Auch in den belehrenden Abteilungen gibt es Modebücher, wie Spenglers ,Untergang des Abendlandes' und Keyserlings .Keisetagebucb' . . Wie stark haben sich doch die Proportionen in Hinsicht auf eine klare gesellschaftliche Zielsetzung und in Betracht der literarisch künstlerischen Auswahl des Buchbestandes verschoben! Schon sind unter den aufgeführten Erläuterungen zur Nutzung der Bibliothek Namen, die der Zeit eine neue Ara vorgaukeln oder die dazu benutzt wurden, den Machtantritt der braunen Kolonnen „geistig vorzubereiten", um genügend „Dumme" für ihre künftigen Pläne zu erziehen und zum anderen, um die Menschen von den großen politischen Vorgängen abzulenken, sie der Realität zu entrücken. Aber nicht nur eine geistige Vorbereitung des 30. Januar 1933 und eines 10. Mai 1933 — dem Tag der Bücherverbrennungen —. auch eine materielle Vorbereitung wurde benötigt! So wurde 1930 im Zuge der Brüning’schen Notverordnung die bisher kostenlose Ent leihung der Bücher durch Einführung von Entleihungsgebühren und Gebühren für das Ausstellen der Lesehefte ersetzt. Diese Maßnahme brachte notgedrungen einen Rück gang der aktiven Leserzahl mit sich, denn gab es doch zu dieser Zeit noch genügend Arbeitslose, die von dieser Maßnahme hart betroffen wurden. Als nächstes ging man zur Reduzierung des Personalstandes über bei voller Beibehaltung aller Aufgaben und nicht zuletzt bemächtigte man sich des Lebensnervs der Bücherei, des Buchbestandes. Eine „Ausrichtung im nationalsozialistischen Geist" wurde vorgenommen. Aus dem statistischen Jahrbuch der Stadt Görlitz vom Jahre 1939 ist zu entnehmen: „Bis zum Jahre 1935 zeigt die Zahl des Buchbestandes eine aufsteigende Jendenz, sie wird hier mit 22 000 Bänden angegeben. Das Jahr 1936 dagegen weist nur einen Buch bestand von 11 400 Bänden, also eine Reduzierung um 50 Prozent auf. Kaum erwähnens wert ist, daß natürlich nach diesem JWinimum des Bestandes, das etwa dem Bestand der TPeltkriegsjahre gleichkam, eine verstärkte „Auffrischung im Zeichen des Hakenkreuzes" eintrat und die Zahl im Zeichen der Kriegsvorbereitung wieder in die Höhe schnellte.“ Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Mitarbeiter der Stadtbücherei die Kraft und das Selbstbewußtsein hatten, eine „sogenannte Studienbibliothek" mit Werken von Marx, Engels, Mehring u. a. über die Zeit der „dunklen Nächte" hinüberzuretten. Im Jahre 1937 begann der damalige Direktor der Bibliothek, Dr. Kossow (1934 bis Kriegsende), den berechtigten Kampf für einen zweckmäßigen Umbau des Hauses — Veränderung der Lesesäle und damit Gewinnung eines dritten Stockwerkes für Arbeits räume, großzügige Gestaltung des zu eng gewordenen Ausleihraumes und anderem mehr. Man bekräftigte die Forderung mit der Gründung einer staatlichen Volksbüchereistelle für den Regierungsbezirk Liegnitz. Zweieinhalb Jahre wurden Baupläne entworfen, Kostenvoranschläge eingeholt, unendlich viel Papier verschrieben, um die gegenseitigen Standpunkte klarzumachen. Der Erfolg war, daß alle Bemühungen der Bücherei und ihres Direktors im Sande verliefen. Zwar genehmigte man die Eröffnung der Volks büchereistelle Ende des Jahres 1938, denn es war notwendig geworden, den „Grenzland-