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LANDEDELMANN VON SIBYLLENORT Des Königs heiße Liebe zur sächsischen Heimat war von Jugend auf so groß, daß sie auch dann nicht nachließ, als Friedrich August nicht mehr ständig im Lande war. Und während aus der Heimat zu Fest- und Geburtstagen im Königshause gute Wünsche nach Sibyllenort gesandt wurden, gingen von dort fast dauernd an alte Mitarbeiter, gute Freunde und getreue Sachsen, die ihres einstigen Landesherrn gedacht hatten, herzliche Grüße. Sibyllenort ist heute vielen Men schen, auch Sachsen, fast unbekannt. Das Schloß ist zerstört, der Park verwüstet, aber gerade deshalb soll es dem Leser dieses Buches noch einmal so gezeigt werden, wie es war, als Friedrich August III. dort vierzehn Jahre als Landedelmann lebte, genau die gleiche Zeit, die er auf Sachsens Thron gesessen hatte. Das Schloß wurde von dem Herzog Ulrich Christian von Württemberg-Oels in den Jahren 1685—91 erbaut und zu Ehren seiner zweiten Gemahlin, einer geborenen Prinzessin von Sachsen-Merseburg, Sibyllenort ge nannt. Später ging es in den Besitz der Herzöge von Braunschweig über und wurde von dem letzten Weifenherzog Wilhelm, bei dessen Tode im Jahre 1884, testamentarisch seinem Jugendfreund, dem König Albert von Sachsen, vermacht. Der Herzog hatte inzwischen in den Jahren 1851—67 das ganze Schloß im Tudorstil umbauen lassen, wodurch es das äußerlich so großartige Aussehen erhielt, das es auf den bekannten Bildern der Dreißigerjahre hat. Den Wettinern diente es dann, schon in der Zeit der Könige Albert und Georg, als Sommer und Jagdaufenthalt und erfuhr zahlreiche Verschönerungen. Seinen höchsten Wert aber erlangte es nach 1918, als der König sich dort seinen ständigen Aufenthalt wählte. Was wäre geworden, wenn er es nicht besessen hätte? Wo wäre eine Zuflucht für den Monarchen außerhalb Sachsens zu finden gewesen? Die Wettiner besaßen in ihrem eigenen Lande seit der freiwilligen Abtretung der Domänen güter, im Jahre 1831, so gut wie keinen Privatbesitz ausgedehnterer Art, außer vielleicht Moritzburg mit seinen Forsten, und an Ritter gütern war wohl nur Helfenberg erwähnenswert. Sonst handelte es sich nur um Palais oder Villen. Sibyllenort dagegen war ein wahrhaft fürstlicher Besitz, zu dem eine ganze Reihe von Gutsherrschaften gehörte. Es war insgesamt 48 000