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126 II. Die französischen Wasserstrassen. Das Fürens-Becken. Da das Fürens-Reservoir von den Förderern der Schifffahrts- Canäle den Ueberschwemmten gerne als Trost, und den Wasserkraft Suchenden als Hoffnung vorgehalten wird, so ist es wohl der Mühe werth, die ganz besonderen Verhältnisse des Fürensthales hier in Erinnerung zu bringen. Der Fürensbach, ein etliche und 20 km langer Zufluss der oberen Loire, entspringt im Urgebirge, 1200 m über dem Meere, 700 m über der Stadt St. Etienne, welche er nach einem Laufe von 12 bis 14 km durchströmt. Seine Wassermenge beträgt gewöhnlich 350 Liter pro Secunde, sinkt aber während der Sommerdürre auf 100 Liter und steigt bei heftigen Gewittern wieder plötzlich auf 93.000 Liter oder 93 cbm pro Secunde. Es" ist das nur der hun dertste Theil des Loire-Hochwassers; man begreift aber doch, dass er bei dem schrecklichen Gefälle in der Stadt Verheerungen anrichten konnte und um so mehr Missmuth erregen musste, als das Fiirens- Hochwasser meist in weniger als einer Stunde verläuft und im Ganzen höchstens 400.000 cbm abführt. Der unablässige Wechsel zwischen Wassersnoth und Wassermangel musste um so mehr zu dem Gedanken führen, den Wasserabfluss zu reguliren, als die rasch aufblühende, einst unbedeutende, jetzt zur Departements-Hauptstadt erhobene und 124.000 Einwohner zählende Kohlen-Metropole nicht mehr das nöthige Trinkwasser besass. Die Natur erleichterte über Erwarten eine all seitig befriedigende Lösung. An der Thallehne bemerkte man eine Mulde, nach unten durch ein Felsenthor geschlossen, an dem durch Aufführung einer 56 m hohen und an der Krone nur 100 m langen Mauer ein Becken geschaffen werden konnte, das einen Fassungsraum von 1,600.000 cbm bietet. Das Project wurde im Jahre 1859 geneh migt. Seine vollständige Durchführung kostete 5 Millionen Fr., zu denen der Staat 610.000 Fr. beisteuerte, und erreichte den dreifachen Zweck: die Wasserberechtigungen der Müller und Fabrikanten zu schonen, die Stadt mit Wasser zu versorgen und sie gegen Hoch wässer zu schützen; all dies auf folgende Weise. Das Sammelbecken wird regelmässig nur 50 m hoch, bis zu 6 m unter die Mauer-Ober kante gefüllt und dadurch ein Vorrath von 1,200.000 cbm geschaffen, der um so mehr zur Speisung der Stadt und der Mühlräder ausreicht, als durch die hohe Lage des Reservoirs über der Thalsohle die Wasser kraft bedeutend erhöht wurde. Der über diesem normalen Wasser- vorrath zur Verfügung bleibende, 5'50 m hohe leere Raum fasst noch 400.000 cbm, genügt also, um ein allfälliges Hochwasser in seiner Gänze aufzunehmen. Die vom Fürens-Wildbache gestellte Aufgabe wurde also meister haft gelöst und die Lösung macht ihren Schöpfern die grösste Ehre,