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180 Vereins-Angelegenheiten. Am Freitag, den 2. Mai c. fand die 40. Versammlung des „Allgemeinen Färber- und Fachgenossen-Vereins" unter Vorsitz des Hrn. C. L. Schultze in Brachmanns Restaurant, Ohmgasse 2, statt. Nach Vorlesung des Pro tokolls sprach Hr. P. Linke über englische Fär berei, speciell die Verfahren der Etablissements, in welchen er längere Zeit beschäftigt war. Die Färbekufen seien sämmtlich aus je 5 großen Stein platten mit Hülfe eiserner Bolzen zusammenge fügt. Den colossalen Kufen entsprechend, wür den auf je einen Färbestock 5 S Garn ge bracht. Ein solcher Stock koste allein 1 slr. 6 x. 1"50. In jeder Kufe färbe man 500 S Garn auf einmal. Für die Wäsche der Garne existiren zwei Behälter, der eine mit schmutziger, der andere mit ganz reiner Seifenlösung. Nach der zweiten Seife werden die Garne in der Ringmaschine ausgerungen und kommen sofort zum Färben, ohne vorher gespült zu sein. Soda verwende man zum Waschen nicht. Weiß wird gemacht, wie in Berlin; nur ohne Anilinviolett mit roth- stichigem Jndigocarmin. Schwarz wird mit reinem chromsaurem Kali ohne Säure ange sotten und ausgcfärbt mit Blauholz unter Zu gabe von etwas Urin. Sogenanntes Blau schwarz auf 10 A mit 2Ks Blauholz und '/«A Persio nach dem Chromsud ausgefärbt. Tiefes Schwarz, besonders für die dort üblichen schwarzen Ueberzüge zu Eisenbahnwaggons, wird gefärbt mit 1 S Alaun, Oxalsäure und nach Bedürfniß Jndigoextract, Gelbholz und Persio. Ponceau wird gefärbt mit sogenannter Ponceaubeize. Auf 10 A '/§ A Beize, Ä Oxalsäure, 20 Loth Cochenille und Flavin nach Bedürfniß. Bei 60"eingehen und zum Kochen erhitzen. Carmoisin in derselben Flotte nur unter Anwendung von Ammoniak-Cochenille. Ponceaubeize: 10 A Doppelt-Chlorzinn, 2 A Oxalsäure, 15 S Salzsäure, mit Wasser auf 5 Gallonen — 15 Liter verdünnt. Ammoniak- Cochenille wird aus Ammoniak, zur Hälfte mit Wasser verdünnt, und Cochenille durch längeres Stehenlassen auf dem Dampfkessel hergestellt. Orange wird erzeugt wie Ponceau. Gelb: 4 A Quercitron, 1 S Alaun, austreiben und zusetzen 4 Loth Oxalsäure, 1 Ä Ponceaubeize, den Kessel voll lassen und bei 50° ausfärben. Grünliches Gelb, wie man es hier nicht kennt, wird mit Fisetholz und einer Auflösung von Zinn in Salpeter- und Salzsäure hergestellt. Alkaliblau wird gefärbt, wie bei uns, Marine blau mit Schwefelsäure, Jndigocarmin und Spirituslöslichem Violett oder mit 1 S Alaun, '/« § Oxalsäure, Jndigoextract und Fuchsin. Grün: Schwefelsäure, Jndigocarmin und Pikrin säure. Alaun wurde hierzu fast gar nicht ver wendet. Alle Modefarben werden pro 10 A Wolle mit 1 S Alaun, '/« Oxalsäure, Persio, Jndigoextract und Pikrinsäure hergestellt. Pens6- lack kennt man dort nicht. Braun wurde ge färbt wie Modefarben. — Hr. Großheim findet die Färbung direct nach der Seife ohne Nach waschen höchst sonderbar und glaubt nicht, daß man gute Farben damit erzielen könne. Hr. Linke meint, es wäre keine Seife inehr darin, weil die Garne in der Maschine gnt ausge rungen würden. Hr. !)>-. M. Reimann erklärt den Fortfall des Waschens aus der Beschaffen heit des Wassers, welches wahrscheinlich sauer reagire. Beim Spülen würde also die Seife erst recht durch das Wasser zersetzt, es sei daher vielleicht besser, die Seife auf mechanischem Wege herauszuschaffen, selbst wenn eine Spur darin bliebe. Einen ähnlichen Fall kenne er von Verviers. Hr. Wegener pflichtet dem bei und meint, man könne ohne Spülen nie reine Farben erzielen. Für ordinäre Waare möge die Sache gehen, für feine Färbungen indessen keinesfalls. Chamois bekomme Beispielsweise bei der geringsten Spur Seife einen schmutzi gen, schleierartigen Ueberzug. — Auf Ersuchen einiger Mitglieder spricht sich Hr. vr. M. Rei mann über die hiesige Gewerbe-Ausstellung in Bezug auf die Färberei dahin aus, daß aller dings dem rein localen Charakter der Ausstel lung entsprechend, nicht alle Färbereibranchen vertreten seien, — sehr bedauerlich sei Bei spielsweise das gänzliche Fehlen der Kattun druckerei, — was aber die Specialbranchen der Berliner Färberei anbetreffe, so sei die Schat-