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Dreifaltigkeits kirche und Obermarkt Noch ehe 1255 die älteste Stadt Görlitz ihre erste Erweiterung er fuhr, staud vor dem ehemaligen Obertor (Brüderstraße) das Kloster mit seiner Kircbe. Schmucklos im Äußern, wie es die Franziskaner regel vorschreibt, ist sie doch die älteste Kirche in Görlitz, die im wesentlichen ihre Gestalt bewahrt hat, weil sie nie durcb Brand be schädigt wurde. Klein am Anfänge, wurde sie 1381 um der» ganzen heutigen Ehor- anbau verlängert und wohl aucb gleicbzeitig der nicht allen Franzis kanerkirchen eigene schlanke Turm, der Möncb, erbaut. Halten wir von unserm Standpunkte, dem Westausgange der Brüderstraße, Umschau über den Obermarkt, wie er in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts aussah, so erblicken wir zunächst links das Höcrsche Haus in seiner alten Gestalt, und hinter dem Mönch, den 1476 die Mönche an die Stadt abgetreten hatten, die Buden an der Kirche, die 1841 abgebrochen wurden. Links neben den» Neicbenbacher Tore sehen wir ein vorgebautes Haus, das mit dem Reichenbacher Tore fiel. Zwischen ihm und der Stadt mauer, die sich in nördlicher Ricbtung vom Reicbenbacber Tore aus zog, befand sich die enge Brandgasse, mit der das Hans zeitweise durch einen Strebebogen verbunden war. Es ragte, wie man sicht, weit in die Häuserflncht des Obcrmarktcs hinein nnd sollte deshalb ans Ver- kehrsrücksichten beseitigt und mit zurückgeschobener Front neu aufge- bant werden. DieStadt kaufte es 1844 vom Riemermcister Thcnrig, nm es unter den genannten Bedingungen 1851 an den.Müllermeister Schüller aus Ludwigsdorf zu verkaufen, für den Maurermeister Lissel nunmehr das große, heute die Ecke Obermarkt und Demiani- platz bildende Gebäude aufführte. Die Mitte des Platzes nimmt das Salzhaus ein, das nach vielen Gegenvorstellungen der Bürgerschaft im Jahre 1851 abgebrochen wurde, und ganz im Vordergründe der schöne Brunnen, der nach dem Bau des fetzigen Gymnasiums mit eineirr Kostenauswaude von rz 000 Taler au die Ostfront dieses neuen Gebäudes versetzt wurde. Er stand gegenüber den Fleischbänken, deren sclmrale Front nach dem Obermarkt wir an dem in derr Platz hrneirrragenden Beischlag, der kleinen Freitreppe, erkennen, auf der man zrr der zwei Stockwerke hohen steinernen Garküche enrporsteigen konnte, deren Bau im Jahre 1568 begonnen worden war. Im Jahre 1826 aber war bereits der Antrag ans Verkauf und Abbruch wegen Baufälligkeit der Fleisch- bäuke gestellt worden, allein die Verhandlungen zwischen dem Fleischermittel und der Stadt, der an Stelle des nur 7—8 Fuß breite» GäßcbenS, das die Fleischbänke entlang vom Obcrmarkt bis zur Langenstraße führte, eine breite Derbindungsstraße nacb dem Nikolaiviertel im höchsten Grade erwünscht erschien, zogen sich ganze 26Iabre hin, bis endlich 1852 der Kaufvertrag zum Zwecke des Ab bruchs geschlossen wnrde, der» nun die Anlegung der jetzigen Fleischer straße allmählich folgte. Im Vordergründe rechts erblicken wir den Schwibbogen derPlattner- straße mit dein Eiflerscben Hause, jenseits der Garküche und, von ihren, vorspringenden Bau halb verdeckt, das Haus Nr. Z i, die heutige Löwen-Apotheke, und zwei Häuser weiter das bekannte Nostitzscbc Hans mit dem Balkon. Die ältesten Häuser des Obermarktes sind hier freilich in ihrem Aus sehen schon völlig verändert, aber wir werden Gelegenheit haben, nocb einige in ihrer ursprünglichen Eigenart kennen zu lernen. Im ganzen aber sehen wir ein Bild vor uns, das unsre Väter schauten und liebten, ein Bild an der Grenze der alten und der neu sich entwickelnden Stadt.