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Unser Bismarck tot! (Nachdruck verboten.) ,,Unser Bismarck tot!“ so rauscht es in nächtlicher Stunde durch die Wipfel der knorrigen, stolzen Eichen im Sachsen walde. — „Bismarck tot!“ so blitzt der elektrische Funke die Trauerbotschaft über den ganzen Erdball. Ein Schauern, ein Beben durchzittert die Welt und es ist, als ob für einen Augenblick das ganze Weltgetriebe stille stände in scheuer Bewunderung und in stummer Ehrfurcht vor dem grofsen Toten. — Die alte mächtige Königseiche im Sachsenwaldc ist gefällt worden, — Fürst Bismarck liegt auf der Totenbahre, über welche in tiefster Trauer die hehre Germania sich hinneigt, deren heutige Macht und Blüte das Werk des dahingeschiedenen Titanen ist. — All-Deutschland, alles was deutsch fühlt, deutsch denkt, kniet nieder an der Leiche Bismarcks, Deutschlands gröfstem Sohne, dessen Leben, Werken und Thaten sich soeben die Pforten derUnsterblichkeitgeöffnethaben. In Schmerz und Trauer beklagen die sämtlichen deutschen Stämme ihren unermefslichen, unersetz lichen Verlust, — und alles, was das deutsche Herz nur fühlen und fassen kann an Liebe, Verehrung und Dankbarkeit, das legt es heute nieder an der Bahre seines Natio nalhelden, des Erbauers unseres gemeinsamen deutschen Vater hauses, des Schöpfers unseres geeinigten deutschen Vaterlandes. Es giebt keine Worte in der deut schen Sprache, die würdig genug sein könnten, um die Verdienste und die Grofsthaten eines Bismarck in gebührender Weise zu feiern. Ein rechter Mann, zur rechten Zeit, deutsch bis ins innerste Mark und beseelt von einer glühenden Vater- landsliebe und einer unvergleich lichen Königstreue, ist er, ein zweiter Armin, wie das Donner wetter Gottes hineingefahren in die Reihen der Feinde Deutsch lands und hat dröhnenden Schrit tes, in Blut und Eisen, alles nieder getreten und vernichtet, was sich seinem Ziele, die Erschaffung eines einigen deutschen Vater landes, die Errichtung des deut schen Kaiserreiches, feindselig und hemmend entgegenstellte. Vor seinem hohen Geiste beugten sich die Könige der Erde und die Völker der Welt erzitterten vor seiner eisernen Willenskraft, mit welcher er seinem Ziele zustrebte. Das Ziel wurde erreicht und Bismarcks schönster Tag war es, als er mitten im Feindeslande, auf dem rauchenden Schlachtfeldc, seinem Könige, unserem erhabenen Kaiser Wilhelm dem Grofsen, die in neuem Glanze erstrahlende deutsche Kaiserkrone überreichen konnte. Bis marck wurde zum Erretter des deutschen Volkes, indem er es aufrüttelte aus tiefster Ohnmacht und Schwäche und es befreite (Der Einsiedler v Bismarck im von schmachvoller Fremdherrschaft. — Bismarck war es, der die deutsche Volkskraft sammelte und dem deutschen Volke den Weg zeigte, sich selbst wiederzufinden. Bismarck war es, der mitDonner- schlägen an dieThore des Kyffhäuser pochte, und das Sehnen der deutschen Völker zu stillen und seine tausendjährigen Träume zu erfüllen verstand. In nie geahnter Macht und nie gekannter Herrlichkeit steht heute Germania da und seine Völker und Fürsten scharen sich in brüderlicher Eintracht um die Krone des deutschen Kaiserreiches. Alles, alles, was Deutschland heute besitzt an Macht und Ansehen nach Aufsen, an Wohlfahrt undblühendem Leben,an Kraft und Gedeihen im Innern, und vor allem die geradezu phänomenale Ent wickelung des deutschen Handels und der deutschen Industrie, deren Hebung und achtunggebietende Stellung auf dem Weltmärkte stets eine der vornehmsten Sorgen Bismarcks war, alles verdankt das deutsche Volk der rastlosen Thätigkeit, dem genialen Geiste, dem Scharfblick und der eisernen Energie seines Altreichskanzlers, des Fürsten Bismarck. — Nun ist er dahingegangen, der Letzte der grofsen Männer aus Deutschlands gröfster Zeit, der treue Ekkehard des deutschen Volkes, der bis an sein Lebensende mit scharfem Geist und klarem Blick über die Geschicke Deutschlands wachte. — Ja, das deutsche Volk hat Ur sache zu klagen und zu trauern und wenn etwas im Stande ist, unseren Schmerz zu mildern, so ist es die herzliche Teilnahme der ganzen Welt, aller Kulturvölker der Erde, welche dem gigantischen Geiste des gewaltigen Mannes Be wunderung und Ehrfurcht zollen. Wir aber wollen stolz darauf sein, dafs wir ihn unseren Bismarck nennen durften, und an seinem offenen Grabe wollen wir heute geloben, stets fest und treu zu stehen zu Kaiser und Reich, den Geist unseres Bismarck in uns fortleben zu lassen und das zu erhalten und zu festigen suchen, was er dem deutschen Volke Grofses und Herrliches hinter lassen hat. Dann wird auch Gott dem deutschen Vaterlande und seinen Fürsten die Kraft ver leihen, den uns betroffenen schwersten Schicksalsschlag ohne Schaden zu ertragen, und wenn je wieder Germania gezwungen wird, ihren Schild höher zu nehmen und ihre Hand fester um das Schwert zu legen, dann wollen wir mutig und unver zagt nach unserem Heiligtum im Sachsenwald blicken, aus dem uns dann immer wieder sein gewaltiger Ruf entgegen tönen wird: Wir Deutschen fürchten Gott, sonst Nichts auf der Welt! on Friedrichsruh.) Sachsenwald,