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Das Hospital li Unsrer lieben Frauen Ein Bild steht vor «ns mit der Frauenkirche im Hintergrrmd — ttti- verkennbar. Aber ist das wirklich unser heutiger Postplatz? — Wir kennen bereits das Spitaltor, das neben der Kirchhofmauer nach Süden sübrte. Von diesem Tore gingen einst zwei Lindenalleen ans; die eine gradeans: bente Postplatz und Jakobstraße, die andre balb- rechts: quer über den heutigen Postplatz zur SalomonSgasse, dem bentigen nördlicben Teile der berliner Straße. Diese Lindenallee liegt vor uns mit dem Blick auf „Unser Frauen Hospital", das beute von den Häusern „An der Frarrerrkircke" im Osten und dem großen Gebäude der Firma Eduard Scbnltze im Norden des Postplatzes abgelöst ist. Es war ein Hospital — einst wie das Neißhospital sür Pilger und Gäste, dann — wie ebenfalls später das Neißbospital — für Alte nnd Kranke, ein Ban, in dessen Gcfcbicbte sicb die beiden berübmten Familien Emericb nnd Frenzel anfs engste berübren. Im Jahre 1469 war das eigentliche Heilige Grab vollendet worden — st'cberlicb zur Freude und Genugtuung Georg Emericks, und in demselben Jahre kaufte der wohltätige Mann ein Haus gegenüber „Unsrer lieben Frauen Kapellen", das er nmbante und zu einem Hospital bestimmte. Wir wissen, daß das Jakobshospital zuerst ein Geuchenhaus war, das Neißhospital ein Einkebrhans, und in seiner Art das einzige in Görlitz. Stellen wir uns vor, welcke Not ost Netzende, besonders arme, baben mußten, als Gasthäuser in unscrm Sinne nock fehlten. Und Georg Emerich kannte die Sorgen und Fährnisse der damals ost qualvollen Nelsen! — So bestimmte er denn das Hans „sür Pilger, fremde pneclnpopi und arme Schüler, die gen Görlitz kamen, daß sie eine Mahlzeit an Essen nnd Trinken, auch ein Nacktlager darin haben möchten; anch daß man nnterweilen arme Handwerksburschen speiset und die Nacht über beberbriget". Der Bau kostete 1000 ungarische Gulden. Georg Emerich trat hinter sein Werk zurück nnd übergab die Stiftung dem Rat der Stadt; aber er sorgte weiter: sür Nöhrwasser ans dem Salorrrons- brmmen, das anck denen am Nadcmarkte zugute kam, nnd vermachte nock letztwillig dein Hospital zwei anstoßende und zwei weitere Gärten nebst einer Wiese. Die Reformation änderte nach EmerichsTode die Verhältnisse grund legend: die Wallfahrten hörten auf, die Pilger blieben weg, und das Harrs stand öde und leer. Da machte der Rat ein Hospital in neuerem Sinne daraus, eine Unterkunft für arme, alte nnd elende Personen, nnd die Witwe des reicben Harrs Frenzel, Anna, war cs nun, die im Bunde mit ihren« Sohne Joachim dem Hospital viele große Zu wendungen machte, ja das Dors Fricdersdors schenkte. So konnte sckon im Jabrc I.ZZ2 für füirsrmddreißig arme Leute nnd Waisen darin Platz gesckassen, anck eine Sckemre, ein Krrbstall und alles gebaut werden, was die Wirtschaft erforderte. Dem Brande von itrsti wäbrend der Belagerung von Görlitz folgten überaus reicke Stiftungen vieler narrrbafter und begüterter Görlitzer Bürger, des Barons Sylver von Sylverstern nnd des Bürgermeisters Moller von Mollersteirr u. a>, so daß das Ganze im Jabre i?Z2 zweck entsprechend ausgebessert und sogar 1780 erweitert werden konnte. In, wesentlichen ist mm alles bis zuletzt so geblieben, d. h. bis im Jabre 186.^ der Kaufmann Eduard Schultze fast das ganze Grundstück sür 26 44.4 Taler 4 Sgr. und Z pf. erkaufte, nackdem sckon der ans unserm Bilde vor uns liegende „Viehmarkt" 1852 durch den Bau der Post zmn Postplatz gervorderr war. Der Platz, arrs dem heute das Amts- und Landgericht steht, wurde irr, Jabre 18.^8 dem Justiz- siskrrs von der Stadt Görlitz sür 9000 Taler überlassen. Es war dec letzte Nest vom Besitze des Hospitals „Zn mrsrer lieben Frauen" am Postplatz. Bald ließen ringsum neue Bauten das ehrwürdige Gewesene vergessen.