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durch schwarze Flächensignatur der abgetretenen Inseln und Land zungen kenntlich gemacht. Die äußere Zone, welche dieses unter deutscher Hoheit stehende i Gebiet gewissermafsen als neutrales, der deutschen Kontrolle jedoch mit unterstelltes Gebiet umgiebt, wird begrenzt durch diejenige Linie, welche Vizeadmiral v. Diedrichs gleich nach der Besitzergreifung durch eine Proklamation als die äufsere Umgrenzung des von ihm occu- pierten Machtbereichs bezeichnete. Diese in unserer Karte durch ! schraffierte Zeichnung kenntlich gemachte Linie wird wie folgt ge bildet: 1. Von einer geraden Linie im Westen, die man von dem Meeres ufer nach dem Ost-Hügel zieht, bis zu einem Punkte, der bei Hoch wasser 18 Li (gleich 1J deutsche Meile) von Kiaotschau entfernt ist. 2. Vor dort in einer geraden Linie nordwärts nach der Tapoteng Linkin-Station; von dort zurück bis zur Vereinigung der Kiaotschau- und Taku-Fliisse. 3. Von dort ostwärts nach dem Meeresufer bis zu einer imaginären Linie, welche die Lauschanbucht in der Mitte durch schneidet. 4. Die östliche Linie verläuft von einem nördlichen Punkte bis zu einem Punkte halbwegs der Lauchanbucht, von dort südwärts bis zu den Ufern der Inseln von Kuantimiau, Tsalien u. s. w. 5. Die südliche Linie erstreckt sich von der Insel Tsalien bis zum südlichen Punkte der Insel Tiloschan. 6. Im Norden dehnt sie sich bis nach dem Meeresufer an der Westseite, wo beide Richtungen aneinander- stofsen, aus. Das in diesen Grenzen eingeschlossene Gebiet ist heute deutsches Besitztum und bildet das Einfallsthor zu der reichsten und ange sehensten chinesischen Provinz Schantung. — Die Blicke der ge samten politischen Welt sind heute auf diese neue deutsche Erwerbung gerichtet, da sämtliche Industrie- und Kulturstaaten der Erde die Entwicklung der Dinge in Ostasien mit gröfster Spannung verfol gen. — Grofs sind die Erfolge der mit Energie und Umsicht gelei teten deutschen Politik und der Hafs und Neid, mit denen unsere englischen Vettern uns überschütten, sind der beste Gradmesser für die Wichtigkeit der neuen deutschen Errungenschaften. Deutschlands Handel und Industrie werden die Konsequenzen aus denselben zu ziehen wissen. Die deutsche Flagge ist diesmal vorangegangen; mö gen Handel und Industrie prompt folgen und den in den chinesischen Gewässern eingeräumten Stützpunkt in entsprechender Weise aus- beuten. „Volldampf voraus!“ Seemacht. Ein Beitrag zur Flottenfrage in Deutschland. Seinem alten Vaterlande gewidmet von einem Deutsch-Amerikaner. G ewaltiger fast noch wie die Begeisterung im deutschen Vaterlande selbst, ist durch die deutsche Marinevorlage die Begeisterung der im Auslande lebenden Deutschen entfesselt worden. — Wo immer in fernen Landen Deutsche wohnen und deutscher Handel und Wandel festen Fufs gefafst haben, kommt eine innige Anhänglichkeit an das alte' Vaterland und ein glühender Patriotismus zum Ausdruck. Mit freudigem Jubel begrüfsen die im Auslande lebenden Deutschen unsere Marinevorlage, die geplante Vergröfserung der deutschen Kriegsflotte. Unter den vielen aus dem Auslande einlaufenden Zustimmungen und Ermunterungen verdient eine-Abhandlung ganz besonders hervorgehoben zu werden, welche der Vertreter der Hamburg-Amerika-Linie in New-York, Emil L. Boas, in der „New-Yorker Handelszeitung“ zur Veröffentlichung bringt. — Wir geben in Nachstehendem diese patriotische Kundgebung auszugsweise wieder und wünschen von ganzem Herzen, dafs dieselbe im engeren Vaterlande auf guten Boden fallen möge, um die Augen und Ohren der Gegner der Vorlage öffnen zu helfen und die Vaterlandsliebe über den Parteihader zum Siege zu führen. „Es handelt sich heute darum, soll Deutschland eine den Erforder nissen einer grofsen politischen und kommerziellen Macht entsprechende Flotte haben oder nicht. „Die unumstöfsliche Thatsache, dafs für die nationale Unabhängigkeit, Sicherheit und Macht eines Landes, das Seeküste besitzt, eine tüchtige und starke Flotte eine unumgängliche Notwendigkeit ist, mufs bei einem ge schichtlichen Rückblick bis auf die ältesten Zeiten gefolgert werden. Es war eine Kriegsflotte, die eine kleine griechische Stadt in Stand setzte, die barbarischen Horden Asiens zurückzuschlagen. Es war eine Flotte, die Carthago befähigte, Rom so lange den Fortschritt zur Weltherrschaft streitig zu machen. Es war der Besitz einer Flotte, wodurch Rom im zweiten pu- nischen Kriege, der von der umfassendsten, weltgeschichtlichen Bedeutung war, schiefslich den Sieg errang. Es war eine Flotte, ja selbst nur eine Seeschlacht, die Augustus die Herrschaft der Welt gab; eine Flotte t- die Normannen von der Küste Skandinaviens nach Frankreich, Sizi'' .alid Konstantinopel, und eine Flotte machte Venedig und Genua abwcijftselnd zur Herrin des Mittelmeeres und der Levante und sicherte ihnen den Handel und Reichtum des Ostens. Ihre Flotten ermächtigten Spanien und Por tugal,' nachdem die neue Welt entdeckt war, sich grofse Teile derselben unterthänig zu machen. Es war seine Macht zur See, die England im 16. Jahrhundert im Kampfe um Leben und Tod mit Spanien vor dem Untergänge rettete, während es durch diese seine Seemacht im 17. und 18. Jahrhundert den Grundstein zu dem kolossalen Kolonialreiche legte, das heute die Erdkugel umgürtet. „Die Erkenntnis des Prinzips, welches der Seemacht zugrunde liegt, ist auch keineswegs neueren Datums. Der berühmte englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon schrieb schon im Jahre 1612: Wir sehen die grofse Wirkung von Seeschlachten. Die Schlacht bei Actium entschied die Herrschaft der Welt; die Schlacht bei Lepanto gebot der Macht der Türken Einhalt. Es giebt viele Beispiele, wo Seeschlachten Kriege beendigt haben Dieses ist jedoch sicher, dafs, wer die See beherrscht, sich frei bewegen kann und so viel oder so wenig vom Kriege auf sich zu nehmen imstande ist, als er mag, währenddem diejenigen, welche zulande am stärksten sind, sich nichtsdestoweniger oft in grofser Bedrängnis be finden.“ Dieser Gedankengang ist noch heute zutreffend, obwohl sich in der Zwischenzeit vieles geändert hat. Vor allem ist heutzutage eine aggressive Politik nicht mehr auf die Sucht nach militärischen Erfolgen zurückzuführen, sondern sie richtet sich darauf hin, neue Absatzgebiete für die Industrien des Vaterlandes zu finden und einen gröfseren Anteil am Welthandel zu erlangen. Die Handelsinteressen geben heute bei den in den Kabinetten der Grofsmächte getroffenen Entscheidungen den Ausschlag. Beim jüngst stattgefundenen Lord Mayors Bankett in London gab Lord Salisbury mit Bezug auf Englands Politik in Afrika und seine Beziehungen zu Frank reich folgende Erklärung ab: „Unsere Zwecke sind strikte geschäftlich. Wir wünschen Handel und Verkehr, Industrie und Zivilisation auszudehnen, so viele Absatzgebiete wie möglich zu eröffnen, so viele Konsumenten und Produzenten wie nur möglich zusammen zu bringen und die grofsen na türlichen Landstrafsen und Wasserwege des Kontinents dem Verkehr zu er öffnen.“ Sicherlich eine Mission, die alle Anerkennung verdient. Wer kann das aber thun? Doch nur eine Macht ersten Ranges, die auch zur See mächtig dasteht. Wenn nun Deutschland mit Rücksicht auf die Ent wickelung, welche die politischen Kombinationen der Grofsmächte Europas anzunehmen scheinen, seinen Rang als Grofsmacht ersten Ranges behaupten will, so mufs es eine starke Kriegsflotte haben, um, wo immer es sei, seine