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permanenten Jndustrie-Ausstellung die nöthigen Schritte bez. beim König!. Ministerium einzuleiten. Hierauf geheime Sitzung. Aus vergangener Zeit — für «ufere Zeit. 16. Juni. «Nachdruck verboten.) Wie der Oktober 1813 als Befreiung Deutschlands von französischem Joch gilt, so gilt der Juni 1816 mit seiner Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo) als das Ende aller Napoleonischen Pläne und Bedrohungen Europas. Die Ge schichte muh aber, neben der Anerkennung der Erohthaten jener Zeit, auch der Wechselfälle des Glückes gedenken. So muß sie auch berichten, was heutzutage kaum noch in der Erinnerung der der Schulbank Entwachsenen, daß der rasche und entschei dende Sieg über Napoleon um ei» Haar durch die vorherge gangene, am 16. Juni 1816 geschlagene Schlacht bei Ligny vereitelt worden wäre. In dieser Schlacht blieb Napoleon Sieger und Blücher wäre beinahe gefangen genommen worden; allein trotz allen Mißgeschickes zogen sich die Preußen in so guter Ordnung zurück, daß Napoleon an die Ausnutzung des Sieges nicht denken konnte. Auch bei Ouatrebas war Napo leons Heer gegen die Engländer am selben Tage siegreich ge wesen, jedoch auch hier, ohne den Sieg benutzen zu können. Immerhin hatte der neue Krieg mit Erfolgen Napoleons be gonnen und man sah weiteren Nachrichten mit Besorgniß ent gegen. In der Schlacht bei Qualrebas fiel auch der Herzog von Braunschweig-Oels, jener deutsche Fürst, der zu allen Zeiten sich gegen Napoleons Gewaltherrschaft ausgclehnt und gegen diese lange vor Deutschlands Erhebung einen bewaffneten Widerstand organisirt hatte. 17. Juni. Mit dem 17. Juni 1788 beginnt eine Umwandelung in der Denkungsweise der Völker. Nicht die französische Revolution an sich bewirkte diese neue Gesinnung, vielmehr trat diese zu erst in Frankreich in die Erscheinung. Man war allmählich zu der Ueberzeugung gelangt, daß die breiten Massen des Volkes denn doch einen Bestandtheil des Staates ausmachten und daß neben dem Adel und bevorrechteten Ständen auch der Bürgerstand das Recht, in Staatsangelegenheiten gehört zu werden, zu beanspruchen hatte. Als nun von den unter Ludwig XVI. einberufenen drei Ständen die Männer des Adels und die Gegner jedes Fortschritts, insbesondere einer Verfassung, die Sitzungen nicht mehr besuchten, erklärten die Deputirten des Bürgerstandcs, daß eine aus den Vertretern von 96 Pro zent der Nation bestehende Versammlung sich nicht länger durch die Abgeordneten gewisser Klassen von Staatsbürgern in Un- thätigkeit halten lassen könne, daß sie deshalb sich unter dem Namen „Nationalversammlung" förmlich als Repräsentanten des französischen Volkes konstiiuire und vor der vollendeten Wiedergeburt des Reiches nicht auseinander gehen werde. Hiermit war das entscheidende Wort gesprochen, dessen ganze Tragweite man sofort nicht anerkennen konnte, das aber doch bereits die Morgendämmerung einer neuen Zeit ahnen ließ. Der Flüchtling. . Historische Novelle von Aug. Northeim. (1ö. Fortsetzung.) Während sich dies außerhalb des Parkes zulrug, vollzog sich innerhalb desselben geräuschlos eine aber malige Wandlung in dem tiefen Frieden, der über der ganzen Walklandschaft zu liegen schien. Sobald die Dunkelheit vollständig hereingebrochen war — die sich freilich in dem Maße nicht einstellte, daß sie nicht ans geringe Entfernungen hin zu erkennen und zu unterscheiden erlaubte —, traten zwei Männer aus dem dichten Buschwerk neben der Brücke, der eine ein stattlicher Landmann, der zweite zwar kleiner und untersetzt, aber nicht minder kräftig. Als sie den Fluß erreicht hatten, der hier seicht in kleinen Wellen über Sand und Gestein rieselte, warfen sie sich in das hohe UfergraS gegenüber der Lichtöffnung einer niedrigen Höhle, über welcher die drei Zuerstgekommenen versteckt lagen. Diese letzter» beobachten die neuen Ankömmlinge scharf und lange und ein Lächeln der Befriedigung glitt über ihre verschlagenen Gesichter, als sie sahen, daß jene nur ein paar Hiebwaffen mit sich führten. Weder sie noch die beiden andern bemerkten indeß, wie noch eine sechste Person ihre Zahl vermehrte. Diese, eine seltsame Gestalt mit beinahe thierischen Bewegungen, kam auf Händen und Füßen lautlos aus dem Buschholz hervorgekrochen. Von Zeit zu Zeit hielt sie inne und, als suche sie eine Spur auf dem taufeuchten Grase, berührte sie mit der Stase wie ein Jagdhund den Boden. Sie folgte genau dem Wege, den Despard mit seinen Genossen genommen — denn diese waren eS, die der Hollunderbusch mit seinem Laub deckte — warf einen wilden Blick um sich und ließ sich sodann zufrieden gestellt hinter demselben Buschdickicht nieder. In dem dichtesten, unzugänglichen Theile des jen- seit der Landstraße beginnenden Waldes hielt zur selben Stunde ein junger Mann in JägerwammS — eS war Frank Burdon — zwei vollständig auf gezäumte Reitpferde mit kohlschwarzen Mähnen. In feuriger Ungeduld scharrten die edlen Thiere mit den Hufen im Grase; in dem häufig durch Wolken verdunkelten, ungewissen Schimmer der Sterne blink ten einige wenige Knöpfe des Geschirrs, im übrigen war alles Glänzende und Auffällige am Reitzeuge streng vermieden. An einer Buche stand die schwere Weidmannsbüchse angelehnt, daneben streckte sich auf GraS und MooS ein ungewöhnlich kräftiger Hatz hund. Inzwischen war im Schloß alle« für Marleh» Flucht eingerichtet. Die gemeinsame Sorge und das stete, ungestörte Beisammensein hatte die Herzen der beiden jungen Leute einander so nahe gebracht, daß ein Aussprechen desselben, wa- sie erfüllte, unvermeid lich gewesen. In feurigen Worten hatte der edle Ritter dem lieblich erröthenden Mädchen seine Liebe betheuert, welche diese», sich selbst anfangs unbewußt, bereit» lange erwiderte; und die Hand des greisen Vater» hatte segnend auf den Häuptern seiner Kin der geruht. Der Abschied war schmerzlich und ergreifend. Immer wieder schloß der junge Mann die schluch zende Braut in die Arme, immer wieder versuchte er ihren Muth aufzurichten durch die frohe Aussicht auf eine glückbringende Vereinigung nach überstandenen Leiden — sie vermochten kaum sich loSzureißen. Allein die Zeit drängte, an Unpünktlichkeit konnte da» ganze Unternehmen scheitern. Der alte Graf führte seinen Gast selbst durch die verschlungenen Gänge bis an die eiserne Fallthür, welche den Weg zu den unterirdischen Kanälen ver schloß, mit dem Versprechen, hier eine Stunde der etwaigen Rückkunft des Flüchtlings zu warten. Seine Geduld wurde nicht hart auf die Probe gestellt. Kaum zwanzig Minuten waren vergangen, als Marleh athemlos wieder anlangte. „Ich fand das Zeichen nicht," berichtete er keuchend, während beide eiligst den Weg nach dem zweiten Ausgange einschlu gen, „und wagte deshalb, vorsichtig kriechend, die Landstraße entlang zu spähen. Nicht weit davon hielt ein Trupp feindlicher Reiterei. Das leise Geräusch mußte einen Vorposten in meiner Nähe beunruhigt haben. Ein Schuß fiel. Doch glaube ich nicht, daß ich gesehen worden bin." Sie erreichten den ins Freie leitenden Bogen gang. Noch einmal umarmte der alte Mann seinen Schützling, des Himmels Segen auf ihn herabfleh end, dann entließ er ihn und lauschte ängstlich auf jeden Ton — nichts Unheilvolles drang jedoch an sein Ohr. Als zwei Stunden verwichen waren, ging er zu seiner Tochter, ihr die freudige Nachricht zu überbringen, daß der Freund ihres Herzens unzwei felhaft glücklich das Weite gewonnen. Noch hatte die Schloßuhr nicht zur Verkündig ung der achten Stunde angesetzt, als der junge Ka valier das Ende des gewölbten Ganges erreichte. Obgleich er in der Finsterniß kein Anzeichen einer drohenden Gefahr entdecken konnte, so erinnerte er sich doch der ihm gewordenen strengen Warnung des Krämers und harrte klopfenden Herzens in seinem Versteck auf das verabredete Zeichen. Alsbald ertönte vom Ufer her ein scharfer Pfiff, dem zwei weitere in kurzen Zwischenpausen folgten. Obzwar kein menschliches Wesen sich zeigte, zögerte Marleh, keinen Augenblick, dem Rufe der ihm wohlbekannten Laute Folge zu leisten. Er erreichte das Freie. Aber kaum war es ihm gelungen, sich aus der gebückten Stellung aufzurich ten, als er sich auch schon von zwei kräftigen Armen gepackt fühlte. Im Nu hatte er das Schwert ent blößt, und ungeachtet seiner schwierigen Lage dem «»bekannten Angreifer gegenüber, erfaßte sein schneller Blick doch gleich die Gestalten der befreundeten Män ner, welche aus dem Grase hervorbrachen und zu seiner Hilfe über die Brücke hereilten. Zu spät! Ehe der Ritter zum Stoß ausholen konnte, traf ihn der wohlgezielte Streich eines der drei Raubgesellen, der ihn rücklings in das sandige Bett des Gewässers niederstreckte. Glücklicherweise hatte er sich im Fallen so gewendet, daß das Gesicht nach oben lag und sein Kopf an einem vorstehenden Stein einen Stützpunkt fand. Denn sobald er geworfen war, kniete sein Widersacher auf seiner Brust, und er wäre sonst un fehlbar ertränkt worden. Mittlerweile hatten sich die beiden anderen Landstreicher, als sie den Grafen Mar- ley bezwungen sahen, dem Krämer und dem tapferen Farmer entgegengeworfen und bedrängten dieselben so hart, daß die beiden Freunde sich außer stände sahen, dem Kavalier hilfreiche Hand zu leisten. Schon glaubten sie sich gezwungen, den hagel dicht fallenden Streichen ihrer Gegner weichen und sich auf Gnade und Ungnade ergeben zu müssen, da erschien plötzlich ein ebenso unerwarteter, wie kräftiger Beistand. Unter einem grauenvollen Gebrüll rannte in wei ten Sprüngen eine furchtbar anzusebende Gestalt mit langen, dünnen Armen, die gespenstisch in der Luft fochten, den Uferhang hinab auf Despard zu, denn dieser war eS, welcher feige genug sein hilfloses Opfer im Wasser festhielt und zu erdrosseln strebte. Einem Tiger gleich riß das mit übermenschlicher Kraft be gabte unheimliche Wesen den Soldaten empor, preßte den Hals desselben mit seinen Fäusten wie in einem Schraubstock und stieß den Kopf des vor Schreck Ge lähmten so lange gegen das Gestein, bis das Blut dem Erstickenden schäumend aus Mund und Nase stürzte und endlich der leblose Körper des Erdrossel ten zurückfiel. Ein triumphirendeS Geheul, dem Wahn sinn entstammend, vollendete das Entsetzen erregende Rachewerk. Alles das geschah in wenigen flüchtigen Augen blicken. Kaum fühlte Marleh sich befreit von der auf ihm liegenden Last, so richtete er sich, mit aller Kraft eine Anwandlung von Ohnmacht bekämpfend, wieder auf und eilte mit geschwungenem Schwert den in un gleichem Kampf unterliegenden Freunden zu Hilfe. Allein eS bedurfte hier keiner Hilfe mehr. Als die beiden Banditen jene« teuflische Gebrüll hörten und aus dem Gebüsch, in welchem sie verbor gen gelegen, eine schwarze, wahrhaft dämonische Ge stalt ihrem Gefährten an den Hal« springen sahen, da ergriff sie abergläubische« Entsetzen. „Der böse Feind," schrie der eine, sich bekreuzig end. „Der Teufel! Flieht! flieht!" schrie der zweite; und vor ihren fast überwundenen Gegnern da« Feld räumend, brachen sie in panischem Schrecken durch da« Gestrüpp und suchten unter lauten Angstrufen das Weite, ohne sich umzublicken. (Schluß folgt.) Vermischte Nachrichten. — Ein seltsamer Postdiebstahl kam dieser Tage in Mannheim vor. Das 8jährige Kind eines Postbedienstetcn brachte seinem im Packraum be schäftigten Vater das Frühstück und nahm bei dieser Gelegenheit ein abseits liegendes Packetchen mit. Mit Altersgenossinncn öffnete das Kind das Packet, in dem sich schöne bunte und glitzernde Steinchen be fanden, deren Werth die Kinder natürlich nicht zn schätzen wußten. Die Kinder spielten damit und machten sich gegenseitig Geschenke. Auf der Bost ge- .rieth man in Verzweiflung, denn das unscheinbare Päckchen, das an einen hiesigen Juwelier adressirt, war mit 600 Mark deklarirt. Der Werth soll jedoch ein weit höherer gewesen sein. Mit Mühe und Noth brachte man die bereits in zweite, dritte und vierte Hand übergegangenen Steinchen wieder bis auf drei Stück zusammen. — Eine wackere Braut. Eine hübsche, in ihrer schlichten Tragik ergreifende Episode aus dem Leben des Gouverneurs des französischen Invaliden hauses, Generals Sumpt, dessen Tod jüngst gemeldet wurde, erzählt der Pariser „Figaro". Der General hatte sich soeben mit einem Fräulein Peletan verlobt, als im Juli 1870 die Kriegserklärung erfolgte. Er war dainals ein stattlicher Offizier, eine prächtige, vornehme Erscheinung. Als er aber nach Monaten aus dem Kriege zurückkehrte, waren ihm beide Arme amputirt worden. Der so Verstümmelte wollte hoch herzig der Brant daö bindende Wort zurückgeben. Diese, nicht minder hochgesinnt, erklärte, daß sie jetzt noch viel stolzer auf die Tapferkeit ihres unglücklichen Gatten sein würde. Und die Hochzeit fand statt. Fräulein Henriette Pclletan ist die Enkelin des Leib arztes Napoleons l. — Unter Pennalismus verstand man früher auf den Universitäten das sogenannte Fuchsrecht, welches in der Mißhandlung der Ankömmlinge auf hohen Schulen durch ihre älteren Kommilitonen gipfelte. Dieser Unfug hatte solche Tragweite erlangt, daß er schließlich durch ein Reichsgesetz 1662 ver boten werden mußte. Wie es bei der Pennalputzerei in Leipzig zuging, davon erzählt uns ein Bericht aus dem Jahre 1660 folgendes: „Man kann es hier gar nicht mehr erdulden; denn wenn ein junger Studiosus hier ankommt, muß er die ersten vier Wochen ein Fuchs heißen und darf nicht zu ehrlichen Studenten kommen. Er muß auch in der Kirche seine Stelle in der sogenannten Fuchsecke nehmen, darf keine hübschen Kleider tragen, den Degen nicht anlegen, und Mantel, Hut und Kleid muß alt, zer rissen und geflickt sein, und darf man an ihm kein Band sehen. Je lumpenhafter er einhertritt, für ein desto ehrlicheres Pennal wird er angesehen. Wenn die alten Studenten speisen, müssen die Pennäler auf warten und fragen, ob sie etwas zu befehlen haben. Kommen die alten Studenten zu ihnen, so müssen die Pennäler spcndircn, was sie verlangen, dürfen aber nicht mittrinken. Man zwinkt sie, unter die Tische zu kriechen, zu heulen wie ein Hund, oder-zu schreien wie eine Katze, zu krähen wie ein Hahn, zu grunzen wie ein Schwein und zu wiehern wie ein Roß. Wenn sie überstanden haben, werden sie mit einer Scheuerbürste mit Wagenschmiere cingeseift und mit einem alten Degen rasirt, auf einem Schleif steine geschliffen, mit einem Besen abgekehrt, mit einem Reibeisen abgehobelt und mit einer Pferde striegel ausgekämmt. Dann setzt sich das Expennal zu den alten Burschen, und nun geht eS an's Saufen." Reiche und vornehme Muscnsöhne pflegten sich im Laufe der Zeit, um diesen Mißhandlungen zu ent gehen, Pennäler als Stellvertreter zu miethen. — Wilhelm III. von Holland und sein Minister Thorbecke. Aus dem Leben des ver storbenen- Königs der Niederlande bringt die „Neue Züricher Zeitung" einige Episoden in Erinnerung und schildert u. A. die Szene, welche sich an jenem Tage, wo die Entscheidung über die Betheiligung Hollands am Kriege zwischen Deutschland und Frank reich erfolgen sollte, zwischen dem Könige und dem Minister Thorbecke abgespielt hat: „An dem ver- hängnißvollen Morgen der Entscheidung trat Thor- bccke mit besonders ernstem Gesicht in das Gemach des Königs, der ihn mißtrauisch musternd, mit dem gewöhnlichen „Guten Tag, Herr Professor (so nannte der König den Minister, der ehedem Professor in Utrecht war), was giebts Neues in der Welt?" empfing. — „Sire, nichts besonderes, die Leute er zählen sich nur dummes Zeug." — „So, hoffentlich doch nur von meinen Ministern und nicht von mir?" — „Sire, auch von Ihnen!" — „Auch von mir? . Wa« denn, mein verehrter Herr Professor?" fragte ' der König, in dessen Augen es schon bedenklich flackerte. — „Sire, ich möchte es kaum wiederholen, wenn