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Zur Geschäftslage im Orient. i|achstehenden Bericht über die allge meine Geschäftslage im Orient ent nehmen wir dem Konstantinopeler Handelsblatt: Die im allgemeinen befriedigenden Ernte resultate tragen dazu bei, das seit Monaten recht flaue Geschäft etwas mehr zu beleben. In erster Linie ist es die Manufakturwaren branche, welche von der Bewegung profitiert. — Die Winterwaren sind zum Teil schon einge troffen und übernommen; neue Sendungen kom men täglich an. Grofse Partieen Winterware haben bereits Absatz gefunden, und -von ver schiedenen Seiten wurden Nachbestellungen ge macht. Bedauerlicherweise ist mehrfach über säu mige Fabrikanten zu klagen, welche mit den Lieferungen im Rückstand geblieben sind. Es herrscht infolge dessen eine bedeutende Nach frage nach Stocks, ein Beweis dafür dafs Be darf vorhanden ist und die Käufer auf die Lieferung jetzt noch zu bestellender Ware nicht warten können, da die Saison bereits ziemlich vorgeschritten ist. Als erfreuliches Zeichen ist besonders die Belebung der anatolischen Märkte hervorzu heben, von denen reichliche Bestellungen ein- laufen. Es treffen in letzter Zeit zahlreiche Käufer aus dem Innern hier ein, von denen einzelne ganz bedeutende Quantitäten einkaufen. Das Manufakturwarengeschäft nach Anatolien ist in fortdauernder Zunahme begriffen. Nach den Geschäftsberichten der anatolischen Eisen bahn gesellscbaft wurden im Jahre 1897 auf der Linie Haidar-Pascha-Angora 3487 Tons Manufakturwaren gegen 1894 Tons im Jahre 1896, und auf der Linie Eskischehir-Konia 974 Tons in 1897 gegen 312 Tons in 1896 transportiert; im Jahre 1898 dürften diese Zahlen noch erheblich höhere werden. Weniger befriedigend sind die Preise am Platze, welche infolge grofser Konkurrenz im mermehr zurückgehen; und der Gewinn für den hiesigen Kaufmann bleibt nur gering. Eine naturgemäfse Begleiterscheinung dieses Druckes auf die Preise ist die Zunahme des Chikanie- rens seitens der Käufer. Die gewerbsmäfsigen Chikaneure nicht allein, sondern auch mancher sonst gute Kunde sucht das geringste Versehen oder die geringste Nachlässigkeit der Fabri kanten mehr denn je zu seinen Gunsten aus zunützen, um den mageren Verdienst im Wege der Chikane etwas fetter zu gestalten. Der gröfste Teil der hiesigen Kunden wird von einem Fabrikanten, welcher sich eines Versehens bei der Lieferung schuldig macht, und in ge rechter Abschätzung des dem Kunden durch sein Versehen entstandenen Schadens diesem einen Nachlafs von 2—3 °/ 0 anbietet, in sol chem Falle mindestens 15—20 °/ 0 Nachlafs for dern. Untern de obwaltenden Umständen steigert sich diese Gefahr für den Exporteur immermehr, und es wird dem Agenten in den meisten Fällen nicht möglich sein, selbst den besten Willen vorausgesetzt, den Fabrikanten gegen derartige chikaneuse Prätensionen der Kunden zu schützen, sobald die geringste Ver anlassung dazu geboten wird. Es mufs daher den Fabrikanten in ihrem eigensten Interesse immer wieder geraten wer den, peinlich genau in der Effektuierung der Ordres vorzugehen und die strengste Pünkt lichkeit bei den Lieferungen zu beobachten. Die wachsende Konkurrenz öffnet der Chikane Thor und Thür, und der Kunde hat nur zu wählen unter den ihn bestürmenden Angeboten. Wenn nun auch von dem Engrosgeschäft gesagt werden kann, dafs sich desselben im allgemeinen eine günstige Bewegung bemächtigt hat, so hat doch das Detailgeschäft, welches seit Monaten bereits vollständig daniederliegt, eine nennenswerte Besserung noch kaum er fahren. Die Klagen, welche während des ganzen Sommers über die absolute Geschäftsstille über all laut wurden, sind noch nicht ganz ver stummt. Die Detaillisten haben die saison morte benutzt, um Geschäftsreisen ins Ausland zu machen, anstatt unthätig hier zu sitzen; die bessere Kundschaft befindet sich auf dem Lande oder auf Erholungsreisen, so dafs erst mit dem Herannahen des Winters auf eine Belebung des Detailgeschäfts zu rechnen sein dürfte. Fallimente waren in letzter Zeit wenige zu verzeichnen; jedoch ist daraus nicht etwa ein besonders günstiger Schlufs auf die allgemeine Geschäftslage zu ziehen. Es wurden, auch in diesem Jahre für die Sommersaison verhältnis- mäfsig wenig Einkäufe gemacht, weil einer seits die Käufer, durch die jahrelangen Krisen [ ängstlich geworden, sich nicht mit Verpflich tungen überladen wollten, anderseits auch die I Lieferanten mit der Kreditgewährung noch im mer viel zurückhaltender geblieben sind als ! in früheren Jahren; daher schuldete die Kund- i schaft in letzter Zeit nicht viel. Dies Verhältnis 424 wird mit dem Eintritt in das Wintergeschäft nicht unwesentlich verschoben. Die gröfseren Partieen Waren werden erst zum Wintergeschäft bezogen, und zwar darf man diese auf das 4—öfache, in manchen Ar tikeln noch höher, gegen die Quantitäten der Waren, die für die Sommersaison gebracht wer den, veranschlagen. Die Verbindlichkeiten der Käufer steigern sich infolge dessen zum Winter immer ganz bedeutend, und über die mehr oder weniger prompte Regulierung derselben kann man erst gegen Ende des Jahres einigermafsen ein Bild gewinnen. In kaufmännischen Kreisen glaubt man, dafs mit Rücksicht auf den Ausfall der diesjährigen Ernte, lauf die Lebhaftigkeit des Geschäftes mit den anatolischen Märkten, sowie in Anbetracht des günstigen Beginnes des Wintergeschäfts im allgemeinen genügendes Geld vorhanden sein wird, um auf eine glatte Liquidation am Jahresschlufs rechnen zu dürfen. Absatz bedruckter Woll- waren in der Türkei. er Absatz bedruckter Wollwaren in der Türkei hat nach einem Bericht der österr.-ungar. Handels- und Ge werbekammer in Konstantinopel an das k. u. k. Ministerium des Aufsern, zugunsten der gleichartigen Baumwollwaren bedeutend abge nommen. Der Schaden trifft hauptsächlich Österreich. Der Import Schweizer Wollwaren nach Persien wurde durch Elsässer Fabriken stark in den Hintergund gedrängt. Von be druckten Baumwollwaren ist vorzüglich farbig gedruckter Barchent zu nennen. Durch die Konkurrenz Deutschlands hat der österreichische Absatz grofse Einbufse erfahren. Obwohl in Qualität der österreichischen Ware nicht eben bürtig, hat das deutsche Fabrikat doch durch Fortschritte in Dessin und durch Anpassung an den hiesigen Geschmack, vor allem aber durch billige Preise den Markt fast ganz für sich erobert und deckt jedenfalls den gröfsten Teil des Bedarfes. Die italienische Konkurrenz in Baumwollwaren (gefärbten und gewebten Hosen- und Kleiderstoffen etc.) erhält sich. Doch läfst sich bei dem schlechten Geschäftsgang nicht beurteilen, ob sie zunimmt. Bedeutend ist die italienische Einfuhr von Tricotwäsche (wollener und baumwollener), welche den frü heren Import aus England und Deutschland so ziemlich verdrängte. Nebst den billigen Ar-