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Emerich Georg Emericb und Valentin Trotze,rdorf — zwei Männer, die mit lllll) Trotzt'Nl)ors hoben, Verdienste tief in die Geschickte von Görlitz eingegrissen haben, deren Leben sich der Zeit und dem Orte nach berührte, rind die doch eine himmelweite Kluft trennt. Beide standen am Scheideprrnktc grundverschiedener Weltanschauungen und Weltgestaltungen: der eine in der ausklingenden Gotik mit ihrer bürgerlichen und kirchlichen Pracht, mit dem Gebundensein an den Werkdienst der alten Kirche, der andre an der Wiege der Reformation mit der Lehre von der Frei heit eines Ehristemnenschen und der Wiedergeburt klassischer Kunst und Bildung; der eine ein Weltmann, erfüllt vom Drange nach Reichtum und Macht, der andre ein Kind ärmster Leute, der sich zu den Füßen Luthers und Melanchthons den eisernen Willen holte, dem Geiste der neuen Zeit als Lehrer für jung und alt zum Siege zu verbelfen. Georg Emerich (1422 bis 1507), der Sohn Urban Emerichs, eines Mannes, der als Natmann, Heerführer, Handelsherr und Bürger meister der Stadt Görlitz die wertvollsten Dienste geleistet hatte, be ging, als er mit etwa 40 Jahren von der Universität Leipzig zucück- gekebrt war, einen schweren Fehltritt, der ibn mit dem Hasse der Bürgerschaft, dem Banne der Kirche und der Vernichtung seiner ehrgeizigen Zukunftspläne bedrohte. Zielbewußt und unverzagt ver söhnte er Welt, Kirche und Gewissen durch eine Bußfahrt nach Jerusalem zum Heiligen Grabe im Fahre 146.5 und schuf sich nach seiner Rückkehr als ein „neuer Mensch" durch die einzigartige Stiftung des Heiligen Grabes, durch große ^Wohltätigkeit, durch kluge Ausnützung seiner Handelsverbindungen und durch raßlose Tätigkeit in, Dienste der Stadt Ansehen und Reichtum wie wenige. Sckon fünf Fabre nach seiner Rückkehr aus Fernsalem wurde er zum Ratmann gekürt und war mindestens fünfmal regierender Bürgermeister. Der gewaltige Ertrag feines vielseitigen Groß handels, seine Verbindung mit der Görlitzer Münze und sein Brauhof schufen ibm ein Vermögen, nut dem er sich nach und nach mebr als ein Dutzend Rittergüter nm Görlitz und sieben stattliche Häuser in Görlitz erwarb. Hinter seine Stiftungen trat er wiederholt zurück und überließ sie der Pflege anderer. Deshalb sind wir wohl anch über sein Verhältnis zur Gesamtanlage des Heiligen Grabes nicht bis ins einzelne aufgeklärt. Aber er ist und bleibt der Gründer unsres Heiligen Grabes »nd der Träger seiner Bedeutung für Geschichte, Kunst und Heimat für alle Zeit. Sein Bild, das die Züge eines energischen, ziclbewnßten Mannes zeigt, verdanken wir der Liebe seines Enkels Hans Emerick, der freilich mit Aufstellung von Ehrentafeln für seinen berühmten Großvater in der Hciligen-Grab-Kircke deren Bedeutung teilweise verschleierte. Valentin Trotzendorf (,4<>o bis 1556), der Sohn armer Eltern in Troitsckendors bei Görlitz, machte sich Tinte ans Kicnruß und Papier ans Birkenrinde, nm etwas zu lernen. Mit Hilfe der Görlitzer Franziskanermönche wurde er Schüler in Görlitz, unterrichtete später als Lehrer seine Kollegen in Latein nnd Griechisch, saß fünf Fabre zu den Füßen Luthers und Melanchthons in Wittenberg nnd wurde schließlich der weltberühmte Rektor der Schule zu Goldberg, die ec 26 Fahre leitete. — Was hatte er für Schüler? „Seid gegrüßet, ihr Edellente, Bürgermeister, Ratsherren, der Kaiser, Könige, Fürsten Räte, ihr Werklente und Handwerker, Kaufleute, Henker, Schergen und Schelme!" — so redete er ost in der derben Manier der Zeit seine Schüler an. Sie stammten aus den verschiedensten Ländern — oft über tausend gleichzeitig. Goldberg, Liegnitz und Görlitz besaßen von ihm Grabmäler und Bilder, die Dankbarkeit seiner Schüler, nntcr ihnen ein „Rat dceyer Kurfürsten", schuf. Das unsrige aus dem Fahre 1608 schmückt die Kirche seines Geburtsortes. „Er war zum Schulmann ebenso ge boren wie Scipio zum Feldherr,, " sagte Melanchtbon.