Volltext Seite (XML)
VI. Jahrg und alle Mittel müssen recht sein und zur Anwendung gebracht wer den, welche geeignet sein könnten, Wandel zu schaffen. Eine wei tere, noch ernstere und gröfsere Gefahr für Deutschlands Ausfuhr handel liegt in der amerikanischen Monroe-Doktrin, welche durch den spanisch-amerikanischen Krieg eine ihr besser zusagende Nahrung ge funden hat, als alle bisherigen Mafsregeln der amerikanischen Handels und Zollpolitik. Die Monroe - Doktrin der Nordamerikaner — die Lehre Monroes über den Wahlspruch: „ Amerika den Amerikanern “ — ist kein Gespenst, wie so manche Volkswirtschaftler und deren Presse in wissentlicher oder unwissentlicher Verkennung der Thatsachen dem deutschen Volke glauben machen möchten. Diese allem auswärtigen Handel Verderben drohende Doktrin ist eine Thatsache, welche feste Gestalt angenommen hat und dröhnenden Schrittes mit brutaler Rück sichtslosigkeit in den Weltmarkt hineinschreitet, um alles niederzutreten, was nicht amerikanischen Ursprungs ist, — oder amerikanischen Über mut in frommer Duldsamkeit über sich ergehen läfst. —- Das jüngste Kind dieser Monroe - Doktrin ist der spanisch-amerikanische Krieg, angezettelt durch die brutalste Interessenpolitik, welche je in einem modernen Staatswesen herrschen konnte. Die europäischen Industrie staaten werden sich bald genug davon überzeugen müssen, dafs dieser Krieg eine neue Ara in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika bedeutet und dafs es in Zukunft wohl kaum möglich sein wird, amerikanische Übergriffe in der Handelspolitik und im Weltmärkte nur mit Gegenmafsregeln auf zollpolitischem Gebiete zu dämpfen. „Die Vereinigten Staaten haben erkannt“ — so tönt es aus der nordamerikanischen Presse zu uns herüber —, „ dafs ein Gemeinwesen mit unermefslichen materiellen Interessen in Gefahr schwebt, alle diese Interessen aufs Spiel zu setzen, wenn es unterläfst, die für die Auf rechthaltung seiner Machtstellung unerlässliche Anstalten zu treffen. Das Militär- und Flottenbudget wird fortan eine prominente Stellung einnehmen. Der Konflikt mit Spanien hat gezeigt, dafs die Voll entwickelung des Heeres und der Flotte ein Gebot der Zukunft ist, dafs unsere Küsten gegen den Angriff einer Macht ersten Ranges :> geschützt werden müssen, koste es, was es wolle, und dafs der Handel der Vereinigten Staaten gewahrt werden mufs durch Bildung einer Flotte, welche derjenigen der grofsen Weltmächte möglichst ebenbürtig ist. Diese Lehre hat das Land aus der jetzigen Situation gezogen, und es ist in der glücklichen Lage, durch die Unerschöpflichkeit seiner Resourcen das neue Programm ungeschmälert durchführen zu können. Die mächtige Nation des Westens wird der Welt beweisen, dafs sie dazu berufen ist, eine tonangebende Mission in der Ent wickelung der öffentlichen Angelegenheit des Menschengeschlechts zu übernehmen.“ — Strotzen schon solche Auslassungen der deutsch- amerikanischen Presse von Protz und Überhebung, so wirken die Rodomontaden der Yankee-Presse geradezu lächerlich, alles aber zeigt zur Genüge, was Europa von der nordamerikanischen Politik in Zu kunft zu erwarten hat. — Amerika hat aufgehört, eine Macht des Friedens zu sein. Mit dem Kriege gegen Spanien hat Amerika eine Bahn betreten, welche immerfort aufs neue in Widerspruch und Ver wickelungen mit europäischen Staaten treiben mufs. Gestützt auf die nunmehr zu schaffende nordamerikanische.Militär- und Seemacht wird die Monroe-Doktrin ihre Ansprüche kecker als sonst erheben, und bei dem herrschenden Regierungssystem wird es den nordamerikanischen Machthabern später noch weniger als jetzt möglich sein, der scham losen Interessenpolitik der die Geschicke des Landes leitenden Cliquen der Haute flnanze und der Trusts irgendwelchen ernsthaften Wider stand entgegenzusetzen. Mit dem Säbel in der Faust und dem Messer zwischen den Zähnen wird das in Washington residierende Zivilisations- , Komitee des Menschengeschlechts im Namen der Humanität seines Amtes walten, und bald genug wird Europa einsehen müssen, dafs das nordamerikanische Volk für Vernunftgründe irgendwelcher Art nicht mehr zugänglich ist. Die gedeihliche Weiterentwickelung des Welthandels wird durch diese neueste Phase in Frage gestellt und einzig und allein von dem Scharfblick und der rücksichtslosen Energie der europäischen Machthaber wird es abhängen, dem Laufe der Dinge eine solche Wendung zu geben, welche einen friedlichen Ver kehr und Warenaustausch der Völker auf dem Weltmarkt ermöglicht. *<< ■ ■ Jhbonnements auf die Zeitschrift Volldampf' können mit jedem jAonat beginnen. — JMe Buchhandlungen und postansta/ten des Jn- und jfiuslandes nehmen Abonnements ent gegen. — Abonnementspreis ji/lk. 8.— jährlich. Zur Hebung des deutschen Ausfuhr-Handels naeh der lievante. Nachdruck mit Quellen-Angabe gestattet. s ist Pflicht der deutschen Presse, un seren Ausfuhr - Handel immer wieder auf die W andlungen aufmerksam zu machen, welche sich in der Türkei vollziehen. — Die Türkei geht einem neuen wirtschaftlichen Aufschwünge entgegen, daran ist nicht zu zweifeln, und wir können dem deutschen Aus fuhr-Handel nur anraten, bei dem in der Le vante nunmehr beginnenden Wettbewerb der europäischen Industriestaaten alles aufzubieten, um auf jenen Absatzgebieten nicht zurückzu bleiben und die ohnehin noch nicht so bedeu tenden Verbindungen zu heben und nach Mög lichkeit auszudehnen. — Vor allen Dingen halten wir es für dringend geboten, dafs dem deutschen Handel nach der Levante — ebenso wie dem Handel anderer Nationen — ein energischer Stützpunkt gewährt wird durch die Gründung einer deutschen Handels und Gewerbekammer in Konstantinopel. Es ist Sache der berufenen deutschen Han delskreise, bei der deutschen Reichsregierung | die nötigen Schritte zu thun, um die Gewäh rung eines solchen Stützpunktes für den deut schen Ausfuhr-Handel nach der Levante zu er langen. Welchen Wert die Regierungen an derer Staaten auf die Ausdehnung und Hebung ihres Handels nach dem Orient legen, geht aus den uns aus Konstantinopel vorliegenden Nach richten hervor, nach denen die dortige öster reichisch-ungarische Handels- und Gewerbe kammer einer Reorganisation unterworfen wird. — Die österreichisch-ungarische Handels- und Gewerbekammer in Konstantinopel ist die äl- j teste in der türkischen Hauptstadt. Die An regung zu ihrer Schaffung erfolgte anläfslich der Kaiserreise im Jahre 1869, und im Jahre j 1870 wurde dieselbe durch den k. k. General konsul Ritter von Schwegel provisorisch ins Leben gerufen; die Sanktion Seitens des Mi- | nisteriums erfolgte im Jahre 1874, mit einer j Jahres-Subvention von der k. k. Regierung von 231 Fcs. 5000. Aus den durch die Reorganisation der Handelskammer bedingten neuen Statuten können wir Folgendes mitteilen: „Zweck und Aufgabe der österr.-ungar. Handels- und Gewerbekammer in Konstanti nopel ist die Förderung und Pflege des Han dels und Verkehres mit der österr.-ungar. Mo narchie mit allen zugebote stehenden Mitteln, die Wahrung und Vertretung der wirtschaft lichen Interessen der im Bezirke des k. k. Kon sulates in Konstantinopel ansässigen österr.- ungar. Staatsangehörigen und Schutzgenossen. Zum Wirkungskreise der Handels- und Ge- j werbekammer gehört: a) Der direkte Verkehr mit Handels- und Gewerbekammern, gewerbeverwandten Insti- ; tuten und Geschäftsleuten der beiden Staaten der Monarchie in allen den Handel berühren den wichtigen Fragen. Auskünfte über Kredit fähigkeit an Nichtmitglieder der Handelskammer werden jedoch nur durch Vermittelung der Be hörden oder inländischen Handelskammern er teilt werden. b) Die korporative Vertretung der kommer- i ziellen und gewerblichen Interessen der Ko-