450 sind die Engländer weiter im Mischen der Baumwolle und verstehen noch feinere Nummern aus einem geringern Rohmaterial zu spinnen, während bei gleichen Garnnummern die Italiener schon besseres Rohmaterial verwenden müssen. Aus diesem Grunde mögen die Engländer die feineren Nummern trotz Fracht und Steuer billiger liefern können. — In Livorno stehen an der Spitze des Garnhandels einige reiche Handlungshäuser, die außer Garn, Farb- waaren, Colonialwaaren u. s. w. führen. Nicht selten verkaufen diese das italienische Garn zu billigeren Preisen als die großen Spinner, welche, wenn der Absatz ihres Productes contraktlich mit den Händlern gedeckt, die Ueberproduktion in kleineren Parthien zu erhöhten Preisen ver kaufen. In Toscana sind die größeren Baum- wollenwaarenfabrikanten, darunter einige, welche 1000 Webstühle beschäftigen, zugleich Färberei-- besitzer. Außer diesen giebt es noch kleinere und größere Lohnfärbereien. Einer der Fa brikanten färbt täglich 1200 Pfund engl. Von Anilinfarben wird viel consumirt; die Haupt farben dieser Cöuleurfärbereien sind aber noch immer Jndigoblau und Catechubrann. Italien ist das classiche Land für Guatemala-Indigo, und davon ist ein bedeutender Verbrauch. Einige Fabrikanten kaufen davon 20—30 Kisten auf einmal. Zwei große Fabrikanten haben in ihren Färbereien Trockenmaschinen aus Deutsch land. Im Uebrigen ist Alles in diesen Färbe reien Handarbeit; nichts weiter von Färberei maschinen. Des billigen Arbeitslohnes wegen mögen dieselben wohl weniger lohnend sein. Ein.Färber verdient täglich 1 Mk. 20 bis 1 Mk. 50. Die Farblohnpreise sind ebenfalls billigst. Für Mittelcatechu zahlt man z. B. 1 Mk. 45 per 10 Pfd. engl. Ebenso bleichen die Färber für 65 Pfg. per 10 Pfd. engl. Das ausgekochte Garn wird auf einer Flotte von Chlor, Säure und Blau auf Stöcken umge- zogcn, und auf diese Weise ist in einer halben Stunde die Bleiche beendigt. Diese Bleiche läßt natürlich viel zu wünschen übrig. Ein Bleicher im oberen Arnothale liefert dagegen ein sehr schönes Weiß, dem englischen gleich. Seine Packung gleicht ebenfalls vollkommen den eng lischen Strick- und Nähgarnen. Außer einigen Couleuren als Jndigoblau, Catechubraun und Grau, auch einigen Anilinfarben verstehen die Färber weder ein hübsches Kaliblau noch Kali grün zu liefern. Nach Muster können dieselben außer Echtblau und Echtbraun nicht färben. In hiesiger Provinz wird sicher aus 20,000 Handstühlen das gefärbte Garn consumirt. Während um Florenz die Strohhutfabrikation zu Hause ist, wird von Pontedera bis Pisa in Stadt und Land die Weberei ausschließlich von Frauen und Mädchen stark betrieben. Sie arbeiten auf Stück, und eine geübte Arbeiterin verdient täglich vielleicht 60 Pfg. Eben der billigen Arbeitslöhne wegen mag sich diese In dustrie im Großen hier noch conserviren. Das Carbonisiren der Wolle. Es ist in mehreren Blättern neuerdings die Rede vom Carbonisiren der Wolle gewesen, und besonders sind einige neuere Methoden be leuchtet und als vorzüglich hervorgehoben wor den. Dergleichen Berichte werden nicht selten von nicht ganz Unparteiischen in der Absicht geschrieben, diesem oder jenem Verfahren Gel tung zu verschaffen und den Ankauf desselben durch die fabricirenden Firmen zu erleichtern. Dem gegenüber dürfte es unfern Lesern nicht uninteressant sein, das Urtheil eines Fach mannes zu hören, welcher seit Einführung des Carbonisirens in diesem Fache ununterbrochen thätig ist und nicht das geringste Interesse daran hat, das eine oder andere zu bemänteln oder besonders hervorzuheben, sondern der ein zig und allein auf seine Erfahrungen Rücksicht nimmt. Die Verantwortlichkeit für die fol genden Ausführungen überlassen wir selbstver ständlich unserm Gewährsmann gänzlich. Das Carbonisiren mit salzsaurem Gase wurde ini Jahrgange 1872 unserer Zeitung ganz ausführlich ^beschrieben. Diese Carboni sirungsmethode mußte indessen, wenigstens in volkreichen Städten verlassen werden, weil die Nachbarschaft sich über die dabei an die Luft tretenden salzsauren Dämpfe beklagte und die Polizei in Folge dessen den Fabricanten un- übersteigliche Schwierigkeiten in den Weg legte.