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noch doppelt soviel Menschen außerhalb der Städte gewohnt wie in denselben. Durch die Industrialisierung war, etwa von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, nach und nach eine Umkehrung dieses Zu standes herbeigeführt worden. Sie hatte auch noch weitere Miß stände zur Folge gehabt, zu denen, neben dem schon erwähnten Ge burtenrückgang und der Landflucht, auch die Zunahme der politischen und sozialen Spannungen gehörte. Der industrielle Aufschwung war im Königreich Sachsen besonders stark gewesen, weil hier — wie auch in Oberschlesien, dem Ruhr- und Saargebiet — das Vorhanden sein von Kohle bei ausgebauten günstigen Verkehrswegen die ent sprechenden Voraussetzungen geschaffen hatte. Zu Beginn des Jahres 1905 waren im Königreich Sachsen 1 150 853 Menschen in 309 213 Industriebetrieben beschäftigt. An erster Stelle standen die Textil werke mit 85 428 Betrieben und 267 441 Beschäftigten. Sie waren vor allem im erzgebirgischen Vorland, im Vogtland und in der Ober lausitz verbreitet. Ihr folgte die Metallindustrie mit 53 683 Arbeit nehmern. Deren Hauptgebiete lagen in der Umgebung von Chem nitz und Zwickau, in diesen beiden Industriestädten sowie im Plauen- schen Grund. In der Industrie der Steine und Erden mit 53 405 Arbeitenden stand die damalige Königliche Porzellanmanufaktur Meißen, die Weltruf genoß, an der Spitze. Es schlossen sich abstei gend Glashütten, Konfektions- und Schuhindustrie, Herstellung von Musikinstrumenten im Erzgebirge und die, vor allem in Dresden (Zigaretten) und um Frankenberg (Zigarren) heimische Tabakindu strie an. Der Silberbergbau trug, obwohl er ständig zurückging, im Jahre 1905, immer noch mit über 6 Millionen jährlich zum Staats haushalt bei. In Handel und Verkehr standen 14 °/o, in der Land wirtschaft 13 °/o der Bevölkerung. Großartig hatte sich das Ver kehrswesen entwickelt. Die Staatseisenbahnen, eine erstklassige Ein nahmequelle des Staates, verfügten über 2532 km Schienenlänge und überspannten das ganze Land in einer Dichte, die nur noch von Belgien erreicht wurde. Ausgezeichnet war auch das Straßennetz mit insgesamt 3620 km, dazu von vorzüglicher Beschaffenheit, was jedem auffiel, der, von Norden oder Süden kommend, die sächsische Grenze überschritt. Daneben gab es noch 325 km Straßenbahnen und 120 km Wasserwege. Die Bebauung des Landes ergab folgendes Bild: 56 °/o Ackerland, 25,8 °/o Forsten, 11,8 °/o Wiesen und 5,2 °/o bebaute Fläche, der Rest