch Alle auf das Spiel setze." „Verzeiht mir, Hektor," entgegnet Wilsdorf, „daß mich ein unwillkürliches Mißtrauen beschlich, ich meinte. Euch damit nicht zu verletzen; die Jüdin ist unter mcinein Dach." „Dann müsset Ihr auf irgend eine Weise suchen, sie für die Nacht zu verbergen, denn in einer Stunde wird man Euer Haus durchsuchen." „Was!" rief Wilsdorf aufspringend, „mein Hans durchsuchen?" „So ist eS," entgegnete Hektor, „jedes Haus in Heidelberg wird von unten nach oben gekehrt, und das Eure gehört zu den ersten, da in dieser Gegend der Anfang gemacht wird." „Und hat man mich in Verdacht?" „Keineswegs, bis jetzt sind sie ohne jeden An haltspunkt, aber sic vermuthen das Mädchen noch in der Stadt und werden kein Haus verschonen." „Bei der heiligen Messe, wohin nun mit dem Mädchen?" „Aus dem Hause dürft Ihr sie nicht gehen lassen, denn überall würden ihr wachsame Augen folgen, und sie und Ihr selbst würdet verloren sein. Ihr müsset hinter Euren eigenen Mauern einen Schlupfwinkel für sie finden." „Um alles in der Welt, ich wüßte in der That nicht, wo ich denselben suchen soll; unter meinem Schwert ist der einzige Platz." (Fortsetzung folgt.) Die Nacht^uft. Es sind noch nicht 20 Jahre verstrichen, seit na mentlich auf dem Lande Blattern- und Nervenfieber kranken der Gcnnß des frischen Wassers aufs strengste untersagt war. Jetzt, da die Beweise hundertfach vor liegen, daß durch frisches Wasser allein Nervenfieber kranke geheilt wurden, denkt kein vernünftiger Arzt inehr daran, den Kranken den Genuß von frischem Wasser zu verbieten, und weisen wir hier noch auf die großen Erfolge hin, welche durch Bäder, Einwickel ungen und Umschläge erzielt worden sind, so haben wir der Heilkraft des Wassers gebührend gedacht. Noch mehr als das letztere ist es aber die frische atmosphärische Luft, welche in neuester Zeit als Heil mittel aufs glänzendste sich bewährt bat. Wie allge mein bekannt die Heilkraft dieser frischen Luft durch alle Volksschichten geworden ist, das beweisen die zahl reichen Luftkurorte, welche in einer Höhe von 800 bis 1900 Meter überm Meer in allen Gegenden der Schweiz und auch außerhalb derselben,in neuester Zeit entstanden sind und sich durchweg einer zahl reichen Frequenz erfreuen. Daß aber die nämliche Heilkraft auch des Nachts in der gleichen Luft enthalten sei, ist als Thatsache »och einem große» Theil des Publikums unbegreiflich, und doch ist der Beweis hierfür nicht schwer. Laut den neuesten Forschungen braucht jeder erwachsene Mensch 600 Kubikfnß Luftzufuhr per Stunde. Draußen im Freien oder im Zimmer bei geöffneten Fenstern ist dieses Maaß leicht erhältlich nnd wir können uns täglich überzeugen, wie diejenigen, welche durch ihren Beruf gcnöthigt sind, den größten Theil des Tages iin Freien sich aufznhaltcn, der besten Ge sundheit sich erfreuen. Sogar die Hökerinnen auf dem Markte, welche bei Wiud und Wetter, bei jeder Temperatur auf ihren Plätzen sitzen und also nicht einmal die Wohlthat der Bewegung haben, können ihre Zähigkeit der Gesundheit nur dem fortwähren de» Genüsse der frischen Luft zuschreiben. Befindet sich aber der Mensch im Zimmer bei geschlossenem Fenster, so wird das ihm erforderliche Maaß von Luftzufuhr bedeutend reduzirt. Dank der Porosität der Wandungen und Dank den Fensterritzcn, sowie namentlich dank dem Oeffnen der Stubenthür und vielleicht Dank zwei- oder drei maligem Oeffnen der Fenster am Tage wird die gesunde Luft immer noch in ansehnlicher Quantität vorhanden sein. In der Nacht aher, wenn Fenster und Thüren verschlossen bleiben, ist das nöthigc Maaß in wenigen Stunden erschöpft. Ebenso giebt laut Forschung der Mensch in der Stunde ein beträcht liches Quantum von Kohlensäure durch Ausathmung uud Ausdünstung ab. Bei geöffnetem Fenster oder im Freien verflüchtigt sich diese Kohlensäure nnd äußert weiter keine schlimmen Folgen. Bei geschlosse nen Räumen aber, wenn dieselbe nicht entfliehen kann, wird sie dem Menschen schädlich, ja unter ge wissen Umständen zu Gift. Sobald das nöthigc Maaß von frischer Luft, bezw. Sauerstoff in einem Zimmer durch Einathmung aufgebraucht ist, so ist der Insasse eines geschlossenen Raumes gcnöthigt, seine eigene und Anderer Ausdünstung wieder zu ge nießen, oder, wie Niemeyer sagt, die Exkremente der eigenen Lunge wieder und wieder zu verschlucke». Es ist daher sehr leicht begreiflich, daß bewiesener maßen die meisten Krankheiten nach Mitternacht auf treten. Ein momentaner Schwäche- oder KrankhcitS- zustand kann oft den Menschen für wcnige Stunden erfassen, aber bei gehöriger Ruhe nnd dem richtigen Gebrauche der frische» Luft wieder verschwinden. Ist aber der letzteren, nämlich der frischen Luft, der Zutritt durch Fenster oder Thürverschluß verwehrt, wie es zur Nachtzeit in vielen Schlafzimmern noch immer der Fall ist, und ist der Mensch gcnöthigt, die ausgeathmete Krankheitsluft wieder einzuathmen, so wird das Krankheitssymptom zur Krankheit selbst. Es hatten daher schon in früheren Zeiten ver einzelte Aerzte, sowie Laien durch eigene Erfahrung herausgefunden, daß das Offenhalten der Fenster nur von wohlthätigem Einflüsse sei. Weil aber gegen gefaßte Borurtheile sehr schwer aufzukonunen ist und der große Haufe solche Ansichten verdammte, so blieben und bleiben die Fenster iin allgemeinen immer noch des Nachts verschlossen. Ein geöffnetes Fenster in der Stacht zur Sommerzeit ließ man allenfalls noch gelten; zur Winterszeit aber und namentlich bei Kranken wurde ein solches Verfahren als Unsinn er klärt. Bei Nervenfieber u. Blatternkrankheiten, sowie Scharlach-, Rötheln- und Lungenkranken wurden die Fenster zur Nachtzeit aufs ängstlichste verschlossen, und es ist deshalb leicht begreiflich, daß damals die Sterblichkeit bei solchen Krankheiten viel größer war und dieselben überhaupt viel bösartiger anftraten als jetzt, wo man glücklicherweise solche Jrrthüiner zum Theil überwunden hat. So. werden z. B. im Kurort Davos, wo jeden Winter über Lungenkranke Heilung suchen, wie S. Beetschcn im „Schweiz. Volksarzt" mitthetlt, während des ganzen Winters laut Verordnung der Aerzte bei jedem Kranken durch die ganze Nacht die Fenster offen gehalten und erst am Morgen, eine Stunde bevor der Patient aufsteht, bei Heizung des Zimmer« wieder geschlossen. Die Erfolge aber, welche in DavoS bloß durch Gebrauch der frischen Luft des Tage« und der Nacht gemacht werden, sind glänzend und bereits weltbekannt. Wer aber noch zweifeln sollte, der bedenke die Schlnßfolgerung: Wenn die Nacht luft wesentlich zur Heilung von Krankheiten beitragen kann und uns hilft, so muß sie auch wesentlich bei tragen, gesund zu bleiben. Druck und Verlag von E. Hannebotz» in Eibenstock.