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chen um das Land wie seine vortrefflichen Charaktereigenschaften würdigten. Schon am Freitag zeigte sich, wie allgemein die Teilnahme im ganzen Lande, vor allem aber in der ehemaligen Residenz, war. Man durfte mit Fug und Recht behaupten, daß fast das ganze Sach sen um seinen volkstümlichsten König trauerte. Hie und da zeigten sich bereits Flaggen auf halbmast an Privathäusern. In den Blumen geschäften häuften sich die Bestellungen auf Kränze. Ein echtes Bild allgemeiner Trauer aber bot die Stadt Dresden bereits am frühen Morgen des Montag. „Es war das rechte Wetter zum Abschied nehmen“, schrieb der Anzeiger. „Ein kalter Wind fegte durch die Straßen und mitunter setzte sogar Schneegestöber ein“. Auf dem Turm des ehemaligen Residenzschlosses war die Fahne auf halbmast gesetzt und auch in den angrenzenden Straßen sah man vielfach an Privathäusern die gleichen Zeichen tiefer Trauer. Vor den großen Blumenläden stauten sich die Menschen und bewunderten die dort ausgestellten kostbaren Kränze, die der sächsischen Regierung, der Stadt, des Königs von Italien und anderer Fürstlichkeiten. In den Kunsthandlungen erschienen in den Schaufenstern umflorte Bilder des Königs, und die Postkartengeschäfte verkauften zahlreiche An sichtskarten aus ihren früheren Sammlungen mit Bildern des verewig ten Monarchen und der Königlichen Familie. Als ich mich, in der Uniform meines alten Regiments, mit Tausenden ehemaliger Kame raden der einstigen Königlich Sächsischen Armee zugleich, auf den Weg zum Hauptbahnhof machte, waren die Straßen bereits dicht gefüllt. Es bildeten sich schon die ersten Reihen für das Spalier auf den Straßen durch die der Zug kommen würde. Die Absperrung wurde zuerst sehr milde gehandhabt, mußte aber dann, vor allem an den Brennpunkten, an denen sich gewaltige ungeahnte Menschenmas sen nach und nach zusammenballten, immer mehr verstärkt werden. Insbesondere galt das für den Wiener Platz. Die Polizei hatte Mühe, den Raum vor dem ehemaligen Fürstenpavillon für uns Offiziere der alten Armee, die Militärvereine und anderen Verbände sowie die studentischen Korporationen freizuhalten. Ihnen gegenüber mar schierte nun die militärische Trauerparade auf. Sie bestand aus einem gemischten Bataillon des IR 10 unter Führung des Oberstleutnants Olbricht, der später ebenso wie der Führer des Kondukts, General major Beck, zu den Opfern des 20. Juli 1944 gehören sollte. Das