ernsthaft Studierenden, der hier ungestört seine Lektüre durcharbeiten sollte. Links vom Eingang des großen Saales befand sich der erhöhte Aufsichtstisch der Bibliothekarin. Ver gessen wurde nicht eine geräumige Kleiderablage im Vorraum der Lesehalle und ein hand betriebener Aufzug, der die Bücherei vom Erdgeschoß bis zur Lesehalle verbindet. Ein großes Gebäude, aber ein bescheidener Anfang! 2400 Bände, die Hälfte klassische und moderne Erzählungsliteratur, die andere Hälfte belehrende Literatur, darunter be reits zahlreiche Werke von wissenschaftlicher Bedeutung. Der Handbüchereibestand des Lesesaals ist dabei schon eingerechnet, er umfaßte etwa 400 Werke. (Das eigentliche Fassungsvermögen der Regale des Lesesaals mißt 8000 Bände.) Die Ausleihe fand zuerst nur an zwei Nachmittagen wöchentlich statt. Nach der Tätigkeit eines Jahres wurde die Volksbücherei von 1311 Lesern besucht. Die Leitung der Bücherei oblag in dieser Zeit der Bibliothekarin Elisabeth Knischewsky. Die Kontrolle der Tätigkeit, der Verausgabung der von der Stadt gegebenen Gelder, übte weiterhin die „Deputation", der Zusammenschluß von Stadträten, Magistratsbevoll mächtigten, Stadtverordneten und an der ganzen Sache interessierten Bürgern, aus. Lücken lose Berichte geben uns heute noch Kunde von der Regelmäßigkeit der stattgefundenen Konferenzen, die über Buchanschaffungen, Haushaltspläne, betriebliche und personelle Veränderungen dieses Kulturinstituts beriet. Diese Tätigkeit eines allseitig interessierten Organs für die Bücherei läßt sich bis zum Jahre 1932 verfolgen. Es muß jedoch davon Abstand genommen werden, etwa anzunehmen, diese Einrichtung wäre mit unserer heutigen Auffassung eines Leserbeirats identisch. Es ist auch kein Ver gleich zu dem von Walter Hofmann in Dresden-Plauen ins Leben gerufenen Bibliotheks rates. Es handelt sich hier um ein kontrollierendes Organ. Ein ausgedehnter Bibliotheks betrieb und die Verbindung mit anderen Bildungseinrichtungen wurde erst im Verlaufe von Jahren und Jahrzehnten geschaffen. Die Volksbücherei richtete als eine der ersten deutschen Büchereien im Jahre 1913 eine Kinderbücherei im eigenen Hause (gleicher Buchspeicher, gleicher Ausleihraum) ein und gliederte dieser Aufgabenerweiterung 1915 den Jugendlesesaal an. In diesem Zusammen hang wurde im Jahre 1925 der Bücherei eine Jugendschriftenausstellung von annähernd 1000 Bänden übergeben, die ständig ergänzt wurde. In zunehmendem Maße wurde das große Bemühen der Bücherei, vor allem die räumlich günstigen Bedingungen, hier allseitig Bildung und Wissen zu vermitteln, vielerorts aner kannt. Damit ergaben sich wesentlich neue Aufgaben. Das Jahr 1919 brachte der Görlitzer Volksbücherei den Anschluß an den Leihverkehr der deutschen Bibliotheken und damit eine beachtliche Verbesserung, um den vielseitig und speziell interessierten Lesern größere Möglichkeiten des Literaturbezugs zu erschließen. Infolge baulicher Veränderungen der Görlitzer Stadthalle übernahm noch im gleichen Jahr (1919) die Bücherei das wertvolle „Notenarchiv der Schlesischen Musikfeste" und das „Archiv der Städtischen Orchester-Noten".