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14 XX. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 2. 1902/1903. Ausgleicher für verkettete Melirphasensysteme mit Nullleiter. Es sind schon Anordnungen getroffen worden, die gestatten, von ein und derselben Leitung Ströme verschiedener Art zu ent nehmen. Dieselben beruhen im wesentlichen darauf, daß an zwei Punkte gleichen Potentials des einen Stromkreises eine zweite Strom quelle angeschlossen wird. Wenn man in einem Drehstromsystem die Lampen in Sternschaltung anordnet, indem man sie zwischen je einen Hauptleiter und einen vierten neutralen oder Nullleiter schaltet, so sind besondere Vorrichtungen nötig, um bei verschiedener Be lastung der drei Zweige die Spannung zwischen je einem Hauptleiter und dem Nullleiter konstant zu erhalten. Nach einer Anordnung wird der Nullleiter zum Nullpunkte der in Stern geschalteten, Strom 1. O 2. erzeugenden Maschine oder des mit dieser verbundenen Transformators zurückgeführt. Wenn indessen zwischen der Maschine und der Ver brauchsstelle eine größere Entfernung vorhanden ist, so ist es einfacher und billiger, den neutralen Leiter nur in dem Verbrauchsgebiet zu verlegen und besondere Ausgleicher anzuordnen, die bei ungleicher Belastung der drei Zweige einen Teil der Leistung von einem auf die anderen übertragen und dadurch die Spannung konstant erhalten. Die Leistungsübertragung soll hier durch besondere Ausgleicher ver mittelt werden. Siemens & Halske, Akt.-Ges. in Berlin geben einen verbesserten Ausgleicher nach demselben Verfahren an. Es sollen zunächst für einphasigen Wechselstrom die Potentiale der Hauptleiter durch die Punkte A und B (Fig. 1), und die zwischen ihnen herrschende Spannung durch die Strecke A B dargestellt sein. Wenn man nun einem mittleren Leiter ein beliebiges Potential 0 geben will, derart, daß die Spannungen zwischen je einem Haupt leiter und dem Nullleiter AO und BO sind, so hat man nur eine Induktionsspule zwischen die beiden Hauptleiter zu sehalten und den Mittelleiter an einen Punkt dieser Induktionsspule anzu schließen, der die Windungszahl der Induktionsspule im Verhältnis AO zu BO teilt. Man kann diese Induktionsspule auch als einen Transformator auffassen mit zwei in einem Punkt (z. B in 0) zu sammenhängenden Bewickelungen. Man thut gut, die beiden Wickelungen dieses Transformators in derselben Weise anzuordnen, wie in den üblichen Transformatoren. Man wird daher einen ge schlossenen Eisenkern nehmen und die beiden Wicklungen dicht nebeneinander oder übereinander anordnen, um die Streuung möglichst gering zu machen. Die Schaltung ist so zu treffen, daß beide Teile wenn sie durch einen von A nach B fließenden Strom gespeist werden, den Eisenkern in demselben Sinne magnetisieren. Der Apparat besitzt daher in Bezug auf einen Strom der von A nach B fließt, eine starke Selbstinduktion, und es kann daher die Stärke dieses Stromes nur gering sein. Zweigt man dagegen bei 0 einen Strom ab, so kann man z. B. A 0 als primäre Spule eines Trans formators ansehen, der in B 0 einen Sekundärstrom erzeugt. Beide Ströme haben annähernd entgegengesetzte Richtung und fließen ver einigt durch 0 in den Nullleiter. Schaltet man z. B. zwischen 0 und B eine Bogenlampe L (Fig. 2), so fließt der von A kommende Strom über 0 durch die Lampe nach B und erzeugt zugleich in dem Teil 0 B einen Sekundärstrom, der ebenfalls durch die Lampe fließt und den direkt von A kommenden Strom verstärkt. Diese Schaltung wird vielfach, z. B. bei Bogenlampen—Transformatoren, angewendet und als Sparschaltung bezeichnet. Legt man den Punkt 0 in die Mitte zwischen A und B, so kann man den Nullleiter eines Dreileitersystems an diesen anschließen udd hat auf diese Weise einen ausgezeichneten Ausgleicher für Drei leiteranlagen. Diese Schaltung stellt Fig. 3 dar. Will man zugleich transformieren, so kann man die Sekundärwicklung des Transformators benutzen und den Mittelpunkt der Sekundärwicklung direkt mit dem Nullleiter des Dreileitersystems verbinden, wie Fig. 4 zeigt. Induktionsspulen der beschriebenen Art, die dazu dienen ein zwischen zwei gegebenen Weehselpotentialen liegendes Potential un abhängig von den Belastungen konstant zu erhalten, sollen als- „Induktionsbrü.cken“ bezeichnet werden. Der Punkt, in dem- die beiden Teile der Spule Zusammenhängen, heiße der mittlere Punkt, und unter Uebersetzungsverhältnis werde das Verhältnis der Windungszahlen der beiden Teile zu einander verstanden. Eine I n- duktionsbrücke werde kurz durch drei Buchstaben bezeichnet,- z. B. A 0 B, wobei der mittlere Buchstabe, hier 0, den mittleren Punkt bezeichnet. In einem Drehstromsystem werden die Potentiale der drei Hauptleiter durch drei Punkte ABC dargestellt, welche die Ecken eines gleichseitigen Dreieckes bilden. Die Lage dieser drei Punkte wird im Allgemeinen durch die Maschine oder durch die von der Maschine gespeisten Transformatoren festgehalten. Das Potential des Nullleiters 0 eines Drehstromsystems liegt bei dieser Darstellung im Schwerpunkte des gleichseitigen Dreieckes (Fig. 5). Um nun dieses- Nullpotential festzuhalten, kann man sich wieder der Induktions brücken bedienen. Wählt man z. B. (Fig. 6) auf AB einen be liebigen Punkt M und legt durch M und 0 eine Gerade, so schneidet diese die Seite BC im Punkte N. Ordnet man nun zwischen den beiden Hauptleitern A und B eine Induktionsbrücke AMB und zwischen den Hauptleitern B und C eine Induktionsbrücke B N C und endlich zwischen den so gewonnenen Punkten M und N eine Induktionsbücke MON an, so wird durch den Punkt 0 dieser letzten Brücke das gesuchte Nullpotential des Drehstromsystems festgehalten. Man kann nun den Nullleiter des Systems mit O verbinden und zwischen je einen Hauptleiter und den Nullleiter drei Lampengruppen von verschiedener Lampenzahl einschalten. Es möge eine Induk- tionsbrüeke zwischen zwei Hauptleitern, z. B. A und B, eine „In duktionsbrücke erster Ordnung“, und eine Induktions brücke zwischen zwei Punkten M und N auf Induktionsbrücken erster Ordnung, oder eine Brücke zwischen einem Hauptleiter und einem mittleren Punkt einer Induktionsbrücke erster Ordnung eine Induktions brücke zweiter 0 r d n un g genannt werden. Man sieht a s dieser Darstellung, daß man auf diese Weise ein beliebiges, innerhalb oder außerhalb des Dreieckes ABC gelegenes Potential fest halten kann. Man kann eine Induktionsbrüeke erster Ordnung sparen, indem man z. B. den Punkt N mit dem Punkte C zusammenfallen läßt.. Ist 0 der Schwerpunkt des Dreieckes ABC, so wird in diesem Falle AF = BF und OC = 2 OF (Fig. 7). Dieses Diagramm ist in der Schaltung Fig. 8 angewendet. Die eine Induktionsbrücke besteht aus zwei Teilen A F und B F, einer Induktionsspule, die zwischen die beiden Hauptleiter A und B geschaltet ist. Die andere Induktionsbrücke besteht aus den Teilen CO und FO einer Induk tionsspule, die zwischen den Hauptleiter C und den mittleren Punkt F geschaltet ist. Dabei haben die beiden Spulen AF und BF gleich viele Windungen, während CO doppelt so viele Windungen besitzt, wie FO. An 0 wird der Nullleiter des Drehstromsystems angeschlossen. Den Stromlauf in dem so geschlossenen Ausgleicher stellt Fig. 9 dar, wobei angenommen ist, daß nur zwischen A und 0 eine Lampen gruppe eingeschaltet ist. Um den Stromverlauf zu verfolgen, wähle man den Augenblick, wo die Stromstärke in AO ihren höchsten (Wert erreicht hat und von A nach 0 gerichtet ist. Die Stärke dieses Stromes möge willkürlich mit 3 bezeichnet werden. Dieser Strom muß sich bei 0 verteilen, indem ein Teil nach C, ein anderer Teil nach F fließt. Da nun in einem Transformator die Ströme in der Primär- und Sekundärspule nahezu entgegengesetzte Phasen haben und sich außerdem umgekehrt wie die Windungszahlen ver halten, so fließt in 0 C die Stromstärke 1, in 0 F die Stromstärke 2, wobei diese Stromstärken nahezu dieselben Phasen haben wie der Lampenstrom in A 0. Bei C muß daher die Stromstärke 1 durch die dritte Hauptleitung eintreten. Der Strom in 0 F teilt sich in F in zwei nahezu gleiche Teile, da beide Spulen der Induktionsbrücke: