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merken, daß ein jeder Färber, welcher sich in seiner Fremde viele Kenntnisse erworben, überhaupt tüchtig in seinem Geschäfte, doch nicht gleich in der Lage ist, ein großartiges Geschäft zu etabiiren, weil nicht ein Jeder das große Kapital dazu hat. Solche können nur ein kleines Geschäft anfangen, aber durch gute Arbeit und solide Preise sich ein größeres erwerben. Will aber der kleine Anfänger gleich solch hohe Preise nehmen wie der größte Goncurrent in seiner Branche, so sagt das Publicum, dann gehe ich doch nach dem größeren Ge schäft; denn eS giebt noch Viele im Publicum, welche lauben, in den größeren Geschäften werde die Arbeit efser gemacht als in den kleineren w. Die Angabe des Einsenders, er zahle für Geschäft, Laden und Wohnung 1200 Mk., be weist, in wie bescheidenem Maßstabe er sein Geschäft betreibt; daß die Geschäftskenntnis dieses Herrn aber viele Lücken ausweist, zeigen seine übrigen Angaben. Helfen denn die theu- ren Läden und die „Mamsellen" darin nicht auch verdienen, gehören dieselben nicht ein fach zu den Betriebsunkosten? Sie entsprechen doch nur den größeren Einrichtungen der be züglichen Färbereien. Daß Reclame und Entgegenkommen gegen das Publikum heut nöthig, beweist ja der eifrige Herr selbst, indem er inserirt. Entsprechen die bedeutenden Jnser- tionskosten, welche der sparsame College in jener Erwiderung ganz zwecklos fortwirft, dem Umfange seines Geschäftes nicht weniger, als wenn sich eine der großen Färbereien noch ein Paar Läden mit „Mamsellen" zulegte? Der Herr glaubt doch nicht etwa, eine große Fär berei unterscheide sich von einer kleinen nur dadurch, daß erstere mehr Annahmeläden hat. Dann hat er wohl die maschinellen und Dampf einrichtungen, Apparate u. s. w., welche heut der Betrieb einer Lappensärberei nöthig macht, nie gesehen. Oder glaubt er, man könne einem Kunden den gefärbten Ueberzieher, wie er aus der Kufe kommt, ungebügelt und ohne Appretur zustellen? Wie will er seinem Ver sprechen, einen Ueberzieher für 3 Mark zu färben, gerecht werden, wenn der Ueberzieher sehr fleckig, die Reinigung zeitraubend und daher kostspielig ist? Zeit ist auch Geld; in Hannover wird das nicht anders sein. Daß aus des Herrn Färberei kein Stück Arbeit herausgeht, welches nicht unter seiner persön lichen Leitung angesertigt wurde, glauben wir. Wir meinen auch, erwerbe jedes Stück höchst eigen händig bearbeiten; denn daß er nicht über die Kräfte vieler Leute verfügt, geht aus seinem ganzen Treiben hervor. Daß die Sachen gut sind nach seinen Begriffen, glauben wir auch; ob das aber auch nach den Begriffen des besse ren Publicums und denen wirklicher Fachkenner der Fall, steht dahin. Man kann sich in der Fremde recht lange Herumtreiben und in hundert kleinen Landfärbereien gearbeitet haben; darum können einem noch recht altmodische Geschäftsbegriffe an haften. Uebrigens mag Jeder so billig färben und in so kleinem Maßstabe, als er will; nur durch un geschicktes Publiciren der Preise sich und Andere das Geschäft verderben — das sollte er lassen! Doch genug davon. — Wie recht wir haben, diesen unscheinbaren Vorgang als ein böses Zeichen zu betrachten, geht aus dem Inserat eines zweiten Färbers in Hannover hervor, den die Lorbeeren des ersten «nicht schlafen ließen. Ec läßt sich in dem gleichen Blatte vernehmen, wie folgt: Färberei für Wiiiterpatetots bis zu 3 Mk, JacquetteL für Damen von 1,50 Mk. an, wollene Kleider von 2Mk. an. Kommen nun noch einige so „tüchtige" Ge schäftsleute hinzu, so wird die Arbeit immer billiger, und schließlich zahlt der glückliche Besitzer eines gefärbten Uebcrziehers gar nichts und findet noch einen Fünfmarkschein in der Tasche seines „unter persönlicher Leitung rc. rc." gefärbten Gewandes. Selbstverständlich kann man Niemandem seine Handlungsweise vorschreiben; aber eins kann man thun, und das möchten wir unseren Fachgenossen dringend rathen: Man betheilige sich in keiner Weise an dieser Preisschleuderei. Diezwei oder drei kleinen Färber werden bald genug ihren Jrrthum einsehen; der eigene Geldbeutel wird sie bekehren. Sonst werden sie nach kurzer Zeit ganz von der Bildfläche verschwinden. Die billigen Färber mit ihren theuren Inseraten wird nur die bez. Hannöver'sche Zeitung be weinen. Die tüchtigeren Färbereien müssen sich nur fernhalten, ihre Preise nach wie vor unter dem Hinweis auf ihre bekannte Leistungsfähigkeit normiren und geschäftlich in keiner Weise von der Sache Notiz nehmen. Dann wird der Vor fall ohne böse Folgen vorübergehen.