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dem Centralausschuß der vereinigten JnnungSverbände ist die Mitgliederzahl de« Ausschusses auf 21 festge setzt worden, unter denen sich auch ein Vertreter de» Dresdner Handwerk» befindet. Man kann den Be- rathungrn dieser Konferenz nur den besten Erfolg wünschen, um so mehr, als die Tendenz der gegen wärtigen Zeit allzusehr darauf gerichtet ist, den Mit telstand, vor Allem das solide Handwerk, al» Stiefkind zu behandeln. Die Handwerkerfrage, d. h. die Frage, wie dem deutschen Handwerk em genügender Schutz geboten wird gegenüber unsoliden Machenschaften, welche den Ruf unseres Gewerbes im In- u. Auslande schä digen, ist brennender, als man glaubt. Denn schon führt das Handwerk einen Verzweiflungskampf. Als Kernpunkt der Tagesordnung, welche sich die Kon ferenz gestellt hat, ist die Frage der Wiedereinführung deS Befähigungsnachweises aufzusassen, die vom Reichstage bereits bejaht wurde. Man kann nur wünschen, daß die Regierung sich endlich entschließt, dieser Forderung nachzugeben. Als nothwendige Er gänzung hierzu würde die Verleihung von Korporations rechten an die Jnnungsausschüsse dienen, da nur durch Jnstallirung der juristischen Person in das Handwerk der KrhstallisationSpunkt geschaffen werden kann, an den sich die weiteren Neuordnungen anzu lehnen hätten. Die Beschränkung deS HausirwesenS, der WaarenabzahlungSgeschäste, die Regelung der Gefängnißarbeit und deS Submissionswesens und so manches Andere, was in Berlin zur Berathung kommen soll, sind Forderungen, die leider die Auf merksamkeit der maßgebenden Kreise noch lange nicht in genügendem Maße beschäftigten, sonst würden manche geradezu skandalöse Erscheinungen, wie sie sich namentlich auf dem Gebiet des schwindelhaften Reklamewesens zeigen, längst auSgcmerzt worden sein. — Aus Breslau wird der Post vom Sonntag gemeldet: Heute Vormittag brach in den Ställen der Kürassierkaserne, die sich in dem benach barten Vorort Kleinburg befindet, Feuer aus. Die Pferde gelangten ins Freie und stürmten, scheu ge worden, in die Stadt und durch dieselbe, prallten an Fuhrwerke an, brachen Kandelaber um, wodurch sie vielfach verletzt wurden. Viele Pferde stürzten, fünf blieben todt liegen; gegen zwanzig der entlaufenen Thiere sind noch nicht wieder cingefangen. Men schen sind nicht verunglückt, aber es herrschte eine furchtbare Aufregung. Das Feuer blieb auf den ersten Stall lokalisirt. — Ein weiterer Bericht vom Montag besagt, daß sechs Pferde zu Tode gekommen, vierzig verletzt worden sind. — Rußland. Die „Times" erfahren, nnr fünf Wochen sei der russischen Regierung ein förmlicher Vorschlag für ein Verthcidigungsbündniß mit Frankreich unterbreitet worden. Die Antwort lautete, ein solcher Vertrag könnte nicht geschlossen werden, da der Hauptzweck des Czaren sei, den Frieden aufrecht zu erhalten. Dies könnte er nur thun, wenn er freie Hand behalte. — Türkei. Von der Pforte werden jetzt die verschiedensten Vorsichtsmaßregeln getroffen, damit ähnliche unliebsame Zwischenfälle, wie der von Tscherkeßkoi, in Zukunft unterbleiben. Wie ver lautet, werden Verhandlungen gepflogen, daß künftig hin die Personenzügc auf der Orientbahn nur während deS Tages türkisches Gebiet passiren sollen. Ein Erlaß des GroßvezierS ordnet an, daß jeder Expreß zug bis Adrianopel und zurück von 14 Gendarmen und 1 Offizier begleitet werde. Loeale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 10 Juni. Gestern Nacht nach 12 Uhr brach in der Herrn H. Klemm Hierselbst gehörigen Blechschmidtmühle im sog. Winkel Feuer aus, welches das ausschließlich aus Holz er baute Anwesen, bestehend aus Wohnhaus mit Mühle, Scheune und überbautem Stall, in kurzer Zeit voll ständig in Asche legte. Die Mühle war schon seit langer Zeit außer Betrieb und unbewohnt. In dem überbauten Stall wohnte nur der Handarbeiter Herm. Stemmler mit Familie. Dieselbe wäre beinahe dem Feuer zum Opfer gefallen, wenn der Straßenarbeiter Ernst Hahn nicht noch rechtzeitig in das schon bren nende Gebäude eingedrungen und durch Einschlagen der Thür den Bedrohten AuSgang verschafft hätte. Ein 7jährigcS Kind wurde von dem erschreckten Vater zum Fenster herausgeworfen und von genanntem Ernst Hahn aufgcfangen und in Sicherheit gebracht. Ausgekommen ist das Feuer in der Scheune. Man vermuthct allgemein, daß Brandstiftung vorliegt. — Dresden. Ein sorgfältig au-gesonnener Plan zu einem Raubmord wurde am Sonnabend Abend glücklicherweise im entscheidenden Augenblicke vereitelt. An diesem Abende wurden nämlich zwei Leute, ein stellungsloser HandelScommiS aus Berlin und ein schon wiederholt bestrafter beschäftigungsloser Maurer aus Leipzig in dem Augenblicke verhaftet, al» sie einen Cigarrenhändler in der Ziegelstraße räuberisch überfallen wollten. Ein dritter Mensch, ein Malergehülfe, der in ihrer Begleitung war, hatte Pen Plan der Polizei rechtzeitig «»gezeigt. Er hatte die Beiden kürzlich in einer Schankwirthschaft hier kennen gelernt und war von ihnen bewogen worden, sich mit an dem Raubanfall zu betheiligen. Der Maurer und der Maler sollten den Cigarrenhändler durch da» Bestellen einer bestimmten Sorte Cigarren veranlassen, sich zu bücken. In diesem Augenblicke sollten sie über ihn herfallcn, ihn würgen und so lange schlagen, bi» er besinnungslos sei. Dann wollte der dem Händler persönlich bekannte Commis in den Laden kommen, worauf die Ladenkasse ge plündert werden sollte. An der festen Absicht der Leute, diesen Raub auSzusühren, war nicht zu zwei feln, zumal sie sich, wie schon bemerkt, zur verab redeten Zeit vor dem Laden einfanden. Sie räumten diese Absicht auch unumwunden ein. Weiter wurde festgestellt, daß der Commi« und der Maurer noch einen zweiten Raubanfall geplant halten. Sie hatten schon wiederholt einem älteren Herrn hier aufgelauert, um ihn bei seinem gewöhnlichen Spaziergänge zu überfallen, hatten ihn aber zum Glück niemals ange- trofsen. — Leipzig. In der Nürnbergerstraße machten in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag Diebe in der Wohnung eine» Junggesellen einen Besuch. Sie fanden die Thür der Wohnung offen, der Herr war ausgegangen, und lustig machten sie sich an die Durchwühlung der Effekten. In einer Koinmode, welche ebenfalls offen stand, sanden sie eine Kasette, in welcher 5000 Mark in- preußischen KonsolS, 400 Mark in Banknoten, und 100 Mark baar lagen, und in einem Geldtäschchen noch 80 Mark. Daneben lag noch ein Brillantring, eine Uhrkette und andere nied liche Sächelchen, welche natürlich des MitnehmenS werth waren. Die Diebe sind noch nicht entdeckt — leichter wird man ihnen die Sache wohl nirgends machen. — — Zwickau. Die Tagesordnung zur Sitzung deS Kreisausschusses am Sonnabend, den 13. Juni 1891 Vormittags '/^12 Uhr besagt Folgende«: 1) Rekurs des BersicherungSinspectorS G. F. Richter und 2) Rekurs deS Strumpfmaschinenfabrikanten F. Stahlknecht in Stollberg gegen die Abschätzung zu den Communanlagen daselbst. 3) Erlaß eines Ent- cignungsgesetzes. 4) Wasserwerksordnung für die Stadt Falkenstein, 5) Rekurs des Slrumpfwaaren- fabrikanten C. A. Langer und 6) Rekurs des Bäcker meisters C. Wetzel in Thum gegen die Abschätzung zu den Communanlagen daselbst. 7) Gesuch Ed. Schneckenbergs in Reitzenhain um Erlaubniß zu Er richtung einer Privatkrankenanstalt daselbst. 8) Rekurs des Kaufmanns H. Klemm in Eibenstock gegen die Abschätzung zu den dortigen Gemeindeanlagen. 9) Rekurs des Fabrikbesitzers G. Matthes in Zschopau wegen der Höhe der Besitzveränderungsabgaben. 10) Rekurs des Consumvereins in Reichenbach gegen die Heranziehung bez. Abschätzung zu den dortigen Ge meindeabgaben. 11) Rekurs der Firma Zeiner L Schumann in Crimmitschau gegen die Abschätzung zu den Communanlagen daselbst bez. in LeitelShain. 12) Uebernahme eine» Nebenamtes Seiten des Bür germeisters Lösch in Stollberg. 13) Erhebung einer Gemeindegewerbesteuer vom Flaschenbierhandel in Geher. 14) Gesuch mehrerer Gastwirthe der Umgegend von Chemnitz um Gestattung außerregulativmäßigen TanzhaltenS. 1b) Differenz zwischen den OrtSarmen- verbänden von Crimmitschau und Zwickau wegen Unterstützung der verw. Kießling. — OelSnitz i. E. Vorigen Donnerstag ist, wie schon gemeldet, im Nonnenwalde zwischen Oberrossau, Moosheim und Höckendorf die Leiche eines unbe kannten jungen Mannes in einem wasserfreien Graben, mit Fichtenreisig bedeckt, unter Umständen aufgefunden worden, welche darauf schließen ließen, daß derselbe dort ermordet und beraubt worden ist. Diese Annahme hat sich bestätigt und ist in dem Erschlagenen der 18jährige Sohn des hiesigen Gutsbesitzers Herrn Fritzsche erkannt worden. Der bcdauernswerthe junge Mann ist 14 Tage vor Ostern von hier weg in die Fremde gegangen. Auf ganz eigenthümliche Weise ist die Recognoscirung erfolgt und auf noch eigen- thümlichere Weise ist auch bereits der Mörder ent deckt und sestgenommen worden. Letzthin kam nämlich zum Vater des Erschlagenen ein Fremder und gab an, er wäre ein gewisser Schulz aus Mittweida, sein Vater sei Schlosser und bei diesem arbeite der junge Fritzsche. Derselbe bäte seinen Vater um einige Sachen, Uhr, Kleider rc., die er mitbringen solle und die ihm auch eingehändigt wurden. Doch schien Fritzsche sen. die Sache nicht ganz geheuer, denn er reiste vor einigen Tagen selbst nach Mittweida und da zeigte sich, daß die Angaben deS Fremden nicht wahr waren. Dabei erfuhr er von dem Morde und ahnungsvoll kam ihm der Gedanke, ob der Er mordete nicht etwa sein Sohn sei und seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen, in den Kleidern deS Er schlagenen erkannte er leider die seine» unglücklichen Sohne». Den Sohn konnte er selbst nicht mehr sehen, da derselbe wegen zu stark eingetretener Ver wesung schon begraben war. Durch einen wunder- baren Zufall nun fuhren Herr Fritzsche »en. und ein Gendarm zusammen mit einem Reisenden, der sie sofort auf die Spur derjenigen brachte, der hier in OelSnitz bet Herrn Fritzsche war. Derselbe wurde nun erst in Waldheim und dann in SchweikerShain gesucht und al» der Fremde auch von Herrn Fritzsche erkannt und darauf festgenommen. Wie wir nun hören, hat derselbe, Ligarrenarbeiter Ludwig au» Richzenbain bei Waldheim, auch bereit» die Mord thal eingestanden. — BußtagSvrrle-ung. Die Gewerbe- und Handelskammern de» Königreich« Sachsen haben sich zu dem Gesuch an da» Königl. Ministerium geeinigt, dahin wirken zu wollen, daß 1) behufs der gleich zei- tigen Abhaltung deS Herbst-Bußtag», unter Wegfall de« ersten Bußtag«, eine Einigung mit den Nachbar staaten getroffen, 2) die Feier de» HohenneujahrSfesteS auf einen Sonntag verlegt werde. — Die jetzigen hohen Brotpreise bilden ein tägliche» Thema in Familien, wie in öffentlichen Kreisen, und mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt Alt und Jung den Verlauf der Witterung und die Berichte der Getreidebörsen. Diese allgemeine Be theiligung an der Frage, die im eigentlichsten Sinne die Brotfrage ist, erinnert recht eindringlich an da« Jahr 1847; damals und seitdem bis jetzt nicht wie der in demselben Grade waren die Verhältnisse ganz ähnliche, als jetzt nach 44 Jahren. Die zwei 1847 vorhergegangenen Jahre hatten in Deutschland eine noch nicht mittelmäßige Getreide-Ernte ergeben. An fangs deS genannten Jahres wurde das Brot von Monat zu Monat, ja fast von Woche zu Woche immer kleiner. Im Monat April stieg der Preis für da« Pfund hausbackenes Brot auf 18 Pf - nach dem jetzigen Geldwerthe, würde dies 22—25 Pf., noch eher etwas mehr sein. Es gab nur eine sichere Aussicht auf billiges Brot: eine gute Ernte. Und diese brachte der Sommer 1847, und nicht bloS für Getreide, sondern auch für Obst aller Sorten, beson ders für Aepfel und Birnen. Und als die ersten Posten amerikanischen Mehls ankamen, war schon der Preis deS hiesigen bedeutend gesunken. Am ersten September war schon da» Pfund mehr als halb so billig, als im April. Der Preis des Brotes aber ist in den letzten Tagen des bedeutungsvollen Jahres auf 6 Pfg. pro Pfund gesunken. Geben wir uns der Hoffnung bin, daß auch das jetzige Jahr, für so Biele ein gar sorgenvolles, in ähnlicher Weise ver laufen werde, wie 1847! Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Mit dem t l. Juni 1868 spitzten sich die Ereignisse zwischen Oesterreich und Preußen immer mehr der Entscheidung zu. An diesem Tage verklagte Oesterreich Preußen beim Bundes tage. Artikel II der Bundesakte, (auch ein Erbthcil des fa mose» Wiener Congresses), lautete, daß Bundesglicder einander nicht bekriegen dürfen und dieser Artikel war durch das Ein rücken preußischer Truppen in Holstein verletzt worden; nach Artikel IS war die Selbsthilfe eines Bundesgliedes nicht statt haft und es hatte nun die Bundesversammlung Maßregeln zu treffen. Unzweifelhaft handelte Oesterreich ganz korrekt und auch sein nunmehr gestellter Antrag auf Mobilmachung der gesammten Bnndesarmce mit Ausnahme ihrer preußischen Be- standtheile war in der Ordnung. Man darf nur nicht über sehen, daß Preußen den Bund überhaupt nicht mehr anerkennen konnte, nachdem es die Unmöglichkeit erkannt hatte, daß Oester reich und Preußen mit einander im Bunde bestehen könnten. 12. Juni. ,. Unter großem Jubel, im Sonnenschein eines anscheinend ungetrübten Glückes, zog Kaiser Maximilian, der österreichische Erzherzog, in sein Kaiserreich und seine Hauptstadt Mexiko am 12. Juni 1864 ein. Und doch lauerte bereits an diesem Tage das Verhängniß auf den unglücklichen Fürsten, das ihn drei Jahre später ereilte. Denn alle die Freudenkundgebungen beim Einzuge waren nur Schein, sie waren hervorgerufen durch die Furcht vor den französischen Bajonetten. Heute findet man es schwer begreiflich, wie sich europäische Fürsten und Diplomaten so sehr täuschen konnten über das, was in Amerika möglich und unmöglich sein konnte; denn die Errichtung einer Monarchie in Amerika mit einem europäischen Fürsten würde heutzutage als ein aussichtsloses Unternehmen erscheinen und dem klaren Blicke mußte es auch damals aussichtslos sein. Der Flüchtling. . Historische Novelle von Aug. Northeim. (14. Fortsetzung.) Jnbeß dieser folgte nicht der Weisung. Wohl zehn Minuten lang saß er regungslos, unverwandt das kleine Fenster musternd. Als alles still blieb, wandte er sich langsam ab und seufzte enttäuscht: „Ihr mögt doch recht haben, Lady, es war nur ein Bogel. Aber was veranlaßte ihn, so plötzlich dem schützenden Laubdach zu entfliehen? Ist das nicht außergewöhnlich?" „Wie könnt Ihr Euch solche Kleinigkeiten anfech ten lassen, guter Freund! Vielleicht lauerte drunten ein Marder, oder ein Raubvogel streckte seine gierigen Fänge nach dem wehrlosen Thierchen aus. Wer weiß denn —" „Kleinigkeiten?" wiederholte der Krämer fast un willig. „Kleinigkeiten? O, meine Lady, wen, wie mich, da« Leben hierhin und dorthin geworfen, wer immer auf die eigene Kraft, den eigenen Scharfsinn angewiesen war, der stellt häufig aus scheinbar ge ringfügigen, aus den unähnlichsten Sachen die treffend sten Verbindungen und Schlüsse her. Erfahrung ist ein strenger Lehrmeister. Der Bogel weiß sehr wohl, wann und woher ihm Gefahr droht. Ihr werdet eS vielleicht nicht glauben; ich jedoch, obwohl ich weder Fußtritte noch ein ungewöhnliche» Rauschen der Zweige oder ein Grrutsche auf dem Holz vernommen, ich bin überzeugt, e» war ein menschliche» Wesen, ein Mann, welcher den gefiederten Sänger zur schleu nigen Flucht zwang." „Denken wir, e« war ein Traum gewesen! Ich bitte Luch, fahrt fort! Die Zeit drängt!"