Begriff der Mitleidenheit. Die Mitleidenheit und das Verhältnis der Stadt Görlitz zu den mit leidenden oder den Landsassen-Gütern beruht auf dem Recht der Stadt und ihrer Bürger, Landgüter, d. h. Rittergüter anzukaufen und „in der Stadt Mitleidung zu ziehen" oder „zur Stadtmitleidenheit zu schlagen". — „Mit leiden" wird in der älteren Sprache für „gemeinsam leiden" gebraucht, z. B.: „ist es, daß ein Glied leidet, so haben die andern alle ein mit- leiden"; im weiteren Sinne hat es die Bedeutung von „Teilnahme an den Lasten eines Gemeinwesens", („wie die Bürger vermeinten, sich aus dem gemeinen Mitleiden und Bürgerrecht dieser Stadt zu ziehen" (Deutsche Städtechronik 5, 7fl. — Deutsches Wörterbuch von Moritz Heyne). Die Mitleidenheit, auch Mitleidung genannt, ist im Grunde nichts anderes als eine Art der Aufbringung der Steuern, ein Gesamtschuldverhältnis nach lehnrechtlichen Grundsätzen, ein der Vberlausitz eigentümliches Rechtsinstitut, welches im früheren Mittelalter entstanden, durch die Jahrhunderte hin durch mannigfache Aenderungen erfahren und sich seine Bedeutung für die städtische Rechts- und Verwaltungsgeschichte bis in unsere Tage be wahrt hat. — Die Städte dehnten schon bald nach ihrer Gründung ihre Gewalt über die Feldmark und Landwehr des Stadtbezirks, das eigentliche Weichbild aus, indem sie außerhalb der Stadtpfähle wohnende Personen als minderberechtigte Untertanen, Mundleute, in ihren Schutz, oder als sog. Pfahlbürger, landsässige Untertanen in den Stand der städtischen Gemeindebürger aufnahmen. Dadurch traten aber auch die Grundstücke und Landgüter dieser Landbürger und ebenso die unmittelbaren Stadtgüter aus dem Verbände der Rittergüter, der Landmitleidenheit heraus in den der Städte und mußten mit und zu der Stadt Steuern und Dienste leisten („mitleiden"). Wurden solche Güter später wieder an Herren der Ritter schaft verkauft oder der bürgerliche Besitzer zum Ritter geschlagen, so traten sie zur Landmitleidenheit zurück. Auf den Besitzgrundlagen baute sich die ständische Gliederung nach altem Sachsenrecht auf; es folgten darnach die Landsassen auf die Pfleghaften, freie aber zinspflichtige Grund besitzer, welche unter Vogtei, d. h. unter der Schutzherrschaft eines Mäch- I