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132 und Effecte erzielt, die sehr schön und merk würdig sind. Eine andere Art des Fortschritts auf diesem Gebiete besteht in der Verwendung vervoll- kommneter Apparate. Dieser Fortschritt ging hervor aus dem Bestreben, die Waare billiger zu liefern, die Arbeit des Kattundrucks abzukürzen, in gegebener Zeit eine größere Menge bedruckter Waare zu produciren und so die Handarbeit möglichst zu beschränken. Die Zahl der neu erfundenen und eingebürgerten Seng-, Scheer-, Wasch-, Trocken-, Streck-, Bleich- und Appreturmaschinen ist sehr erheblich; ich kann im Einzelnen nicht darauf eingehen, nur eine einzige Maschine muß ich näher erwähnen, weil sie gerade in chemischer Beziehung dem Drucker große Dienste leistet. Das Dämpfen bildet eine der wesentlichsten Operationen für die Fixirung der Farbstoffe aus dem Gewebe. Das gewöhnliche Dämpfen geschieht in Kufen aus Holz, Stein oder anderem passendem Material, in welche das Gewebe in aufgerolltem Zustand hineingebracht und nach dem Schließen der Kiffen mit Dampf behandelt wird. Das Aufrollen der Gewebe verursachte eine Arbeit. Man hat in England und Amerika, später in Rußland, den Ländern der Massen produktion gedruckter Stoffe, die Continudämpfer eingeführt, in denen das Gewebe langsam durch den Dampf geführt wird und nach einiger Zeit den Apparat fertig gedämpft verläßt. Ein an derer Apparat, der das Gewebe nur wenige Minuten der Einwirkung des Dampfes aussetzt, ist der sogenannte „Schnelldämpfer" von Math er L Platt in Manchester. Dieser ar beitet mit gespanntem Dampf und bewirkt so eine vorläufige Fixirung der meisten Farben, welche erst später in den großen Dämpfapparaten zu Ende geführt wird. Der Augenblicksdämpfer dient zur Entwickelung von Anilinschwarz, zum Verjagen überflüssiger Essigsäure, deren Dampfe in den gewähnlichen geschlossenen Dampfkästen nicht entweichen könnten und daher die richtige Entwickelung der Farben stören würde; er dient auch zur Befestigung vieler Beizen, wie der al kalischen Chrombeize — kurz er ist ein wesent liches Hülfsmittel der Druckerei geworden und hat die Verbindung von Farben ermöglicht, die früher ganz unverträglich waren. Ich glaubte daher diesem Apparat etwas mehr Aufmerksam keit schenken zu müssen. Die bedeutensten Fortschritte sind indeß auf dem chemischen Gebiet des Kattundrucks erzielt, und hier ist es die Elsaßer Druckerei, welche allen anderen als leuchtendes Beispiel vorauf gegangen ist. Ehe ich an Einzelheiten heran trete, möchte ich einige Bemerkungen über die Aufgaben des Druckereitechnikers als Coloristen fügen, der die eigentliche chemische Triebkraft jeder Kattundruckerei ist. Die erste Aufgabe des Coloristen ist das Aussuchen neuer Methoden zum Aufdruck schon bekannter oder neu auf dem Markt erscheinender Farbstoffe, die Ausarbeitung neuer Druckrecepte. Zur erfolgreichen Lösung dieser Aufgabe be darf der Colorist eines ungemein vielseitigen Wissens auf allen Gebieten der Chemie; er muß nicht nur vällig vertraut sein mit dem theoretischen Grundbau dieser Wissenschaft, sondern auch Kenntniß haben von vielen tausend Details, die für den Theoretiker ohne alles Interesse, für den Drucker oft zur Basis neuer Methoden werden können. Für die Auffindung dieser Details ist der Drucker fast ausschließlich auf sein eigenes Beob achtungstalent angewiesen. Dadurch wird der Colorist zum Empiriker im besten Sinne des Wortes. Ich wüßte kein schöneres Beispiel von der Entwickelung solchen Beobachtungstalentee zu nennen als das Ihres verstorbenen Mit bürgers I. F. Runge, des Entdeckers des Anilins, dessen in den Jahren 1834—42 er schienenes Werk „Farbenchemie" noch heute mustergültig ist und eine unerschöpfliche Fülle von Anregungen liefert. Die Auffindung neuer Methoden ist gleichsam die Formenlehre der Druckereitechnik, während wir die zweite Aufgabe des Coloristen als die Syntax derselben bezeichnen können. Dieselbe besteht in einer chemisch richtigen Aneinander reihung und Zusammenstellung der einzelnen Farben. Aus der Anzahl der ihm zu Gebote stehenden Recepte muß der Colorist diejenigen auszuwählen wissen, welche derselben Endbe-